Und oben sitzt ein Rabe
Freunde behaupten, ich allein sei schon viermal mehr, als der Kontinent mit Gesundheit ertragen könne.«
Fricke lächelte mühsam und setzte sich hinter seinen Schreibtisch. »Nun, Herr Matzbach, was ist so dringend, daß Sie mich unbedingt sofort sprechen müssen?«
Baltasar lehnte sich zurück. Langsam und ohne genaue Detailangaben setzte er ihm auseinander, daß er privat in der Mordaffäre Naumann ermittle, da ein Freund, der Ehemann der ermordeten Frau, in die Sache verwickelt sei.
Fricke äußerte Verständnis dafür, daß Freunde sich in Kümmernissen um ihre Freunde kümmern müssen. »Allerdings sollte man doch derlei Dinge den zuständigen Behörden überlassen.«
Baltasar nickte. »Sie haben natürlich vollkommen recht, Herr Fricke; ich werde die Sache auch bald auf sich beruhen lassen, da ich Herrn Ziegler, den damit befaßten Beamten, sehr schätze und für einen fähigen Mann halte.«
»Daran tun Sie gut. Herr Ziegler ist wirklich ein reizender Mensch. Er wollte von mir wissen, wie ich beziehungsweise wie mein Name in die hinterlassenen Papiere des bedauernswerten Herrn Naumann gekommen ist.«
Baltasar beugte sich vor. »Verzeihen Sie meine Neugier«, sagte er beinahe demütig, »aber genau das wüßte ich auch gern.«
Fricke legte die Hände auf die Schreibtischplatte. »Och, wenn das alles ist ... Also, ein Bekannter hatte mir Naumann empfohlen. Ich wollte ein neues Testament aufsetzen und hab‹ mich bei Naumann erkundigt, was das wohl kosten würde und was dabei zu beachten wäre. Naumanns Preis war mir aber zu hoch, deshalb habe ich bisher nichts weiter in der Sache unternommen.«
Baltasar nickte verständnisvoll. »Dürfte ich Sie noch fragen, wer dieser Bekannte ist?«
Fricke blickte ihn an. »Ich weiß wirklich nicht, ob das sein muß. Na ja.«
Er nannte einen Namen, den Matzbach noch nie gehört hatte, und setzte hinzu: »Er ist eigentlich kein Bekannter. Er wohnt nur in meiner Nähe, und wir sehen einander gelegentlich auf der Straße. Da er Makler ist, dachte ich, er kennt vielleicht den geeigneten Mann. Ich hätte natürlich auch unsere Hausjuristen konsultieren können, aber ich will das aus dem Ministerium heraushalten ...«
Matzbach dankte und verabschiedete sich bald. Da er noch ein wenig Zeit hatte, bis er mit Hoff verabredet war, suchte er fröhlich pfeifend die Kanzlei Curtius und von Schlamm auf. Beide Herren seien, bedeutete ihm die getünchte Sekretärin, sehr beschäftigt.
Er habe nur eine kleine Bitte, sagte Matzbach höflich. Ob man ihm vielleicht mitteilen könne, ob engere beziehungsweise häufigere Beziehungen zwischen dem Makler und Herrn Naumann bestanden hätten. Die Dame nickte sofort. Man arbeite, sagte sie, seit vielen Jahren mit dem Büro dieses Herrn in Grundstücksangelegenheiten und damit zusammenhängenden Rechts- und Vertragsfragen gut zusammen. Matzbach bedankte sich und ging.
Nachdem er Hoff abgeholt hatte und den Wagen eine Weile schweigend in Richtung des jenseitigen Rheinufers gesteuert hatte, sagte er plötzlich: »Es wird heiß, aber genau weiß ich noch immer nichts.«
Hoff lachte höhnisch. »Das wissen alle seit Jahren. Fein, daß du es in deiner ungeheuren Arroganz endlich selbst bemerkst.«
Baltasar machte eine Handbewegung der Milde und des Vergebens. »Neid, das ist, was aus deinem Halse quillt.«
Hoff hob die Schultern. »Meinetwegen. Was hast du denn noch rausgekriegt?«
Baltasar winkte ab. »Ich werde mich hüten, die zarten Sprößlein meines Denkens den Unbilden deiner Dummheit auszusetzen, ehe nicht die Sonne meines Geistes sie zu vollendetem Wachstum getrieben hat.«
Hoff murmelte etwas, das »widerliches Stinkeschwein« oder so ähnlich lauten konnte.
In feindseligem Schweigen erreichten sie das vereinbarte Restaurant. Es war kurz vor ein Uhr. Sie hatten kaum den Wagen verlassen, als die rothaarige Sekretärin in ihrem italienischen Kleinwagen ebenfalls den Parkplatz vor dem Restaurant am Rhein erreichte. Man begrüßte einander, wobei Hoff die vollendet höfliche Vorstellung übernahm. Seine Wortwahl drückte eine unverständliche Abneigung gegen seinen dickeren Freund aus. Sie gingen Richtung Restaurant. Als sie es betraten, blickte an einem der Tische jemand auf, erhob sich, legte einen Zwanzigmarkschein auf den Tisch und kam ihnen entgegen.
»Der Herr sei auf Ihrem Weg, lieber Freund«, sagte Baltasar munter.
Stücker blickte die Sekretärin an, dann Hoff, schließlich Matzbach. »Aha«, sagte er, nicht einmal
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