...und noch ein Küsschen!
Eispaket ins Schlafzimmer und legte es auf Harrys Stirn.
«Zum Abkühlen.»
Er verdrehte die Augen und zog scharf die Luft durch die Zähne. «Nimm es weg», flüsterte er. «Ich muss sonst husten.» Der kleine Lachmuskel begann von neuem zu zucken.
Der Lichtstrahl eines Scheinwerfers huschte über dasBett, als Ganderbais Wagen in die Auffahrt einbog. Ich lief hinaus, das Eispaket noch immer in beiden Händen.
«Wie sieht’s aus?», fragte Ganderbai. Er blieb nicht stehen, um mich zu begrüßen, sondern eilte an mir vorbei durch die Fliegentür. «Wo ist er? In welchem Zimmer?»
Er stellte seine Tasche auf einen Stuhl in der Diele und folgte mir in Harrys Zimmer. Seine Füße steckten in weichsohligen Pantoffeln, sodass er lautlos und leicht wie eine Katze über den Fußboden glitt. Harry beobachtete ihn, ohne den Kopf zu bewegen. Als Ganderbai das Bett erreicht hatte, blickte er auf Harry hinab, lächelte ihm beruhigend zu und nickte mit dem Kopf, um anzudeuten, dass Harry sich keine Sorgen zu machen brauche, denn er, Dr. Ganderbai, werde diese Kleinigkeit bestens erledigen. Dann wandte er sich ab und ging hinaus. Ich folgte ihm in die Diele.
«Zuerst möchte ich ihm das Serum einspritzen», sagte er und öffnete die Tasche, um seine Vorbereitungen zu treffen. «Intravenös. Aber ich muss dabei sehr vorsichtig sein, damit er nicht etwa zusammenzuckt.»
Nachdem er in der Küche die Injektionsspritze sterilisiert hatte, nahm er ein Fläschchen in die linke Hand, stieß die Nadel durch den Gummiverschluss und zog mit dem Kolben eine hellgelbe Flüssigkeit in die Spritze. Dann gab er sie mir.
«Halten Sie das, bis ich so weit bin.»
Er ergriff die Tasche, und wir gingen ins Schlafzimmer. Harrys Äugen glänzten jetzt und waren weit geöffnet. Ganderbai beugte sich über ihn. Sehr behutsam – wie jemand, der mit Spitzen aus dem sechzehnten Jahrhundert hantiert – streifte er den Pyjamaärmel bis zum Ellbogen hoch, ohne Harrys Arm anzuheben. Ich stellte fest, dasser darauf bedacht war, nicht zu nah an das Bett heranzutreten.
Er flüsterte: «Ich gebe Ihnen jetzt eine Injektion. Serum. Nur ein Stich, aber versuchen Sie, sich nicht zu bewegen. Und nicht die Bauchmuskeln anspannen. Ganz locker lassen.»
Harry starrte auf die Spritze.
Ganderbai holte einen roten Gummischlauch aus der Tasche, schob ihn vorsichtig unter Harrys Arm und knotete ihn über dem Bizeps fest zusammen. Dann betupfte er die Armbeuge mit Alkohol, gab mir den Wattebausch und ließ sich dafür die Spritze reichen. Er hielt sie gegen das Licht und drückte nach einem Blick auf die Messskala etwas Flüssigkeit heraus. Ich stand daneben und schaute ihm zu. Harry schaute ebenfalls zu. Er schwitzte stark. Sein Gesicht glänzte, als wäre es dick mit Fettcreme eingerieben, die auf der Haut zerschmolz und auf das Kissen rann.
Ich sah die blaue Vene in Harrys Armbeuge, angeschwollen jetzt durch die Aderpresse. Dann sah ich die Nadel über der Vene. Ganderbai hielt die Spritze fast flach gegen den Arm, schob die Nadel seitwärts durch die Haut in die blaue Vene, schob sie langsam hinein, aber so fest, dass sie in die Haut glitt wie in ein Stück Käse. Harry, dessen Blick auf die Zimmerdecke gerichtet war, schloss die Augen und öffnete sie wieder, rührte sich jedoch nicht.
Als Ganderbai fertig war, beugte er sich vor und flüsterte dicht an Harrys Ohr: «Es ist jetzt in Ordnung, selbst
wenn
Sie gebissen werden. Aber bewegen Sie sich nicht. Bitte, bewegen Sie sich nicht. Ich bin sofort zurück.»
Er nahm seine Tasche und verließ das Zimmer. Ich folgte ihm.
«Ist er jetzt immun?», fragte ich.
«Nein.»
«Ja, aber …»
Der kleine indische Arzt stand in der Diele und rieb sich die Unterlippe.
«Gibt ihm das Serum nicht wenigstens einen gewissen Schutz?», erkundigte ich mich.
Ganderbai ging zu der Fliegentür, die auf die Veranda führte. Ich dachte, er würde sie aufstoßen, aber er blieb an der Innenseite der Tür stehen und blickte durch das Drahtgeflecht hinaus in die Nacht.
«Ist das Serum nicht gut?», fragte ich.
«Leider nicht», antwortete er, ohne sich umzudrehen. «Vielleicht kann es ihn retten. Vielleicht auch nicht. Ich überlege gerade, was sich sonst noch tun ließe.»
«Sollen wir das Laken schnell zurückziehen und die Bungar herunterfegen, bevor sie zubeißen kann?»
«Auf keinen Fall! Wir dürfen sein Leben nicht aufs Spiel setzen.» Er sprach in scharfem Ton, und seine Stimme klang ein wenig schrill.
«Wir
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