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Und nie sollst du vergessen sein

Und nie sollst du vergessen sein

Titel: Und nie sollst du vergessen sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Boehm
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gerade macht, ist nahezu unvorstellbar. Selbst in so einem verschlafenen Nest am Ende der Welt muss doch irgendjemand etwas mitbekommen haben“, entgegnete Bannholzer. Angestrengt kratzte er sich mit der linken Hand am Kopf, während Daumen und Zeigefinger der rechten Hand mit einem Bleistift herumspielten. Jeder im Raum konnte spüren, wie die Synapsen in seinem Gehirn auf Hochtouren arbeiteten. „Wen haben wir denn bisher als mögliche Verdächtigte?“
    â€žBisher nur Reinhold Nägele, der sich kurz vor Marders Tod mit ihm heftig gestritten hat, wie er unumwunden zugibt. Das hat auch Maria Reisinger bestätigt, die diesen Streit belauscht haben will. Aber leider können wir sie aus bekannten Gründen nicht erneut vernehmen“, antwortete nun Karl Strittmatter.
    â€žDann sollten wir uns auf jeden Fall um Herrn Nägele kümmern. Das ist doch der, der vor 15 Jahren seine Tochter als vermisst gemeldet hat.“
    â€žJa, und sie ist bis heute nicht wieder aufgetaucht“, erklärte Stefan Alt, der sich nach einem Glas Wasser sehnte, sich aber nicht getraute, in dieser Situation aufzustehen und den Raum zu verlassen, nur um seinem Bedürfnis nachzukommen.
    â€žIch habe das Gefühl, mit Reinhold Nägele stimmt etwas nicht. Also sollten wir uns ihn auf jeden Fall noch einmal genauer vornehmen. Und was gibt es Neues im Fall Reisinger?“
    â€žLeider gar nichts. Sie war ein sehr engagiertes Dorfmitglied. Und sie war so was wie die Friseuse im Ort. Sie wusste über jeden und alles am allerbesten Bescheid. Ihre Nachbarin, Silvia Trötschler, die Frau, die sie gefunden hat, hat uns erzählt, dass Maria Reisinger nie etwas entgangen sei. Sie soll sehr neugierig und vorwitzig gewesen sein und hat sich manchmal in Sachen eingemischt, die sie nichts angingen.“
    â€žHat sie irgendwelche Feinde gehabt?“
    â€žNaja, vielleicht die Leute, über die sie sich das Maul zerrissen hat, aber anscheinend, so sagte mir die Frau aus dem Kindergarten, war wohl jeder schon einmal Gesprächsthema im Dorf. Ein Grund und doch kein Grund, jemanden zu töten. Es sei denn, man hütet ein Geheimnis, dass man unter allen Umständen bewahren will. Und sei es, dass man dafür töten muss.“
    â€žDann finden Sie heraus, was das für ein Geheimnis ist und wer es um alles auf der Welt für sich behalten will.“

vierunddreißig
    Und ich dachte, meine Familie hätte Probleme, sinnierte Emma, als sie die Haustür der Nägeles hinter sich zuzog. Was muss in Gerald nur vorgehen, dass er so viel Hass in sich trägt. Hass, der ihn regelrecht auffrisst.
    Emma hielt inne. Wie sie aus einem Psychologie-Seminar wusste, konnte Hass aber auch motivierend sein. Hass konnte nicht nur den zerstören, der ihn in sich trug, sondern auch zerstörend wirken. Hass konnte vernichten. Töten. War das etwa auch für Gerald ein möglicher Antrieb gewesen? Doch welches Motiv sollte er gehabt haben, um erst den alten Bauern und dann Maria Reisinger umzubringen? Nein, das kann nicht sein, dachte sie. Die beiden kann er nicht getötet haben. Und Charlotte? Wie erstarrt blieb Emma stehen. Natürlich. Vielleicht war er ja für Charlottes Verschwinden verantwortlich. So wie er sie gehasst, ihr den Tod gewünscht hatte, war es fast die logische Folge, dass er sich für die jahrelangen emotionalen Verletzungen gerächt haben konnte. Und doch beschlich Emma ein Zweifel. Sie konnte nicht genau erklären, was diesen Zweifel nährte, aber irgendetwas stimmte nicht. Emma war überzeugt, dass es einen Zusammenhang zwischen Charlottes Verschwinden vor 15 Jahren und den Morden von heute gab. Nur welchen, das konnte sie sich einfach nicht erklären. Noch nicht.
    Seit gut zehn Minuten war aus dem anfänglichen Nieselregen ein heftiger Wolkenbruch geworden. Der Himmel hatte sich wieder in eine riesige Wolkendecke eingehüllt, aus der, wenn auch kaum sichtbar, unablässig der Regen seinen Weg zur Erde suchte. Überall liefen Rinnsale an Scheiben und Dächern hinunter. Auch die Rinnen der Bürgersteige führten binnen weniger Minuten kleine Bäche. Die Gullys konnten das sich ansammelnde Wasser kaum noch aufnehmen.
    Mist, und gerade jetzt habe ich keinen Schirm dabei, dachte sie und beschleunigte ihre Schritte, wollte sie nicht völlig durchnässt in ihre Ferienwohnung zurückkehren. Sie war gerade auf Höhe der kleinen Gasse, die zum

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