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Und oben sitzt ein Rabe

Und oben sitzt ein Rabe

Titel: Und oben sitzt ein Rabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Brötchentüten durch die Rhön streunen. Immerhin befinden wir uns in der zweiten Oktoberhälfte, und das Wetter beginnt, ungnädig zu werden. Und drittens: Schau mal in den Mülleimer.«
    Hoff runzelte die Brauen und stand auf. Er warf einen Blick in den Abfallbehälter. »Nun ja, du wirst wohl recht haben. Jedenfalls ist der Behälter vor kurzem geleert worden, sonst wäre mehr drin als dieses Brötchenpapier und eine Coladose. – Und jetzt?«
    Baltasar hielt ihm die Karte hin. »Jetzt gehen wir zurück zum Wagen und suchen uns ein Plätzchen, an dem man etwas essen und das Ende des Weges betrachten kann.«
    Hoff folgte der dünnen Linie auf der Karte mit dem Finger. »Du meinst, er geht geradeaus?«
    »Wenn nicht, dann hat er zu wenig Gepäck. In zwei Stunden wird dieser Tag abgehakt und zu den Akten gelegt. Wenn Fricke nicht geradeaus geht, kommt er nirgends hin. Dann hätte er wohl in dieser Jahreszeit ein Zelt oder einen Schlafsack dabei. Sein kleiner Rucksack sah mir aber eher nach Brötchen, Zahnbürste und Unterhose zum Wechseln aus. Also los.«
    Sie gingen zurück. Als sie den Wagen erreicht hatten, erkundigte Hoff sich vorsichtig: »Und du bist ganz sicher, daß wir jetzt irgendwo hinfahren, wo man etwas essen kann? Ich meine, nicht, daß ich hungrig wäre, ich habe ja erst gestern abend etwas gegessen; ich frage einfach so.«
    Baltasar startete den Motor, wartete, bis der Wagen sich auf die Beine gepumpt hatte, und fuhr an.
    »Nicht zu vergessen die Brötchen, die ich dir ausgegeben habe. Aber keine Sorge, du kriegst gleich was. – Der Weg, den Fricke gegangen ist, überquert irgendwo weit hinter uns diese Straße und führt dann weiter nach Wüstensachsen. Da gibt es bestimmt was zu essen.«
    Im nämlichen Ort angekommen, suchte Matzbach nach einem Parkplatz von bestimmter Beschaffenheit.
    »
Mon dieu
, warum kurvst du hier so rum? Da an der Straße ist doch genug frei!«
    Baltasar warf Hoff einen niederschmetternden Blick zu. »Ich will dieses Vehikel an einem Punkt abstellen, wo zumindest seine Nummernschilder vor neugierigen Augen geschützt sind. Was meinst du, würdest du denken, wenn du als Bonner in der Rhön plötzlich ein Auto mit Bonner Nummer sähest, noch dazu ein so prachtvolles Fahrzeug?«
    Hoff schwieg. Schließlich fand Matzbach einen Parkplatz, der zu seiner Zufriedenheit gereichte. Sie gingen durch den Ort. Matzbach deutete mit dem Kinn auf einen imaginären Punkt. »Da drüben müßte nach meiner Berechnung ein müder Wanderer auftauchen. Und hier steht ein passend prächtig gebautes Gasthaus.«
    Zu seinem Entsetzen erfuhr Hoff von der nicht besonders entgegenkommenden Kellnerin, daß die Küche geschlossen sei und erst gegen sechs Uhr wieder öffnen werde. Matzbach erkundigte sich nach Schnittchen, die glücklicherweise zu bekommen waren, und bestellte größere Mengen Kaffee dazu.
    »Und jetzt?«
    Hoff kaute, stellte dumme Fragen mit vollem Mund und blickte Matzbach an, als sei dieser die Inkarnation der baby-lonischen Verwirrung.
    Baltasar nahm einen riesigen Schluck Kaffee, rülpste und griff dann nach einer Zigarre. »Jetzt werden wir warten, ob und bis der einsame Wandersmann erscheint.«
    »Und dann?«
    »Feststellen, wohin er sich begibt, und ihm folgen.«
    Hoff rümpfte die Nase. »Wie wir wissen, das heißt, wie mir seine Sekretärin sagte, will er Donnerstag früh, also übermorgen, wieder im Ministerium sein. Also wird er sich wohl früher oder später nach Bonn begeben. Wozu sollen wir hier noch dumm rumsitzen?«
    Matzbach distanzierte sich. »Du magst so sitzen; ich sitze immer geistreich.«
    »Im Ernst – was willst du eigentlich?«
    Matzbach breitete die Arme aus. »Wie ich dir berichtet habe, weiß ich, daß Andreas Goldberg nicht der böse Bube ist. Das wird spätestens morgen auch der liebe Ziegler wissen, der Genosse Hauptkommissar. Dann kommt der Junge raus, und die Herren von der Kripo werden all das nachholen, was ich seit gestern früh gemacht habe, also Informationen über mögliche andere Ursachen und Missetäter sammeln. Dann kommen sie bei den gleichen Namen und Adressen an wie ich, und bis dahin möchte ich einen kleinen Vorsprung haben. Ich habe mir das eben so in den Kopf gesetzt.«
    Melancholisch folgte er einer besonders gelungenen, krötenförmigen Rauchwolke mit den Augen. »Denn der Neid ist überall grün und gewaltig die menschliche Niedertracht. Zitat Ende. Und was wäre das Leben ohne erlebte und hinterher erzählte Anekdoten? Du weißt, wie

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