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Und oben sitzt ein Rabe

Und oben sitzt ein Rabe

Titel: Und oben sitzt ein Rabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Bumerangschnitzer werden. Also: Goldberg ist das friedliche Täubchen auf dem First, und Ziegler verkneift sich die Suche nach dem tückischen Sperber auf der Wolke. Zufrieden?«
    Ariane nickte, ohne eine Miene zu verziehen.
    Baltasar fuhr fort: »Wenn ich das Gerede von Moritz und diesem Korff richtig verstanden habe, sind beide der Meinung, daß Freund Ziegler die Sache im Prinzip für erledigt hält und keine großen Anstrengungen macht, in anderen Richtungen zu suchen. Hm. Was kann man machen, was soll man tun? Wenn dieser Rabe namens Poe nicht wäre, könnten wir in Urlaub fahren.«
    Ariane lachte. »Das Tier scheint es dir angetan zu haben, ja? Aber in Urlaub fahren können wir ohnehin nicht sofort. Eine oder zwei Wochen muß ich schon noch durchziehen, es liegt zu viel Unerledigtes auf meinem Schreibtisch.« Sie spielte mit dem Stiel ihres Weinglases. »Was hast du denn in den nächsten Wochen zu tun?«
    Baltasar hüstelte geziert. »Ich habe zwei Runden Vorsprung mit meinem Kummerkasten. In der nächsten Woche könnte ich noch zwei Folgen von
Frau Griseldis
fertigmachen, um ungestört mit dir spazierenzufahren. Andererseits ...«
    »Andererseits was?«
    »Andererseits habe ich in diesem Jahr des Unheils noch nicht so viel Pengö auf die Seite gebracht, daß ich die Zinseszinsen meines Vermögens in Keuschheit ruhen lassen könnte.«
    »So so. In Keuschheit?«
    »Nein, eigentlich nicht. Irgendwas stimmt heute mit meinem Sprachbeutel nicht. Ich glaube, er ist leck. Die Dinger sollen sich natürlich vermehren, und auch in der Finanzwirtschaft ist Jungfernzeugung unüblich. Obwohl«, sagte er nachdenklich, »die langfristigen Planungen des zuständigen Ministers so aussehen, als ob er ganz fest mit der unbefleckten Vermehrung nicht vorhandener Gelder rechnete.«
    »Nun labert Er wieder. Hat Er sonst nichts zu tun? Wo hat Er denn eigentlich die Schallgrenze oder Zinsgrenze oder was auch immer angesetzt?«
    »Oh, sagen wir das mal so: Jenseits jeder beliebigen sechsstelligen Jahreseinnahme mache ich mir keine Sorgen.«
    Ariane lachte. »Wie, und das hast du noch nicht erreicht?«
    »Nein, es fehlen noch kleinere Sümmchen.«
    Sie beugte sich vor. »Ich meine, es geht mich ja auch gar nichts an, aber ich will ehrlich zugeben, daß ich keine Ahnung habe, wovon du eigentlich lebst.«
    Baltasar nickte. »Das frage ich mich auch.
Frau Griseldis
allein macht den Matzbach nicht fett.«
    »Dafür frißt du dich ganz schön rum, oder?«
    Baltasar klopfte sich auf den Bauch. »Das sind alles erstklassige Rohstoffe, und selbst angefressen. Pah. Ich wollte gerade etwas über die traurige Tatsache sagen, daß man als erstklassiger Kriminalist nicht leben kann.«
    »Ha, ha, ha«, machte Ariane. »Du bescheidenes Kerlchen. Vor einem Jahr hast du durch Zufälle und die Hilfe deiner Freunde etwas herausgekriegt. Du konntest doch selbst nichts dafür. Und schon hält er sich für einen erstklassigen Kriminalisten!«
    Baltasar spielte mit einer seiner Zigarren. »Das«, sagte er finsteren Gesichts, »klärt die Sache. Ich will nicht davon sprechen, daß zwischen uns eine gewisse Spannung zu bestehen scheint, die nicht mit der Kriminalistik, sondern viel mit einem gewissen Gespräch heute früh zu tun haben dürfte. Nein, darüber schweige ich mich aus. Ich rede auch nicht davon, wie du hörst, daß ich alles, was ich anfange, zu einem beachtlichen Ende bringe. Es sei auch fern von mir, etwa zu behaupten, daß ich begabt bin. Nein, von alledem wollen wir taktvoll schweigen. Aber deine Trotzigkeit bewegt mich dazu, etwas anzukündigen.« Er starrte ihr düster in die Augen. »Ich werde«, sagte er halblaut und betont, »nicht nur beweisen, daß dieser Goldfisch unschuldig ist, sondern auch, wer die böse Sache vollzogen hat. Ich habe gesprochen. Howgh.«
    »Ich bin beeindruckt von deiner redseligen Verschwiegenheit. Und wie willst du das alles anstellen?«
    »So, wie jeder erstklassige Kriminalist in diesem Lande es machen muß. Leben kann man nicht davon, es sei denn als Polizist. Und um Dinge zu tun, für die nach den hiesigen Gesetzen die Ermittlungsbehörden zuständig sind, muß man diese Gesetze umgehen. Ich werde genau das tun. Zahlen!«
    Ariane äußerte noch eine Reihe hämischer Einwände und Kommentare; es gelang ihr jedoch nicht, Baltasar in irgendeiner äußerlich erkennbaren Weise zu beeindrucken. Galant öffnete er ihr die Kneipentür, danach die Beifahrertür seiner schwarzen Pallas. Nachdem er sich hinter das Lenkrad

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