Und plötzlich gehörst du ihm...
zu
sehen, wie nah Mike war, doch es war schon zu spät. Bevor ich mich überhaupt
rühren konnte, saß er auf mir. Er schrie alles Mögliche und presste meine
Handgelenke neben meinem Kopf auf das Pflaster. Er ließ mich nur einen kurzen
Moment los, um nach dem Schraubenzieher zu greifen, den er hatte fallen lassen.
Ich hoffte, die Gelegenheit nutzen zu können und auf die Beine zu kommen, doch
ich war nicht schnell genug. Er hatte meine Hände schon wieder gepackt.
Plötzlich sah ich, dass sein
Gesicht bleich wurde. Erstaunt blickte er in mein Gesicht und danach auf meine
Hand. Als ich auch dorthin schaute, bekam ich einen riesigen Schreck. Meine
ganz Hand war blutig! Aber ich spürte doch nichts, wie war das möglich? Woher kam
das ganze Blut?
Mike stieg von mir herunter und
stand auf. Das gab mir die Möglichkeit, mich aufzurichten. Ich betrachtete
meine Hand. Ich wollte das Blut wegwischen, doch es funktionierte nicht. Es
blutete immer weiter.
Da erst begriff ich, dass Mike
mich mit dem Schraubenzieher attackiert hatte. Wie ein ängstliches Vögelchen
schrie ich mit entsetzter Piepsstimme: »Du hast mich verletzt! Du hast mich
verletzt!« Wie oft ich das wiederholte, weiß ich nicht mehr, aber mit jedem Mal
wurde Mike blasser im Gesicht. Er begann zu weinen und schluchzte, das habe er
nicht gewollt. Mein einziger Gedanke war, dass ich es selbst herausgefordert
hatte. Ich wusste verdammt gut, dass es ab dem Moment, als mir befohlen worden
war, bei dem Einbruch mitzumachen, ernst werden würde. Weshalb hatte ich auch
so dickköpfig sein müssen?
Während ich versuchte, das Blut
mit meinem T-Shirt zu stillen, fragte ich, wo Job und Kelly waren.
»Die sind schon lange wieder
nach Hause. Die hatten keinen Bock mehr, als du weggerannt bist. Komm«, sagte
er und fasste mich am Arm, »wir gehen auch nach Hause. Eine schöne Bescherung
ist das.«
Vorsichtig stand ich auf. Ich
schaute auf meine Hand, die ich in das T-Shirt gewickelt hatte. Die Wunde
blutete in einem fort, das T-Shirt konnte das Blut nicht mehr zurückhalten. In
meinen Ohren begann es zu rauschen, als ich aufrecht stand. Bevor ich wusste,
was los war, wurde mir schwarz vor Augen...
Ich versuchte, die Augen zu
öffnen, doch das grelle Licht hinderte mich daran. Ich hatte keine Ahnung,
woher das Licht kam. Im Hintergrund hörte ich Mike schreien: »Sie kommt zu
sich! Jemand muss kommen!«
Endlich wurde mir bewusst, wo
ich mich befand. Ich lag in einem kleinen weißen Zimmer, mein Unterarm war in
allerlei Verbände und sterile Mullbinden eingepackt. Mehr Zeit, um mich mit
meiner Situation anzufreunden, blieb mir nicht. Eine Krankenschwester kam und
bat Mike freundlich, aber bestimmt, uns einen Moment allein zu lassen.
Mike kam zu mir und tat so, als
wolle er mir einen Kuss geben. Stattdessen flüsterte er mir ins Ohr: »Wenn sie
dich fragen, was passiert ist, denk dir etwas aus. Aber mich verrätst du nicht,
verstanden?«
Wie betäubt schaute ich ihm
nach, als er das Zimmer verließ.
Die Schwester setzte sich neben
mein Bett und fragte mit freundlicher Stimme: »Wie fühlst du dich?«
»Es geht so. Wie bin ich
hierhergekommen?«
»Dein Freund hat dich gebracht.
Er hat uns erzählt, du hättest dich beim Kartoffelschälen geschnitten. Er
meint, du wärst durch den Schreck ohnmächtig geworden.«
»Ja, ja, das stimmt«, sagte ich
schnell.
»Ich finde die Geschichte etwas
seltsam. Ein Kartoffelschäler verursacht nicht eine solche Wunde, und davon
fällt man auch nicht gleich in Ohnmacht. Sagen wir mal so«, meinte sie
seufzend, »dein Freund ist ein Bekannter von uns und der Polizei. Wir wissen,
wozu er imstande ist. Ich denke, dass er dir die Verletzungen zugefügt hat.
Dass du ohnmächtig geworden bist, hat mit diesen Verletzungen nichts zu tun.
Der Grund dafür ist, dass du unterernährt bist.«
Die letzte Bemerkung
erschreckte mich, und ich fragte, woher sie das wisse.
»Wir haben ein paar Bluttests
gemacht, nachdem wir deine Wunde behandelt hatten. Du bist sehr dünn und blass.
Deine Augen sind ziemlich eingefallen. Die Blutuntersuchung ergab, dass du an
Eisenmangel leidest. Dagegen geben wir dir ein Medikament mit nach Hause.
Willst du wegen des Vorfalls Anzeige gegen ihn erstatten?«
»Nein!«, sagte ich heftig.
»Niemals!«
»Na gut«, fuhr sie fort, »das
kann ich nicht für dich entscheiden. Wir werden ein Behandlungsprotokoll
schreiben, dazu sind wir verpflichtet. Falls du irgendwann doch noch Anzeige
erstatten willst, kannst du
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