Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Und oben sitzt ein Rabe

Und oben sitzt ein Rabe

Titel: Und oben sitzt ein Rabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
Vom Netzwerk:
Nummer; Baltasar wählte und sprach mit der Verkäuferin, die auf Anweisung des von Andreas mit der einstweiligen Führung der Geschäfte betrauten Anwalts die Boutique bis auf weiteres allein leitete. Er verabredete sich mit ihr für den frühen Abend. Nachdem er aufgelegt hatte, watschelte er wieder zu seinem Sessel zurück.
    »So«, sagte er, »wo waren wir stehengeblieben?«
    Korff berichtete weiter. Bei der Erwähnung der Anwaltskanzlei in der Nordstadt öffnete Baltasar die Augen.
    »Ha, die kenne ich, alle drei. Ich wohne ja da in der Gegend, und manchmal treiben die sich sogar in Kneipen rum. Wen hat's denn erwischt? Den schönen Robert Naumann? Ist das die Möglichkeit!« Er klatschte in die Hände.
    Korff blickte ihn tadelnd an. »Ich finde das reichlich geschmacklos, Herr Matzbach.«
    Baltasar betrachtete ihn freundlich. »Ich glaube, zwischen uns beiden wird noch einmal eine innige Freundschaft entstehen, Herr Jurist. Haben wir jetzt alles?«
    Moritz schüttelte den Kopf. »Nein, es gibt noch etwas. Andreas sagt, er hätte auf der Fahrt nach Bonn getankt. Er kann sich aber nicht mehr erinnern, wo, und eine Quittung hat er natürlich auch nicht. Er weiß nicht mehr, wo er im einzelnen gewesen ist. Es war ein schöner Morgen, und ihm war so fröhlich ums Herz, und da ist er einfach der Nase nach gefahren.«
    Baltasar machte »ts ts ts«, indem er seine Zunge unappetitlich laut vom oberen Gaumen entfernte. »Wenn man wüßte, wie seine Nase aussieht, könnte das schon helfen. Hat Ziegler das nicht überprüft?«
    Korff zuckte die Schultern. »Lieber Herr Matzbach, trotz aller Pleiten in den letzten Jahren gibt es in diesem Land noch immer viel zu viele Tankstellen. Angeblich wurden gestern alle fraglichen Tankstellen an allen in Frage kommenden Straßen zwischen Westerwald und Bonn abgeklappert, aber ohne Ergebnis.«
    Matzbach betrachtete ihn mißmutig. »Ich verbitte mir weitere Intimitäten der Form ›Lieber Herr Matzbach‹ «, sagte er. »Nun habe ich mich ja in einem Anfall geistiger Umnachtung, die sich bei mir wie bei den meisten Leuten in hemmungsloser Aktivität äußert, mit dieser Verkäuferin verabredet, aber eigentlich weiß ich gar nicht, was das alles soll. Glaubt einer von den Anwesenden daran, daß Goldberg unschuldig ist?«
    Korff schwieg; man sah, daß ihm sein eigenes Schweigen peinlich war. Schließlich ging es um seinen Mandanten. Ariane wiegte den Kopf hin und her.
    Moritz ermannte sich. »Ich bin überzeugt davon. Ich kann mir Andreas nicht als Mörder vorstellen. Zweitens – das gerade war erstens –, also zweitens hat er keine Schußwaffe.«
    Baltasar lachte. »Das ist ein tolles Argument. Was glaubst du, wie viele Leute in diesem unserem Lande« – dabei steckte er, in der Manier eines lästigen Politikers, die Zunge zwischen die Zähne und betonte dehnend das ›n‹ – »mit unregistrierten Waffen rumlaufen, und wie leicht es ist, eine zu bekommen, wenn man will?«
    Korff sagte: »Ich wüßte gern, ob Sie etwas zu unternehmen gedenken, Herr Matzbach.«
    Baltasar faltete die Hände wieder hinter dem Kopf, was Ariane mit einem leisen Stöhnen quittierte. »Ich glaube eigentlich nicht, daß ich etwas tun werde«, sagte er halblaut. »Sehr zu meiner eigenen Enttäuschung, übrigens. Ich hatte mich schon richtig gefreut, daß wieder mal etwas los ist, aber das sieht doch alles zu klar aus. Vielleicht wäre es anders, wenn ich mit diesem Goldberg befreundet wäre und aus persönlichen Gründen an seine Unschuld glauben müßte. Aber so, wie es ist, kann ich nur den armen alten Lichtenberg verfremden: Ich habe mit Goldberg nicht jahrelang in einerlei Nachtgeschirr gepisset und kann also nicht sagen, was an ihm ist.«
    Moritz sprang plötzlich auf. »Ich hab noch was für dich, Dicker. Vielleicht ist es sinnlos, wahrscheinlich ist es irrsinnig, aber immerhin. Eine persönliche Information zum Thema Goldberg.«
    Baltasar betrachtete ihn mißtrauisch. »Keine Variation, hoffe ich.«
    »Was? Ach so, du Kalauer. Nein. Etwas, was dich interessiert oder wenigstens interessieren sollte. – Andreas hat ein Haustier.«
    Baltasar stöhnte und blickte auf die Uhr. »Wer Kinder und Tiere haßt, kann nicht ganz schlecht sein. Wer Haustiere hält, tötet auch seine Frau. Ich glaub, ich ruf die Verkäuferin an und sag die Verabredung wieder ab.« Er stand auf.
    Moritz hob die Hand. »Moment noch. Es ist kein gewöhnliches Haustier.«
    Matzbach kniff die Brauen zusammen. »Was denn? Hat er ein

Weitere Kostenlose Bücher