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Und Nietzsche lachte

Und Nietzsche lachte

Titel: Und Nietzsche lachte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Quarch
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Espressotasse gefragt habe. Und Sie haben daraufhin ein Dingsda aus Ihrem Küchenschrank geholt, von dem Sie meinen, dass es das ist, was mitzubringen ich Sie mit meinen Worten gebeten habe. Ist das nicht unglaublich? Ich benutze ein Wort, »Espressotasse«, Sie wenden dieses Wort an auf ein Dingsda in Ihrem Küchenschrank, Sie nehmen dieses Dingsda und machen etwas damit. Sie trinken nämlich Ihren Espresso daraus. Das alles funktioniert nur – behaupte ich –, weil Sie verstanden haben, was eine Espressotasse ist; weil Sie die Idee (= den Sinn) der Espressotasse kennen. Und das bewährt sich sowohl daran, dass Sie das Wort »Espressotasse« verstehen, als auch das Dingsda in Ihrem Küchenschrank als Espressotasse identifizieren. Sie wissen, dass beides, Wort und Dingsda, Erscheinungsformen desselben sind – nämlich der Idee (= des Sinns) der Espressotasse. So gesehen kann man tatsächlich sagen, dass die Idee (= der Sinn) der Espressotasse die Bedeutung von Wort und Dingsda ist. Aber es wäre falsch zu sagen, dass die Idee (= der Sinn) der Espressotasse nichts anderes als die Bedeutung von Wort und Dingsda ist. Und zwar deshalb, weil damit nicht erklärt ist, wodurch die Bedeutung der Espressotasse – ihr Sinn, ihre Idee – eigentlich definiert ist. Und da wird die Sache ungleich schwerer – weshalb sich ganze Heerscharen von Philosophen darüber entzweit haben.
    Wie kommen wir hier weiter? Mein Vorschlag: Indem wir uns fragen, woran sich bewährt, dass Sie wirklich die Idee (= den Sinn) der Espressotasse verstanden haben. Dafür ist es nämlich nicht damit getan, dass Sie das Dingsda aus Ihrem Schrank geholt haben – sondern dafür müssen Sie wissen, wie Sie damit umzugehen haben, das heißt: wozu sie gut ist. Denn stellen Sie sich vor, Sie sind bei mir zu Gast, und ich sage Ihnen: »Holen Sie mir doch bitte mal eine Espressotasse«, und dann gehen Sie zu meinem Schrank und finden nichts darin, was den Espressotassen ähnlich sieht, die Sie von daheim kennen. Sie würden vermutlich dasjenige Objekt darin auswählen und mitbringen, von dem Sie am ehesten annehmen können, dass es sich für den Gebrauch als Espressotasse eignet. Und wenn Sie mit einem dickwandigen Eierbecher mit Henkel zu mir zurückkommen, dann würde ich sagen: »Bravo, Prüfung bestanden! Sie kennen die Idee (= Sinn) der Espressotasse, denn Sie wissen, welchen Nutzen ein Dingsda erfüllen muss, um sich den Namen ›Espressotasse‹ zu verdienen.« Was so viel sagen will, wie: Um die Idee (= Sinn) einer Espressotasse zu verstehen, müssen Sie wissen, wozu sie gut ist, Sie müssen ihren Zweck kennen.
    »Halt, Stopp!«, höre ich Sie da wieder rufen. »Haben Sie uns nicht weiszumachen versucht, Herr Philosoph, dass wir falschliegen, wenn wir sagen, der Sinn einer Sache sei nicht mehr und nicht weniger als ihr Zweck oder Nutzen?« – Richtig, das habe ich gesagt. Aber warten Sie noch einen Augenblick. Dann habe ich Ihnen hoffentlich deutlich gemacht, inwiefern die Idee eines Dingsda zwar auch dessen Bedeutung und dessen Nutzen anzeigt, aber eben noch eine weitere Komponente hat, ohne die unser Verständnis von Sinn flach bleibt – nicht falsch, aber flach; so flach wie die Klassiker, die wir uns in der ersten Halbzeit angeschaut haben.
    Also, um die alles entscheidende Pointe der Platonischen Sinn-Theorie – das, was man gerne seine »Ideenlehre« nennt – auf die Reihe zu bekommen, müssen wir noch einen Schritt weitergehen. Und dafür dürfen Sie nun erstmal einen Schluck aus Ihrer Tasse nehmen … Und? Ist der Espresso noch warm? Nicht? Dann war Ihre Espressotasse nicht gut – zu dünnwandig vielleicht. Oder war es womöglich gar keine Espressotasse, sondern eine Cappuccinotasse , die schlicht zu groß ist, um den Espresso warm zu halten? – Merken Sie, worauf ich hinauswill? Wenn Sie die Idee (= Sinn) einer Espressotasse wirklich (!) verstehen wollen, dann reicht es nicht zu wissen, wozu sie gut ist, sondern Sie müssen darüber hinaus herausgefunden haben, wie sie gut ist – um in unserem Beispiel zu bleiben, was eine gut gemachte von einer schlecht gemachten Espressotasse unterscheidet. Erst da bewährt sich Ihre Kenntnis der Idee (= Sinn) einer Espressotasse. Sie müssen wissen, was es rechtfertigt, dieses als Espressotasse identifizierte Dingsda gutzuheißen, zu bejahen. Dieses Wissen erschließt sich Ihnen nur im direkten Umgang mit der Tasse, nur so lernen Sie, worauf es ankommt. Und dieses Wissen lässt sich so beschreiben,

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