Und plotzlich ist es Gluck
fängt im Januar an, wenn das Entsetzen nach den familienlastigen Feiertagen noch frisch ist, und sobald nach etwa drei Monaten der Reiz des Neuen verblasst ist, wird er ihrer überdrüssig und kann sich nicht erinnern, warum er damit angefangen hat. In meinem Fitnessstudio wollte er auch schon mal trainieren.
»Ich werde mich kurz fassen«, gelobt Simon. »Ich bin sicher, Sie wollen alle nach Hause.« Er lächelt mich an.
»Wir schaffen eine neue Stelle im Management.« Er legt eine Kunstpause ein, um seiner Aussage die gebührende Bedeutung zu verleihen. Dann betrachtet er prüfend die Spitze seiner Krawatte, als wollte er sichergehen, dass er sie heute früh nicht in sein weichgekochtes Ei getunkt hat.
Mein innerer Radarschirm ist jetzt voll ausgefahren und rotiert hektisch auf der höchsten Empfangsstufe. Bislang ist mir nichts über diese neue Stelle zu Ohren gekommen. Und warum sitzt Gladys da und lächelt Simon an? Ich hätte gute Lust, ihn an den Sakkoaufschlägen zu packen und zu schütteln, bis er damit herausrückt, was los ist. Stattdessen schiebe ich mir die Hände unter die Oberschenkel und schweige. Simon lässt sich Zeit. Er liebt es, alle Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Er stützt die Ellbogen auf dem Tisch auf, verschränkt die Finger, platziert das Kinn darauf und grinst in die Runde. Just in diesem Augenblick gibt mein Handy ein Zirpen von sich, so dass alle zusammenfahren.
»Verzeihung«, sage ich und werfe einen Blick auf die SMS, die ich erhalten habe. Sie ist von Maureen, meiner Mutter, die wissen will, ob ich ihre Stepptanzschuhe abgeholt habe. Sie hat sie in einem Laden namens Dance World neu beschlagen lassen. »Entschuldigen Sie, Simon, aber Edward Smithson-Carling bittet mich, den morgigen Termin zu bestätigen. Ich bin gleich so weit.«
Ich tippe Sind in meiner Tasche. Damit wirst du die nächste Ginger Rogers :-) Komme bald.
»Wenn Sie dann fertig sind, Scarlett … «, sagt Simon. Die Spitze seiner langen, schmalen Nase ist ganz weiß, wie immer, wenn er sich ärgert (was bei ihm der Normalzustand ist). Er schiebt die vor ihm liegenden Papierstapel zusammen in dem Versuch, seine Autorität wiederzuerlangen. »Es ist dem Vorstand von Extraordinary Events International
nicht entgangen, dass der Bereich Hochzeitsorganisation im Laufe des vergangenen Jahres exponentiell angewachsen ist, und für die kommenden zwölf Monate zeichnet sich ein weiterer Auftragsanstieg ab.« Er lächelt Gladys verschwörerisch an, worauf sie sich über die Lippen leckt, sich aufrechter hinsetzt und den Vorbau herausstreckt, so dass der dünne Stoff ihrer Bluse über ihrem Busen spannt.
Mein Herz hämmert vor Aufregung heftig in meiner Brust, wie eine Trommel. Ich zwinge mich, Simons monotoner Stimme zu lauschen und die Luft anzuhalten, weil ich fürchte, dass mir ein Stöhnen oder gar ein Quieken entfleuchen könnte, was unter den Umständen nicht ganz einfach zu erklären wäre.
»… separate Stelle, genauer gesagt, eine eigene, ausschließlich auf Hochzeiten spezialisierte Abteilung. Es gibt noch keine offizielle Dienstbezeichnung dafür« – wieder blickt er lächelnd zu Gladys –, »aber es wird auf alle Fälle eine Stelle mit Führungsfunktion sein, mit sämtlichen Verpflichtungen und Nachteilen, die eine derartige Position mit sich bringt.« Ich weiß, wovon er redet: Ein zermürbendes Arbeitspensum mit unzähligen Überstunden an den Wochenenden sowie an religiösen und staatlichen Feiertagen. Gereizte, hysterische Klientinnen, die um vier Uhr morgens anrufen. Schier unlösbare Probleme und null Zeit für ein Privatleben. Es ist perfekt. Ich werde Filly zur Hochzeitsplanerin befördern, und dann mache ich Gladys ihre Assistentin Mary-Lou abspenstig, die nach Filly unbestritten die beste Sekretärin unserer Zweigstelle ist. Wie die drei Musketiere werden wir in die Welt hinausziehen, um das Singledasein auszurotten. In jeder einzelnen Kirche Irlands wird man unsere Namen flüstern. Wir werden in die Geschichte eingehen als die erfolgreichsten, effizientesten Hochzeitsplanerinnen der Grünen Insel – nein, der ganzen Welt!
»Ja, Scarlett? Haben Sie etwas gesagt?«
Alle blicken erwartungsvoll zu mir. Huch! Ich könnte schwören, dass ich keinen Ton von mir gegeben habe, aber offenbar ist mir jetzt doch ein Seufzer oder dergleichen herausgerutscht. Mist. Ich halte mir die Hand vor den Mund und huste. »Verzeihung, Simon. Ich glaube, ich habe eine Fliege verschluckt.«
»Eine Fliege?« Er
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