Und plötzlich gehörst du ihm...
Mein Herz begann wild zu
schlagen, als Mike mich plötzlich hochhob. Ich ahnte, was mir bevorstand.
Vorsichtig trug mich Mike über
die Treppe nach oben. Mit durchdringendem Blick sagte er mit seiner heiseren
Stimme: »Lass mich noch einmal spüren, wie sehr du mich liebst. Wer weiß, wie
lange das nicht mehr möglich ist.«
Mike legte mich aufs Bett. Ich
wusste, dass ich jetzt etwas Furchtbares tun musste. Und ich wusste, dass ich
es zu meiner eigenen Sicherheit tun musste. Ich musste mit dem Menschen schlafen,
vor dem ich inzwischen die entsetzlichste Angst hatte.
Mike lag neben mir auf dem Bett
und schlief. Ich starrte an die Decke. Ich wollte weinen, doch es kamen keine
Tränen. In dieser Situation mit Mike zu schlafen war das Schwierigste, was ich
jemals getan hatte. Er war grob und brutal, nicht mehr wie früher, wenn wir
Liebe gemacht hatten. Ich fühlte mich schmutzig, beruhigte mich aber mit dem
Gedanken, dass ich heute die Tür dieses Hauses ein für alle Mal hinter mir
zuziehen konnte.
Viel Zeit zum Denken hatte ich
nicht. Unten wurde wieder die Schiebetür geöffnet.
»Hallo!«, hörte ich Kelly und
Job rufen. Mike wachte sofort auf. Er sprang aus dem Bett und verließ das
Schlafzimmer. Ich stolperte ins Badezimmer, um mich etwas frisch zu machen.
Während ich den Waschlappen über meinen Körper gleiten ließ, dachte ich an die
schönen Dinge, die ich mit Mike erlebt hatte.
Ich dachte an all die
herrlichen Liebesakte, an den Spaß, den wir zusammen erlebt hatten, und an
dieses Gefühl, etwas Besonderes zu sein, das er mir immer vermittelt hatte und
das ich so bitter brauchte. Vor allem aber daran, wie beschützt ich mich
gefühlt hatte, wenn er in meiner Nähe war. Heute war der letzte Tag, an dem er
mich sehen würde. Ab morgen würde ich nur noch eine Erinnerung für ihn sein.
Dieser Gedanke machte mich stark und streitlustig. Ich würde selbst aufpassen,
dass er auch wirklich hinter den schwedischen Gardinen verschwand!
Kurze Zeit darauf saßen wir zu
fünft in Rons Auto. Mike, Kelly und ich saßen hinten, und Job saß neben Ron.
Zum ersten Mal kam mir in den
Sinn, wie komisch es war, dass es meinetwegen zwischen Mike und Ron zum Streit
gekommen war und dass Ron ihn jetzt ins Gefängnis brachte. Eigentlich konnte
mir das aber auch egal sein.
Unterwegs hielten wir an einer Raststätte,
um etwas zu trinken. Dort gab es ein Restaurant mit Selbstbedienungsbüfett.
Während Ron, Kelly und ich uns an der Theke etwas aussuchten, marschierten Job
und Mike laut pöbelnd durch das Restaurant. Die Leute, die dort an den Tischen
saßen und aßen, blickten erstaunt auf. »Glotz nicht so blöd!«, sagte Job laut,
wenn er sah, dass ihn jemand anschaute. Mike war inzwischen damit beschäftigt,
Garderobenständer umzustülpen. Ich schämte mich furchtbar für die beiden. Ich
sah, wie die Gäste mit kleinen Kindern ängstlich das Lokal verließen. Kelly
fand das Ganze offenbar toll und lachte aus vollem Hals. Ron hingegen schien
das alles nicht zu interessieren. Seelenruhig suchte er weiter Getränke aus.
Job stellte sich neben Ron und
schaute in die Vitrine. Er schnappte sich einen Hering, nahm einen Bissen und
legte den Rest wieder zurück. »Bah, schmeckt das fies! Und den Scheiß verkaufen
sie auch noch!«, sagte er zu Ron.
Ron schaute noch immer nicht
hoch und reagierte nicht. Job machte eine Weile so weiter. Kurz probieren,
zurücklegen und sich dann darüber beschweren.
Ron hatte im Auto gesagt, dass
er uns einladen würde. Ich wollte seine Großzügigkeit nicht ausnutzen und nahm
nur ein belegtes Brötchen und ein Päckchen Milch. Nachdem Ron alles bezahlt
hatte, setzten wir uns an einen Tisch. Lediglich ein älteres Ehepaar war
geblieben. Job entdeckte sie. Er ging zurück zum Büfett und holte zwei Tassen
Kaffee. »Hier«, sagte er, »weil ihr so mutig seid.« Mit diesen Worten reichte
er den beiden die Tassen und schenkte ihnen ein freundliches Lächeln.
Ron bezahlte auch den Schaden,
den Job und Mike angerichtet hatten. Danach fuhr er uns schweigend zum
Gefängnis.
In dem kleinen Dorf, in dem das
Gefängnis war, gingen Job, Ron und Kelly in eine Kneipe, die hundert Meter vom
Gefängnis entfernt lag. Sie wollten etwas trinken und waren der Meinung, ich
solle ein wenig Zeit alleine mit Mike haben, sodass wir uns angemessen
voneinander verabschieden konnten. Danach wollten wir uns in der Kneipe
treffen.
Mike legte mir einen Arm um die
Schulter, und so gingen wir schweigend auf das eiserne
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