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Und oben sitzt ein Rabe

Und oben sitzt ein Rabe

Titel: Und oben sitzt ein Rabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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und Ehrabschneidung. Damit hätten wir zumindest einen Anhaltspunkt.«
    »Wieso Anhaltspunkt? Okay, vielleicht hat Albring in dieser von Moritz angedeuteten Sache Naumann konsultiert, aber umgebracht?«
    Matzbach winkte ab. »Das meine ich doch gar nicht. Vielleicht hat der Politiker Naumann umgebracht, eh? Wer war es denn eigentlich?«
    Hoff versuchte, seine eigene Schrift zu entziffern. »Ein Mensch namens Miltz, glaube ich; viel mehr wußte Moritz aber auch nicht. Er sagt, wenn er zu dem Fall noch etwas entdeckt, gibt er es durch. – Weiter. Über unseren tapferen Wandersmann Lorenz Fricke liegt auch nichts vor, abgesehen von einer acht Jahre alten Meldung, daß L. Fricke bei einem Kegelwettbewerb im Innenministerium den zweiten Platz belegt hat. Ist wahrscheinlich nicht sehr hilfreich, oder?«
    Matzbach äußerte sich nicht dazu. Der Kellner brachte die Suppe. Hoff musterte sehnsüchtig seinen Napf, der Tomatensuppe mit Fleisch enthielt, las dann aber weiter vor. »So, also weiter. Eduard Stücker ist ein dichtbeschriebenes Blatt. Moritz hat mir nur einige Punkte durchgegeben, er will in den nächsten Tagen ein komplettes Dossier mit Kopien aller Unterlagen zusammenstellen und dir zuschicken. Also kurz:
    Stücker hat offenbar einen sehr guten Namen als Gutachter und Berater und arbeitet sowohl für Privatleute als auch für große Firmen als auch für öffentliche Auftraggeber. Er unterhält drüben, in Oberdollendorf, ein Büro für Landschaftsarchitektur und Stadtplanung mit zirka zehn Angestellten, darunter angeblich sehr hübsche Sekretärinnen. Er hat in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren etliche größere Projekte im Großraum Bonn konzipiert, beraten und war an der Durchführung beteiligt. Das ist im Moment alles über ihn, aber da kommt noch einiges an Details nach.«
    Matzbach, rücksichtslos wie immer, löffelte bereits und nickte; undeutlich und mit ziemlich feuchter Aussprache äußerte er etwas, das wie »Hönashindaföichfoscht« klang; Hoff interpretierte dies als »Schön, das sind ja erfreuliche Fortschritte« und schielte auf seine dampfende Suppe.
    »So, zum letzten beziehungsweise zur letzten. Baginsky, Christine, ist eine renommierte Kapazität in Sachen Biologie, Biochemie und Ernährung. Sie ist gerade aus Südamerika zurückgekommen. Dazu erschien in mehreren Zeitungen ein Bericht über ihre neuesten Arbeiten. Und zwar hat sie wohl im bolivianischen Hochland mit einer dortigen Kartoffel experimentiert, die zwar nicht ganz so nahrhaft ist wie die
tartufola teutonica
, dafür aber anspruchslos, was Boden und Pflege betrifft, und gegen die meisten hiesigen Schädlinge resistent. Moritz schickt dir auch den dazugehörigen Bericht mit.«
    Erleichtert legte er den Zettel weg und griff zum Löffel. Matzbach legte den Löffel weg und ergriff den Zettel; dabei sagte er halblaut: »Siehste, plötzlich kommen immer mehr Sachen zusammen. Man muß nur seinen privaten Geheimdienst unterhalten. – Ich war nämlich vorhin in dem einen Hotel, dessen Telefonnummer auch auf Naumanns Zetteln stand. Dort habe ich unter sorgfältiger Umwicklung meines Zeigefingers mit einem Fünfziger diesen in die Brusttasche des Portiers gesteckt, um sein Herz abzutasten. Das hat mir interessante Einblicke in das Gästebuch verschafft. Und rat mal, wen ich da gefunden habe?«
    Er blickte Hoff derart aufdringlich und auffordernd auf den Suppenlöffel, daß Henry sich zu einer Antwort genötigt sah. »So, wie du anfängst, wahrscheinlich Vorwaldt.«
    Matzbach nickte triumphierend. »Und rat mal, wo Vorwaldt laut Eintragung wohnt! In La Paz, Bolivien.«
    Er ergriff seinen Löffel wieder, nachdem er den Zettel eingesteckt hatte, und schickte sich zu weiterem Suppeschlürfen an; vorher sagte er noch eilig: »Das klärt das Stichwort ›Saatgut‹ und das Hotel. Hm, prächtig.«
    Nach dem Essen, kurz nach Beginn der Zigarre, informierte Matzbach Hoff: »Ich weiß, wer es war.«
    »Wer was war?«
    »Na, der Mörder.«
    »Oho, wer war's denn?«
    Matzbach grinste. »Ziegler. Er hat das alles organisiert, um mich reinzulegen. Ich weiß nämlich im Moment wirklich nicht weiter.«
    »Was erwartest du denn eigentlich? Daß ich dir drei Dutzend Einzelteile eines Puzzles präsentiere, die sich unter deinem Auge zu einem Bild zusammenlügen?«
    Baltasar schob die Unterlippe vor. »So ungefähr. Na ja, mal abwarten, ob in dem Päckchen, das Moritz schicken will, irgendwas wichtig ist. – Du könntest mir einen Gefallen tun,

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