Und oben sitzt ein Rabe
unfreundlich und mit einer kleinen Menge Arroganz, »wie ich sehe, habe ich nicht die Mühe walten lassen, die bei Briefen, Sekretärinnen und ähnlich gefährlichen Dingen angebracht ist.«
Matzbach nickte. »So ist es. Außerdem bei einer Reihe anderer Dinge, zum Beispiel bei nächtlichen Verabredungen mit Kistenträgern.« Stücker grinste spöttisch. »Na, reimen Sie sich alles schön zusammen. Wenn Sie damit fertig sind, können Sie mich überraschen. Bei Philippi, Teuerster, sehen wir uns wieder.«
Er legte zwei Finger an die Schläfe, salutierte und ging.
3. Kapitel
Die Sache«, murmelte Baltasar, »erfahrt eine gewisse Beschleunigung.«
Er winkte den beiden, die unschlüssig dastanden, sich zu setzen, was er bereits getan hatte.
»Ja, aber ...« sagte Hoff. Er wirkte verwirrt.
»Was aberst du?«
Henry setzte sich. »Ich denke, vielleicht sollten wir uns jetzt nicht mehr lange hinsetzen. Offenbar ist da doch was unterwegs.«
Baltasar studierte ausgiebig und mit Interesse die Speisekarte. »Ich gebe zu, es war ein Fehler, daß wir uns ausgerechnet hier verabredet haben. Bei der kurzen Entfernung zum Büro hätte ich natürlich einkalkulieren müssen, daß Stücker selbst auch hierhin kommen könnte. Egal, es ist passiert. – Wenn wir förmlich sein müssen«, wandte er sich an die junge Dame, »heiße ich Herr Matzbach. Da das aber häßlich klingt, wäre ich auch mit Baltasar zufrieden, formlos.«
»Wie dein Charakter«, warf Hoff ein.
»Also gut, Baltasar; ich bin dann Eva«, sagte Eva. Sie wirkte verständlicherweise verstört. »Was ist denn eigentlich los?«
Baltasar gab eine längere Bestellung in Auftrag, der Henry und Eva entnehmen konnten, daß er es nicht eilig hatte. Seufzend bestellten auch sie.
Als der Kellner sich zurückgezogen hatte, stützte Baltasar sich mit den Ellbogen auf den Tisch.
»Also«, sagte er halblaut, damit man am Nebentisch nichts hörte, »es ist einiges los. Ich bin aber noch nicht voll im Bild. Deshalb möchte ich erst ein paar Fragen stellen.«
Er musterte Eva nachdenklich.
»Es ist indiskret«, sagte er dann, »aber vielleicht wichtig. Kannst du dich genau an Einzelheiten erinnern? Ich meine an die bewußte Nacht von Mittwoch auf Donnerstag vor ein paar Wochen.«
Sie nickte. »Was willst du wissen? Ich meine – welche Sorte Einzelheiten ...«
Baltasar winkte ab. »Nicht diese. Ihr seid, denke ich mir, im Bett gewesen. Das kommt häufiger vor und ist nicht erwähnenswert. Wie gingen aber Einschlafen und Aufstehen vor sich?«
Sie überlegte kurz. »Also«, sagte sie dann, »er hat gesagt, er müßte früher aufstehen als sonst, weil er um acht eine Verabredung hätte und sich dafür noch umziehen müßte. Er hatte nämlich nur saloppe Freizeitsachen an, nichts Passendes für wichtige Gespräche.«
Baltasar hob die Hand. »Moment. Seid ihr sonst gemeinsam zum Büro gefahren?«
»Nein. Immer mit zwei Wagen und einem kleinen Abstand. Im Büro wußten es zwar alle, aber das wußte er nicht. Er wollte immer gern Abstand und Diskretion haben und so. Jedenfalls hat er meinen Wecker geschnappt und gestellt und auf seiner Seite des Betts behalten.«
Baltasar verzog zweifelnd den Mund. »Wieso weißt du das noch so gut?«
Sie lächelte. »Weil er mich wegen des Weckers beschimpft hat. Ich habe nämlich so einen altmodischen, leise tickenden Reisewecker, zum Zusammenklappen, weißt du. Mich machen diese brummenden Elektro-Radio-Wecker nervös, und das Ticken beruhigt mich.«
Hoff schüttelte sich. »Ekelhaft. Erwarte nie, daß ich dir einen nächtlichen Gegenbesuch abstatte. Mit so einer lärmenden Zeitbombe im Zimmer.«
Eva warf ihm einen Blick voll mörderlicher Verachtung zu. »Mein Chef sagte so was Ähnliches. Er hat sich den Wecker auf kurz vor sieben gestellt. Ich war noch reichlich müde, als der losratterte. Stücker ist aufgestanden, hat sich rasiert und ist gefahren.«
»Wann war das?«
»Sieben, kurz nach sieben vielleicht. Ich habe mich noch mal umgedreht und ein Viertelstündchen weitergeschlafen. Dafür hab ich mir das Frühstück geschenkt. Viertel vor acht war ich im Büro. Da saß er schon im dunklen Anzug an seinem Schreibtisch.«
Baltasar schüttelte den Kopf. »Das paßt«, sagte er mürrisch, »aber es paßt nicht.«
Hoff mischte sich ein. »Worüber redest du?«
Matzbach kratzte mit dem Fingernagel Rillen ins unsaubere Tischtuch. »Wenn er nicht wie ein Geisteskranker rast, braucht er mindestens zwanzig Minuten von Ippendorf nach
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