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Und Rache sollst du nehmen - Thriller

Und Rache sollst du nehmen - Thriller

Titel: Und Rache sollst du nehmen - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Robertson
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– der kalte, tote Teil – wusste es besser.
    Der heiße, lebendige Teil, die letzten Spuren meines alten Ich, war unbesonnen. Er dachte schon an Billys Knochen, an seinen letzten Atemzug, an sein Todesröcheln. Doch mein totes Ich behielt die Kontrolle.
    Es gab keinen Grund zur Eile. Alles musste seinen geordneten Gang gehen, sonst konnte ich es gleich lassen. Billy konnte warten. Billy der Buchmacher ging nirgendwohin. Noch nicht.
    Drei Wochen lang lesen, recherchieren, überlegen. Pläne fassen, verwerfen, überdenken. Wie soll ich es anstellen, so oder so? Aber niemals die Frage nach dem Ob. Kein Zweifel, kein einziger.
    Selbst als ich schließlich zum Wettbüro zurückkehrte, blieb ich nicht mal eine Stunde. Und ließ danach wieder zwei Wochen verstreichen. Keine Eile.
    In der Zwischenzeit lief ich mitten in der Nacht an
seinem Haus vorbei. Ich stellte den Wagen ab und machte mich zu Fuß auf den Weg. Und stoppte die Zeit.
    Alles eine Frage der Übung. Ich ging die Schritte im Kopf durch. In meinem kalten Kopf, meinem toten Kopf. Billy Hutchison, der rülpsende Buchmacher. Ich dachte ausgiebig über ihn nach.
    Die Rückseite seines Ladens grenzte an den Forth and Clyde Canal. Das Wettbüro war Billys Burg, und sein Burggraben beherbergte Einkaufswägen, Bierdosen und Kondome. Dieser Kanal schlüpft still und heimlich mitten durch Glasgow, und in Maryhill trennt er praktisch die Stadt vom Land und die Gegenwart von der Vergangenheit. Das eine Ufer hält die Irren der Maryhill Road im Zaum, das andere beschützt Häschen, Nerze und Rehe. Auf dass die beiden Welten niemals zueinanderfinden, es sei denn, ein verwildertes Kind aus Wyndford ist einmal besonders hungrig.
    Als kleiner Junge hatte ich öfter am Kanal gespielt, so dass ich mich dort einigermaßen auskannte. Allerdings lag mein letzter Besuch schon länger zurück. Damals war das Wasser noch so dreckig, dass man sich auf ein Würfelspiel mit dem Tod einließ, wenn man einen Mundvoll davon schluckte. Doch in den letzten Jahren wurde der Kanal gesäubert, und mittlerweile haben die Fische bessere Überlebenschancen als ihre Nachbarn an Land. Als Fisch kann man wenigstens nicht als Junkie enden.
    Es war schon eine Weile her, aber ich kannte mich immer noch aus. Kein Problem, die Böschung in hundert Metern Entfernung runterzuklettern und zur Rückseite
des Wettbüros zu gelangen, ohne von irgendjemandem beobachtet zu werden, abgesehen von dem einen oder anderen Fisch. Billys Burggraben grenzte direkt an seine Hintertür, und die hätte er auch gleich offen lassen können. Ein bisschen mit der schmalen Raspel rumgefummelt, schon hob sich der Riegel, und ich war drinnen.
    Der Buchmacher legte keinen übermäßigen Wert auf Sicherheit. Schließlich leerte er den Safe jeden Abend, zu stehlen gab es also nichts. Doch ich wollte ja auch nichts stehlen. Ich wollte ein anderes Gebot brechen.
    Ich wusste, dass Billy im Imperial war und dass er noch mindestens eine Stunde dortbleiben würde, eher zwei. Es war Donnerstagabend, also würde er nach dem Pub allein ins Wettbüro zurückkehren. Das machte Billy immer so. Wahrscheinlich legte er sich für ein paar Stunden hin, bis er nüchtern genug war, um nach Hause zu Mrs Nikotinhaut zu fahren.
    Also hatte ich alle Zeit der Welt.
    Mein Bruder war Elektriker. Ich hatte ihm ein paarmal geholfen, wenn er größere Aufträge angenommen hatte, und so hatten wir zu zweit ein paar Häuser neu verkabelt. Obwohl sich mein Fachgebiet auf das Herumschleppen schwerer Gegenstände beschränkte, wusste ich, wo beim Schraubenzieher vorne und hinten war. Außerdem hatte mir mein Bruder ein paar Gebote und Verbote des Elektrikerhandwerks gezeigt. Einige der Verbote umging ich nun aktiv. Nachdem ich ein paar Drähte manipuliert hatte, verließ ich das Haus wieder durch die Hintertür, wobei ich darauf achtete, dass der Riegel nicht zufiel. Dann versteckte ich mich im Schatten
der Böschung, wartete und gab mich meinen Gedanken hin.
    Der menschliche Körper ist ein hervorragender elektrischer Leiter, weil er größtenteils aus Wasser besteht. Dazu ein paar gelöste Salze in Form von Blut und diversen anderen Körperflüssigkeiten, und schon erhält man einen gebrauchsfertigen Supraleiter. Man zwinkert einmal mit den Augen, man legt einen Schalter um, und sofort schießt die Elektrizität von den Haaren bis in die Zehen.
    Dabei hängt der Schaden, den ein elektrischer Schock anrichtet, von der Stärke des Stroms sowie von der Dauer ab, für

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