Und plotzlich ist es Gluck
Während die Apothekerin mit ihren langen blassrosa Fingernägeln das Preisschild des Katzenhalsbands glattstreift und die Ziffern des Barcodes händisch eintippt, schnappe ich mir eine der Schachteln und lege sie neben die Kasse.
»Der Clearblue-Test ist billiger und enthält zwei Teststreifen«,
informiert sie mich, ohne von ihrer Tätigkeit aufzusehen.
»Oh«, sage ich. »Gut, dann nehme ich den. Wissen Sie was, ich nehme beide. Und den hier auch noch.« Ich deute auf eine mit Glitzer überzogene rosarote Schachtel mit der Aufschrift »Es ist ein Mädchen!!!«.
Im Endeffekt nehme ich von jeder vorrätigen Sorte eine Schachtel. Die Apothekerin stapelt sie geduldig übereinander, was eine ganze Weile dauert, aber sie enthält sich jeglichen Kommentars, wofür ich ihr sehr dankbar bin.
Hinter mir schwingt die Tür auf, und der Summer ertönt. Ich fahre herum, genau wie alle anderen auch, und halte die Luft an, aber es ist niemand, den ich kenne. Ich wende mich wieder der Apothekerin zu. Los, los!, möchte ich am liebsten rufen. Sie soll endlich das Halsband zusammen mit den Tests in eine dieser praktischen (da undurchsichtigen) braunen Papiertüten stecken.
Sie betrachtet erst Blue und dann mich. »Sie wissen Bescheid, was Katzen angeht?«
»Äh … Ich habe Blue, seit er ein paar Wochen alt ist«, sage ich. »Er hat sämtliche Impfungen bekommen, falls Sie das meinen.«
»Nein, ich rede davon, dass Katzen für Frauen in der Schwangerschaft ein Risiko darstellen können.«
Mir liegen gleich mehrere mögliche Antworten auf der Zunge. Zum Beispiel, dass die Tests gar nicht für mich sind. Dass ich sie nur für eine Freundin besorge.
Dass meine Periode zwar theoretisch auf sich warten lässt, aber wenn man bedenkt, dass manche Frauen tagelang darauf warten, kann im Grunde genommen von Ausbleiben noch keine Rede sein.
Dass ich gar nicht schwanger sein kann, weil mich mein Freund gerade verlassen hat.
Dass ich nicht schwanger sein kann, weil das in meinem Lebensplan nicht vorgesehen ist. Noch nie vorgesehen war. In dieser Hinsicht waren John und ich stets einer Meinung.
Dass ich nicht schwanger sein kann, denn wenn ich es bin …
Dann kann ich nicht mit Sicherheit sagen, wer der Vater ist.
Ich bin nahe daran, die Nerven zu verlieren. Am liebsten würde ich mir die Tüte schnappen und den Weg zum Büro im Laufschritt zurücklegen. Ich bekomme kaum noch Luft, so groß ist mein Bedürfnis, auf eines dieser Stäbchen zu pinkeln. Wenn es in der Apotheke eine Toilette gäbe, wäre ich jetzt vermutlich schon drin, obwohl ich öffentliche Toiletten normalerweise meide wie die Pest.
Die Apothekerin redet immer noch. Sie hat keine Ahnung, dass sich die Panik wie Zement in meinem Hirn festsetzt. »… eine Krankheit namens Toxoplasmose. Höchstwahrscheinlich sind Sie mittlerweile dagegen immun, aber wenn Sie tatsächlich schwanger sind und an Toxoplasmose erkranken, dann könnte das eine Fehlgeburt zur Folge haben, oder dazu führen, dass das Kind geistig behindert oder blind zur Welt kommt.«
Sie lächelt mich an, als hätte sie soeben verkündet, dass ich zu den Schwangerschaftstests gratis eine Gesichtsmaske von Clinique erhalte.
Als Blue faucht, wird mir bewusst, dass ich ihn umklammere wie einen Rugby-Ball. Ich setze ihn auf dem Boden ab.
Die Apothekerin lächelt nachsichtig zu ihm hinunter. Dann beugt sie sich über den Tresen und murmelt: »Ehe Sie gehen, muss ich Ihnen noch eine Frage stellen …«
Ich weiß bereits, wie die Frage lauten wird. Sie wird mir immer gestellt, früher oder später. Ich warte ab.
»Sind Sie zufällig mit Declan O’Hara verwandt?«
»Ja. Er ist mein Vater.«
»Wusste ich’s doch!« Sie haut mit der flachen Hand auf den Tresen. »Ich fand ihn toll in … Wie hieß noch gleich dieser Film, in dem er den vegetarischen Fleischer spielt?«
»Würstchen mit Feigenblatt«, leiere ich den Titel herunter.
»Ach, richtig! Sagen Sie … macht er noch Filme?«
»Nein, er … er ist im Ruhestand.«
»Schade.« Sie schüttelt den Kopf. Dann schnippt sie sich das Haar über die Schulter. »Tja, war trotzdem schön, dass mal einer von uns drüben in Hollywood mitgemischt hat.«
Ich kann es kaum erwarten, die Apotheke zu verlassen. »Wie viel macht das?«
»Mal sehen … Das wären dann insgesamt siebenundsechzig Euro und fünfundvierzig Cent. Die Beratung war natürlich kostenlos.« Sie gestattet sich ein Lachen, dann beugt sie sich zu mir über den Tresen und fährt fort: »Aber
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