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Und oben sitzt ein Rabe

Und oben sitzt ein Rabe

Titel: Und oben sitzt ein Rabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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flimmerte. »Das ist doch viel hübscher als eine Uhr, oder?«
    »Einverstanden. Wir stellen fest, zur fraglichen Zeit, nämlich morgendliche
rush hour
mit halbdickem Verkehr, kannst du nicht in zehn Minuten von Ippendorf nach Oberdollendorf kommen. Du wirst etwa eine halbe Stunde brauchen. Sagen wir, fünfundzwanzig Minuten? Nun ist es unwahrscheinlich, daß alle Uhren im Büro gleichzeitig falschgehen oder verstellt sind, richtig? Oder hat von deinen Kolleginnen jemand was gesagt?«
    Sie schüttelte stumm den Kopf.
    »Also bleibt nur eins: Stücker hat, als er den Wecker stellte, gleichzeitig diesen vorgestellt, und zwar um mindestens eine Viertelstunde. Er ist also nicht um sieben, sondern ungefähr Viertel vor sieben aus deiner Wohnung verschwunden. Und er ist nicht nach Hause gefahren, denn nach dem Umziehen fährt er bestimmt nicht die hundert Meter. Jedenfalls unwahrscheinlich. Er hatte also, na, sagen wir mindestens fünfzig Minuten Zeit, um vor allen anderen im Büro zu sein. Und du bist nicht um halb acht, sondern Viertel nach sieben aus dem Haus gegangen, und gegen zwanzig nach losgefahren. Damit bist du noch vor der großen Welle dagewesen. Du hast gesagt, ab Reuterbrücke wurde es dicker. Richtiger Stau, oder nur voller und deshalb ein bißchen langsamer?«
    »Richtiger Stau nicht.«
    »Okay. Das heißt, du bist noch gut durchgerutscht und hast vielleicht fünf Minuten mehr gebraucht als bei freier Fahrt.«
    Sie blickte auf ihre rosigen Fingernägel. »Aber wo hat er sich umgezogen?«
    Baltasar grinste. »War schon jemand im Büro, als er hinkam?«
    »Nee, bestimmt nicht. Ich war die erste, und sowieso eigentlich zu früh. Wir fangen sonst um acht an. Die anderen sind auch alle zwischen acht und Viertel nach gekommen.«
    Baltasar lächelte fröhlich. »Siehste. Damit konnte er also rechnen. Was, wenn er den dunklen Anzug im Wagen hat, Handkoffer oder so? Er fahrt ins Büro, zieht sich in seinem Raum um, bringt die anderen Kleider wieder nach draußen und schmeißt sie in den Kofferraum, samt dem Handkoffer? Und wartet, bis du kommst und ihm sein Alibi lieferst.«
    Ihre Hände umklammerten die Kaffeetasse; sie zitterten leicht. »Du meinst, er ...«
    Baltasar klopfte bei jedem der folgenden Punkte mit seinem feisten Finger auf die Tischdecke, die inzwischen, vor allem an seinem Platz, noch unsauberer war.
    »Erstens, er bricht Viertel vor sieben auf. Zweitens, er fährt, hm, Trierer Straße, Meckenheimer Allee, Baumschulallee, Viktoriabrücke, Ring, Nordstadt – Viertelstunde. Er parkt, geht zum Anwaltshaus, schließt auf, geht die Treppe hinauf, öffnet Naumanns Wohnung, geht hinein, erschießt die beiden. Zehn nach sieben. Vielleicht untersucht er Naumanns Schreibtisch, findet etwas oder findet nichts, schaut auf die Uhr und geht wieder. Viertel nach sieben. Sagen wir, er hat nicht direkt vor der Tür einen Parkplatz gefunden. Das waren drittens, viertens und fünftens. Sechstens, er fährt wieder ab. Jetzt ist es zwanzig nach sieben. Um ganz sicherzugehen, daß er zeitig ankommt, fährt er auf die Autobahn, über die Nordbrücke, dann Richtung Ramersdorf. Was fährt er?«
    »Benz.«
    »Also, er fährt, und zwar kann er schnell fahren, denn die Bahn ist noch ziemlich leer, und sein Wagen hat genug PS. In Ramersdorf fährt er auf die Bundesstraße. Jetzt, achtens, ist es halb acht. Die Staus beginnen, aber in Gegenrichtung. Alle wollen nach Bonn hinein, er hat vermutlich immer noch ziemlich freie Bahn aus Bonn hinaus. Sagen wir fünf Minuten? Okay. Also, neuntens. Ungefähr um fünf nach halb acht erreicht er das Büro, steigt aus, nimmt seinen hypothetischen Handkoffer, zieht sich im Büro um. Zwanzig vor acht. Er geht wieder zu seinem Wagen, wirft die anderen Sachen in den Kofferraum, schließt ab und sitzt um sechzehn vor acht an seinem Schreibtisch. Wie klingt das?«
    Eva nickte; sie war ein wenig bleich.
    Hoff strahlte Baltasar an. »Toll, Alter. So könnte es gewesen sein. Nun sag mir nur noch eines: Warum sollte er das tun? Und woher kann er schießen? Du hast doch gesagt, der Täter muß ein kaltblütiger und routinierter Schütze sein.«
    Eva sagte schwach: »Er hat einen Schießstand im Keller.«
    Matzbach lächelte triumphierend. »Was das Motiv angeht«, sagte er wegwerfend, »das findet sich schon noch.«
    Hoff hob die Hand. »Noch ein Einwand. Wie kommt er an die Schlüssel zu Haustür und Wohnungstür?«
    »Ah«, sagte Matzbach, »richtig, das habe ich dir ja noch nicht erzählt.«
    Er

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