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Und oben sitzt ein Rabe

Und oben sitzt ein Rabe

Titel: Und oben sitzt ein Rabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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geklemmt hatte, knurrte er: »Ein neues Auto brauche ich auch demnächst. Alles geht schief. Buhuh.«
    Ariane tätschelte sein Knie, was zu heftigem Gasgeben führte. Der Wagen machte einen Satz.
    »Armer Kleiner«, sagte sie, »was fehlt denn dem Mobil?«
    Baltasar seufzte. »Nur, daß es in die Jahre kommt und daß dieser dumme Verein seit 1974 keine Autos mehr baut, die ich zu fahren bereit bin. Hier sitzt man wie in Omas Wohnzimmer. Die neuen Dinger sind eine Art Parterre-Helikopter mit Rundum-Armaturen. Ich glaube, ich steige auf Pferd und Karosse um.«
    Schweigend steuerte er durch die Bonner Nacht. Als sie vor Arianes Wohnung in Plittersdorf parkten, stellte sie fest, daß ihr Wagen – und mit ihm ihr Töchterlein – durch Abwesenheit glänzte.
    »He he«, sagte sie, »das sieht so aus, als hätten wir zur Abwechslung die ganze Wohnung für uns.«
    Baltasar stellte den Motor ab und betrachtete sie mißtrauisch von der Seite. »Was heißt das? Willst du einen nächtlichen Hausputz vornehmen, aufräumen oder so was?«
    »Nein«, sagte sie lächelnd, »nichts dergleichen. Aber wir haben ausreichend Platz und Ruhe für eine Versöhnung.«
    Sie stiegen aus. Kurz vor der Haustür seufzte Baltasar. »Na ja«, sagte er, »das Fernsehprogramm wird immer mieser. Was bleibt einem da noch übrig?!«
    Spät nachts tauchte Evelyn wieder auf. Sie musterte Ariane und Baltasar, die in lockeren Gewändern am Tisch saßen und Dame spielten, mit einem leichten Grinsen. Sie selbst sah ein wenig derangiert aus und war überaus fröhlich.
    Baltasar zwinkerte ihr zu. »Na«, sagte er, »du solltest, glaube ich, eine Zitrone pressen und unverdünnt und ohne Zucker trinken.«
    Evelyn schüttelte sich. »Wozu?«
    »Das würde dich zwar nicht wieder in den Stand der Heiligkeit versetzen, aber immerhin dein seliges Grinsen vertreiben.«
    »Soll ich in die Küche gehen und drei Zitronen pressen?«
    »Ungezogenes Balg«, sagte Ariane. »Du solltest weniger reden und dafür lieber Kaffee machen.«
    »Nachts um zwei?«
    Baltasar nickte. »Ich leide, wie jedermann auf den ersten Blick sehen kann, an niedrigem Blutdruck. Ohne Kaffee kann ich nicht schlafen.«
    Evelyn bewegte die Lippen und sagte etwas Unhörbares. Dann schaltete sie die Stimme wieder zu. »Na ja, gut, weil ihr's seid.« Sie verschwand in der Küche.
    Bei Kaffee verfolgte sie die letzten Züge der Partie Dame, die mit einem totalen Sieg Arianes endete. Plötzlich sagte sie mit der Andeutung eines Kicherns in ihrer Stimme: »Ratet mal, wen ich heute abend getroffen habe.«
    Als keiner antwortete, gab sie die Lösung bekannt: »Moritz und Edgar samt Begleitungen.«
    »Ah«, sagte Baltasar, »der windige Reporter und der eminente Gynäkologe. Wo war das?«
    Evelyn erwähnte eine Kneipe in Bonn, in der Nähe der Argelanderstraße. »Und ratet mal, worüber sie sich unterhalten haben.«
    »Die Großwetterlage«, schlug Ariane vor.
    Evelyn schnitt eine Grimasse. »Nee, über euch.«
    Baltasar schlürfte mit etwa 95 Dezibel an seinem Kaffee.
    »So, über uns. Das war bestimmt sehr interessant. Haben die Zuhörer applaudiert?«
    »Nein, geweint. – Im Ernst: Moritz hat etwas von einem neuen Fall erzählt. Er wäre heute früh hier gewesen.«
    »Wer? Der Fall?«
    »Nein, Moritz. Baltasar, du bist schrecklich. Das muß gewesen sein, als ich einkaufen war, stimmt's?«
    »Du hast dich ja lange genug mit dem Einkaufen aufgehalten«, murrte Ariane.
    Baltasar schlürfte abermals. »Und was«, sagte er schlabbernd, »wußte der windige Reporter, diese Plapperschlange, zu berichten?«
    »Er hat gesagt, du würdest in Sachen Mord wieder aktiv.«
    »Das«, sagte Baltasar empört, »hat er gesagt? In Sachen Mord aktiv werden! Pah. Er soll sich vorsehen, daß er nicht Opfer meiner Aktivitäten wird.«
    Evelyn lachte. »Er drückte das anders aus. Er sagt, er will morgen früh, also heute, ins Bonner Münster zur Messe eilen und eine Kerze anstecken. Verbunden mit der Bitte an sämtliche Bewohner des Olymp, ihn diesmal zu verschonen.«
    Baltasar zündete sich eine Zigarre an und spuckte einen Tabakkrümel auf den Boden. »Das kann er haben. Nie wieder, jedenfalls nicht bald, werde ich ihn in die Geheimnisse meiner aufregenden Nachforschungen einweihen.«
    »Römertopf hat so ähnliche Wünsche geäußert.«
    »Die Kanaille.«
    »Er will in den nächsten Tagen das Telefon nicht beantworten, egal, wie oft du es klingeln läßt.«
    Ariane grinste spöttisch. »Armer Baltasar. Moritz hat dir das

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