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Und nie sollst du vergessen sein

Und nie sollst du vergessen sein

Titel: Und nie sollst du vergessen sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Boehm
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hatte sich nichts verfangen.
    In Panik ging er auf die Knie. Er suchte alles ab, jeden Quadratzentimeter, jede Ritze, Spalte oder Lücke. Er holte die Wäsche wieder aus der Maschine und schüttelte jedes Teil aus, aber auch dort war der kleine Anhänger, den er seit 15 Jahren als Schmuckstück um seinen Hals trug, nicht zu finden.
    Vor Wut und Verzweiflung schleuderte er die Packung mit dem Waschmittel durch den Waschraum. Wie ein kleines Kind, das seinen Willen nicht durchsetzen konnte, saß er da, minutenlang, und heulte.
    Wo war es nur? Immer wieder stellte er sich ein und dieselbe Frage. Doch welchen Weg er gedanklich auch nachging, er hatte nicht die leiseste Ahnung, wo er sein über alles geliebtes Medaillon mit der eingravierten Rose verloren hatte.
    Es war schon spät. Die „Tagesthemen“ waren längst vorbei, als er nach einer gefühlten Ewigkeit langsam aus dem Keller in seine Wohnung hochging. Seine Augen waren ganz verquollen und er hatte Durst. Das T-Shirt trug er immer noch, die Waschmaschine hatte er noch nicht eingeschaltet. Doch das Schlimmste war, dass er den Anhänger, sein Symbol für Kraft, Macht und Liebe, immer noch nicht gefunden hatte.
    Vielleicht hatte sie es ihm ja entwendet. Sie, die mit ihren verleumderischen Briefen alles zerstören wollte. Dabei konnte sie gar keine Ahnung, gar keine Vermutung haben. Alles basierte nur auf ihren kranken Hirngespinsten und auf dem bisschen, was ihr der alte Bauer anvertraut hatte. Doch der hatte dafür schon büßen müssen, und sie würde die Nächste sein, die dafür mit ihrem Leben bezahlen muss.
    Endlich huschte wieder ein Lächeln über sein Gesicht. Er atmete tief durch, fast so, als genieße er schon jetzt den Erfolg seiner kommenden Tat.
    Er hatte sie sowieso schon länger im Visier gehabt. Sie war ihm immer ein Dorn im Auge gewesen. Ein Stachel, der tief saß, und den es daher endlich zu entfernen galt. Darauf freute er sich.
    In alles muss sie ihre neugierige Nase hineinstecken, dachte er, während er sich ein Bier aus dem Kühlschrank holte.
    Immer will sie alles wissen und stets muss sie nachfragen, wie sich was ereignet hat, wer mit wem und warum und sowieso. Gut, das ich die Müllbeutel in Tiengen vergessen habe, sonst wäre ich erst gar nicht mehr ins Lädele gefahren und hätte nicht mitbekommen, wie sich die Dorftratsche um Kopf und Kragen geredet hat. Mal sehen, wie sie reagieren wird, wenn ich ihr von meinem kleinen Geheimnis erzählen werde. Ob sie dann auch so mitfühlend Anteil nimmt, zustimmend nickt und verlauten lässt, dass sie das sowieso schon immer alles gewusst hat?
    Er grinste.
    Nur zu traurig, dass das dann keiner mehr erfahren wird.

zwanzig
    Der Nebel war nach der heftigen Regenphase zu einer Mauer geworden, die mit ihrer allgegenwärtigen Präsenz jedem, der durch diese Wand hindurch wollte, eine gehörige Portion Respekt abverlangte. Die Nacht hingegen schluckte alles, was ihr entgegentrat. Doch beide zusammen ließen im Zusammenspiel mit jeder Lichtquelle alles unwirklich und fremd erscheinen. Als ob man hinter einer dunklen Scheibe säße und mit ansehen müsste, wie die Welt an einem vorüberzieht – ohne Chance, irgendein Objekt festhalten zu können.
    Besonders Stefan Alt fühlte sich merklich unwohl, als er kurz vor 18 Uhr bereits zum dritten Mal an diesem Tag in Nöggenschwiel aus dem Wagen stieg.
    â€žManchmal hat man das Gefühl, wenn man so in das graue Nichts schaut, dass es nie mehr hell wird, weil die Sonne von diesem Nebel einfach verschluckt wurde“, bemerkte er, ohne auf eine Reaktion Strittmatters zu hoffen. Umso überraschter war er, als sein Kollege dann doch antwortete: „Der Nebel hier oben ist schon immer etwas Besonderes gewesen. Unaufhaltsam, zäh, und man kann ihm einfach nicht entkommen.“
    So wie ich dir, dachte Alt und konnte sich eine abfällige Grimasse nicht verkneifen. Nachdem er bei Nägeles zweimal die Türklingel betätigt hatte, öffnete ihnen Sekunden später ein fast schon gut gelaunter Reinhold Nägele, der die beiden Kommissare über die schmalen Gläser seiner Lesebrille interessiert musterte.
    â€žGuten Abend meine Herren. Treten Sie ein, ich habe Sie bereits erwartet.“ Zur Begrüßung schüttelte er jedem die Hand und bat sie mit einer galanten Geste in sein Haus.
    â€žBitte, nach Ihnen. Einfach geradeaus

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