Und plotzlich ist es Gluck
verbranntem Essen entgegenschlägt.
»Ist es schon so spät?«, ruft Red aus der Küche. »Ich versuche, Abendessen zu kochen, aber … ich bin etwas im Verzug.«
Auf sämtlichen Arbeitsflächen stehen Schüsseln, Teller, Pfannen, Backbleche, dazwischen liegt ein aufgeschlagenes Kochbuch in einer Milchpfütze. Der leere Milchkarton liegt daneben. Reds Hände sind voller Mehl. Außerdem klebt ein wenig davon an seiner Wange und in seinen Haaren, als wäre er sich mit den Fingern durchgefahren. Auf dem Herd brodelt in einem dampfenden Topf eine Sauce, die laut Kochbuch nur leicht köcheln sollte, und ich weiß, ohne darin zu rühren, dass der Großteil davon auf dem Boden festgebrannt ist. Ich sehe eine Tüte Salat und im Spülbecken ein Sieb mit verklebten, kalten Nudeln.
»Ich habe keine Ahnung, wie spät es ist«, verkünde ich mit einem Anflug von Stolz.
Red hält mitten in der Bewegung inne und starrt mich an. »Du hast keine Ahnung, wie spät es ist?«
»Nein.« Jetzt lächle ich. »Ich habe meine Armbanduhr abgenommen, als Ellen zur Welt kam, und seither ist sie verschwunden.«
»Und du hast dir keine neue gekauft?«
Ich schüttle den Kopf.
»Wow.« Mehr kann er im Augenblick nicht dazu sagen. Er hat die Backofentür aufgeklappt, und schwarzer Rauch quillt heraus. Die Quelle des Geruchs nach verbranntem Essen ist ein schwarz verkrusteter Klumpen, der einmal ein Laib Brot mit Tomaten und Fenchel gewesen sein könnte.
»Du hast Brot gebacken?«, frage ich.
»Ich glaube kaum, dass es diesen Namen noch verdient, oder?« Er nimmt den verkohlten Teigklumpen in die Hand, lässt ihn sogleich wieder fallen und pustet sich auf die Finger. Wenn ich nicht da wäre, würde er jetzt sicher lauthals fluchen und vielleicht nach einem der Küchengeräte treten.
Ich nehme ihn an der Hand und führe ihn zur Spüle. »Schnell unters kalte Wasser damit«, sage ich und ignoriere das Kribbeln, das durch meinen Körper geht.
Das kalte Wasser hilft. Ich halte unsere Hände unter den Strahl, als stünden wir beide in Flammen. Er ist nur ein paar Zentimeter von mir entfernt. Ich betrachte prüfend seine Fingerspitzen. »Ich will nur sehen, ob du Blasen hast«, murmle ich. Seine Finger sind lang und schlank. Keine Blasen.
»Äh, ich glaube, es ist alles okay«, sagt Red schließlich. Er muss mir seine Hand beinahe gewaltsam entziehen. »Tut mir echt leid, dass ich das Essen vermasselt habe.«
Ich kann nicht fassen, dass er jetzt ans Essen denkt, während ich nur an seine sanft geschwungenen Lippen denken kann, und an das Grübchen an seinem Halsansatz, das ich vor gefühlten hundert Jahren geküsst habe. Ich möchte es wieder tun. Er redet noch immer vom Essen. »Ich meine, Käsemakkaroni, da ist doch echt nichts dabei, oder? Sieh dir mal die Sauce an. Sie ist klumpiger als der Grießbrei, den ich zum Nachtisch gemacht habe, und der ist total klumpig. Und die Nudeln sind verkocht, dabei ist Nudelnkochen doch wirklich keine Zauberei.«
Verloren. Das ist das Wort, das zu ihm passt. Ich muss lächeln beim Anblick dieses verwilderten Mannes mit dem Mehl im Haar und der enttäuschten Miene. Ich ziehe den Mantel aus und kremple die Ärmel hoch.
»Okay«, sage ich in meiner besten Hochzeitsplaner-Stimme, obwohl in der Küche ein derartiges Chaos herrscht, dass ich nicht recht weiß, wo ich anfangen soll. »Essen wir zu viert?«
»Ja«, sagt er und deutet auf den Küchentisch, den er bereits gedeckt hat. Mit Leinenservietten und schönen Weingläsern und langen, schmalen Kerzen, die sogar schon angezündet sind.
»Sofia und Hailey sind oben«, sagt er. »Sie üben das Lesbischsein, sagte Sofia jedenfalls.« Es dauert einen Augenblick, bis wir diese Information verdaut haben. »Sie haben versprochen, um halb acht runterzukommen.«
»Okay«, sage ich erneut, greife nach Reds Mickey-Maus-Uhr, die auf der Arbeitsfläche liegt, und wische das Mehl vom Ziffernblatt ab. »Wir haben noch zwanzig Minuten. « Ich nehme die Batterien aus dem Rauchmelder und öffne das Küchenfenster, damit sich der Qualm verzieht.
Dann rette ich als Erstes die Sauce, indem ich sie durch ein Sieb in einen anderen Topf gieße. Ohne all die verbrannten Klümpchen wird daraus eine herrlich cremige Käsesauce. »Siehst du?«, sage ich zu Red. »Ein kleiner Handgriff, und sie ist perfekt.«
»Was ist mit dem Brot?«, fragt er, und als er mich ansieht, bin ich beinahe überzeugt, dass das rauchende schwarze Etwas noch zu retten ist.
»Tjaaa …« Ich kann
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