Und ploetzlich sind sie 13
waren als Referenten zu einer Familienkonferenz eingeladen. An diesem Abend wagten wir eine neue Form der Veranstaltung: einen Abend, an dem nicht nur die Eltern von Teenagern, sondern auch ihre Kinder am Seminar teilnehmen würden. Sie kamen auch – allerdings war deutlich erkennbar, was sie davon hielten!
Wir dankten den Jugendlichen, dass sie ihre Eltern mitgeschleift hatten, obwohl die offensichtlich nicht sehr kooperativ gewesen seien. Ein gelegentliches Kichern ermutigte uns. Das Thema des Abends war: Wichtiges und Unwichtiges. Und so lautete unsere erste Frage an die Jugendlichen: „Was sind die Dinge, die für eure Eltern am wichtigsten sind?“ Wir konnten kaum so schnell mitschreiben, wie die Liste entstand – und sie enthielt alles von „sich bedanken“ bis „ordentlich frühstücken“.
Dann fragten wir die Eltern, welche Dinge für ihre Kinder besonders wichtig seien. Auch hier erstellten wir eine Liste – und es lag auf der Hand: Eltern und Jugendliche lebten auf verschiedenen Planeten. Kein Wunder, dass oft die Fetzen flogen.
Der nächste Schritt war etwas riskant. Eltern und Teenager sollten miteinander über die Frage sprechen, was in ihrer Familie wichtig und was weniger wichtig sein sollte. Natürlich würde man da verhandeln müssen. Bevor eine Entscheidung fiel, sollte der gefundene Kompromiss noch einmal anhand der schon genannten Fragen überprüft werden:
1. Geht es um eine ethische Grundhaltung?
2. Welche Bedeutung hat dieser Punkt in zehn Jahren oder vom Ende des Lebens her gesehen?
Es dauerte keine zwei Minuten, und im ganzen Saal sah man Jugendliche im lebhaften Gespräch mit ihren Eltern. (Manche Eltern schrieben später, dieser Abend sei das Highlight des Seminars gewesen.) Manche Familien fanden zum ersten Mal seit Langem wieder etwas gemeinsamen Boden in der Frage danach, was eigentlich wichtig ist.
Im letzten Kapitel ging es um einige zweitrangige Dinge, die aber leicht zu erstrangigen Konfliktfeldern werden. In diesem Kapitel wird es um die Bereiche gehen, die wirklich wichtig sind: Grundhaltungen, Werte und Fähigkeiten, die sich langfristig auf das Leben unserer Kinder auswirken.
Stark machen gegen Gruppendruck
Viele Teenager werden zustimmen, dass sie ihre härtesten Kämpfe dann ausfechten, wenn es darum geht, nicht alles mitzumachen. Welcher Jugendliche will schon anders sein oder nicht dazugehören? Eines der sieben Ziele, die Jugendliche instinktiv für sich selbst setzen, lautet: „Lernen, Freunde zu finden und Freundschaften zu erhalten.“
„Der Drang unserer Kinder, so zu sein wie alle anderen, verstärkt sich gewöhnlich in der Vorpubertät und in den ersten Teenagerjahren. Diese Empfänglichkeit gegenüber dem Gruppenzwang erreicht ungefähr in der Mitte der Pubertät ihren Höhepunkt und nimmt dann langsam ab. Das kann zwar bedeuten, dass der Einfluss der Gleichaltrigen auch negativ sein kann, aber der Prozess, der dahintersteht, ist vollkommen natürlich. Unsere Jugendlichen sind deshalb so anfällig für den Einfluss ihrer Freunde, weil sie sich in dem Prozess der Abnabelung von uns befinden und es lernen, sich selbst eine Meinung zu bilden. In gewisser Weise tauschen sie die Abhängigkeit von den Eltern gegen die Abhängigkeit von einer Gruppe aus, um auf ihrem Weg zu verantwortlicher Selbstständigkeit voranzukommen.“ 18
Psychologen versichern uns, dies sei normal – und vorübergehend. Aber in Zeiten, in denen es den Anschein hat, als sei dies der alles beherrschende Einfluss im Leben eines Kindes, kann es uns schon sehr beunruhigen. Stellen Sie sich folgende Situationen vor:
Gruppendruck im Blick auf sexuelle Erfahrungen
In den letzten Jahrzehnten haben die Werte und Verhaltensvorstellungen im Bereich von Liebe und Partnerschaft einen grundlegenden Wandel durchgemacht. Was die Medienwelt in dieser Hinsicht als „Normalität“ präsentiert – und von vielen sicher auch als Normalität empfunden wird –, prägt natürlich auch die Vorstellungen unserer Kinder. Unter Jugendlichen wird dieser scheinbar selbstverständlich vorausgesetzte Werte- und Verhaltenskodex oftmals noch vonseiten der Gleichaltrigen aktualisiert und forciert. Der Gruppendruck Gleichaltriger, sich gerade in dieser Hinsicht nicht als Außenseiter(in) zu erweisen, ist enorm. Vielen Jugendlichen gilt es als selbstverständlich, dass befreundet sein gleichbedeutend ist mit miteinander schlafen. Der Gruppendruck, möglichst rasch auch sexuelle Erfahrungen aufweisen zu
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