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Und nie sollst du vergessen sein

Und nie sollst du vergessen sein

Titel: Und nie sollst du vergessen sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Boehm
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mehr als fantastisch an und wird auch sicher ganz nach Richards Geschmack sein, stellte Nägele zufrieden fest.
    Noch eine knappe Stunde hatte er Zeit, ehe sein Gast mit dem Zug von Zürich kommend in der kleinen Stadt Brugg im schweizerischen Kanton Aargau ankam, von wo er ihn abholen sollte.
    Richard Sutherfolk war bereits zwei Mal englischer Rosenzüchter des Jahres und dafür mit dem Clay-Challenger-Preis ausgezeichnet worden.
    Der 56-Jährige Engländer aus Cornwall war immer auf der Suche nach neuen Rosenzüchtungen, die er in seinem kleinen Labor weiter optimierte, um sie dann als Setzling oder als schon völlig entwickelte Pflanze verkaufen zu können. Er liebte Blumen, am meisten aber die Rose, die Königin unter ihnen. Es war seine Passion, seine Rosen in aller Welt blühen zu sehen. Und es war ihm dabei gleich, ob sie die Vasen im jordanischen Königspalast, den englischen Garten in München oder die Ranken am Nöggenschwieler Rathaus verschönerten. Hauptsache, die Rosen erfreuten die Menschen.
    Zuletzt war er vor einigen Jahren im Rosendorf gewesen. Nun besuchte er die internationale Rosenmesse „Rosa Flora“ in Zürich und folgte Nägeles Einladung, einmal wieder in Nöggenschwiel vorbeizuschauen.
    Noch schnell zur Metzgerei, das Auto waschen lassen und dann muss ich schon losfahren, überlegte Reinhold Nägele, während er durch Waldshut eilte.
    Warum sich Richard Sutherfolk wohl so lange nicht mehr hier hatte blicken lassen, grübelte er, während er in den Auslagen vor einer Drogerie nach passenden Servietten Ausschau hielt. Genau in dem Jahr war er zum letzten Mal beim Rosenfest erschienen, als seine Tochter Charlotte mit diesem windigen Typen durchgebrannt war.
    Vor Wut knüllte er eine Tischdecke so fest zusammen, dass seine Finger weiß anliefen. Eine Verkäuferin hinter dem Schaufenster schüttelte verärgert den Kopf, als er mit Tränen in den Augen aufschaute.
    Wenn ich diesen René Lusser erwische. Als er in Lottis Leben auftauchte, hat er alles zerstört. Und mir das Liebste genommen. Denn wer weiß, vielleicht hat ja Richard am Ende wirklich recht, und René hat meine Tochter entführt, nicht aus Liebe, sondern aus Besessenheit, weil er sie schon immer besitzen und ihre Liebe nur für sich alleine haben wollte.
    Wut und Trauer stiegen plötzlich wieder in ihm hoch. Seine Tränen waren ihm peinlich, so zog er sich in einen Hauseingang zurück und lehnte sich gegen die Wand, an der er vergeblich nach Halt suchte. So schlich er weiter durch die belebte Waldshuter Kaiserstraße, mit gesenktem Kopf, aus Scham und Angst, jemand könne ihn erkennen und ihm ein Gespräch aufdrängen.
    Mehr als ein Jahrzehnt lang hatte er nach Charlotte gesucht. Detekteien beauftragt, sie zu finden. Aber immer wieder lautete die Antwort in den unzähligen Schreiben, dass man Charlotte Nägele nicht hätte auffinden können.
    Selbst einer Wahrsagerin hatte er sich anvertraut, obwohl er auf diesen ganzen Hokuspokus nie etwas gegeben hatte. Als ihm diese Morgana beim Erntefest in Tiengen mitteilte, Stimmen aus dem Jenseits hätten ihr eingeflüstert, dass Charlotte ganz in der Nähe sei und einen auffallenden Kopfschmuck tragen würde, war er aus dem Zelt gestürmt und hatte über vier Stunden in jeder Gasse, in jedem Geschäft und an jedem Stand nach so einer beschriebenen Frau gesucht in der Hoffnung, dass er endlich seine Lotti finden würde.
    Aber um eine zerstörte Hoffnung reicher und weitere 150 Euro ärmer war er damals so verzweifelt wie noch nie nach Nöggenschwiel zurückgekehrt.
    Ganze drei Tage hatte er sich in seinem über 200 Quadratmeter großen Haus eingeschlossen und seinem Schmerz all den Raum gegeben, den er sich vorher nie hatte eingestehen wollen.
    Doch so konnte, so durfte es nicht weitergehen. Das wusste er, und er war sich sicher – mehr als je zuvor – dass er etwas ändern musste. Und er wusste auch schon, was. Den ersten Schritt hatte er bereits getan. Und der nächste würde nun folgen. Und nichts, aber auch gar nichts würde ihn daran hindern können.

fünfzehn
    Was für eine Enttäuschung! Voller Elan, endlich mehr über das ominöse Verschwinden ihrer Freundin Charlotte zu erfahren, hatte ihr auch Reinhold Nägele nicht weiterhelfen können.
    Aber nicht, weil er ihr nicht helfen wollte, sondern weil bei Nägeles niemand zu

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