Und raus bist du: Kriminalroman (German Edition)
Mann traurig an. »Ich habe versprochen, es niemals jemandem zu erzählen.«
»Kate ist tot«, mahnte sie Sjöberg. »Wir müssen die Wahrheit erfahren.«
Vida holte tief Luft, bevor sie mit der Geschichte begann.
»Es gab einen Mann. Einen Mann, den sie zufällig irgendwo kennengelernt hatte. Er hatte ihr einmal geholfen, als sie von Skinheads angegriffen worden war. Das habe ich alles erst viel später erfahren«, erläuterte Vida. »Sie begannen sich zu treffen. Kate sagte, dass sie keinen Sex hätten, aber ich weiß nicht ... Worum hätte es sonst gehen sollen? Sie trafen sich in der Stadt, niemals bei ihm zu Hause. Er war bestimmt verheiratet, auch wenn sie nie etwas darüber erzählt hat. Bei ihr zu Hause haben sie sich auch nie getroffen – damals wohnte sie ja noch bei Christer. Kate fand, dass man mit diesem Mann gut reden konnte; sie hätten über alles geredet, sagte sie. Er hat sie getröstet, wenn sie Probleme mit Christer hatte, und er wollte ihr helfen, als sie sich endlich entschloss, Christer zu verlassen. Zuerst wollte sie das viele Geld gar nicht annehmen – es waren mehr als zwei Millionen Kronen –, aber er konnte sie überreden. Die Kinder würden es dort gut haben. Ein Spielplatz auf dem Hof und viele Spielkameraden. Sie hatte sich zuerst Sorgen gemacht, dass sie dafür Dinge machen sollte, die sie nicht wollte, aber so war es nicht. Er schien ein fantastischer Mensch zu sein. Und die Kinder liebten ihn, sagte Kate. Und er hat sie geliebt. Er passte manchmal auf sie auf, wenn Kate länger arbeiten musste.«
»Sie sind ihm niemals begegnet?«, wunderte sich Sjöberg.
»Nein, ich wollte es, aber er tat ein bisschen geheimnisvoll. Sie hatte das Gefühl, ihn zu verraten, als sie mir von ihm erzählte. Und ich habe dasselbe Gefühl, wenn ich Ihnen jetzt davon erzähle.«
Vida begann erneut zu weinen, und ihr Mann streichelte ihr das Haar.
»Hieß dieser Mann möglicherweise Erik?«, fragte Sandén.
»Ja, er hieß Erik. Glauben Sie, dass er derjenige war, der ...?«
»Bislang glauben wir gar nichts, aber es wäre natürlich sehr wichtig für uns, mit ihm in Kontakt zu kommen«, antwortete Sjöberg.
Er griff nach dem Block und dem Stift und stellte fest, dass Vida Johansson sechs weitere Anhaltspunkte geliefert hatte. Nachdem sie dem Ehepaar Johansson routinemäßig die Fingerabdrücke abgenommen hatten, stand Sjöberg auf, und Sandén tat es ihm nach. Sjöberg zog seine Börse aus der Gesäßtasche, suchte eine Visitenkarte heraus und legte sie auf den Couchtisch.
»Es tut uns wirklich leid«, sagte Sjöberg abschließend. »Sie waren uns eine große Hilfe. Melden Sie sich bitte, wenn Ihnen noch etwas einfällt.«
Der Regen prasselte auf die Windschutzscheibe und Tausende konturloser Lichtquellen huschten draußen in der Dunkelheit vorbei. Sandéns beherrschte Fahrweise machte das Auto zu einem sicheren Ort an diesem späten Winterabend.
»Was ist denn vorhin passiert?«, fragte Sjöberg. »In der Besprechung?«
Sandén antwortete zunächst nicht, was Sjöberg darin bestärkte, dass seine Frage wichtig war.
»Ich weiß nicht, ob ich darüber sprechen möchte.«
»Kein Problem. Wir vergessen es einfach.«
Sie schwiegen eine Weile, und Sjöberg redete sich ein, dass es tatsächlich keinen Grund zur Sorge gab. Sandén passte auf sich auf. Er aß gesünder, trank weniger und hielt sich einigermaßen fit. Sich unnötig aufzuregen war der schnellste Weg ins Grab. Sandén war nicht der Typ dafür, und auch Sjöberg tat sein Bestes, sich vernünftig zu verhalten.
»Es tut mir leid. Ich hätte das nicht sagen sollen.«
Ganz unerwartet hatte Sandén den Faden wieder aufgenommen.
»Ich habe, wie immer, versucht, lustige Sprüche zu klopfen, ohne vorher darüber nachzudenken. Es sind doch nur Wörter. Prostitution. Aber plötzlich sah ich dieses Bild vor mir. Und ich mochte es nicht.«
»Catherine Larsson?«
»Nein.«
Sandén seufzte.
»Jenny.«
Sjöberg verstand nicht, wusste nicht, was er glauben sollte. Sandén fuhr auf den Nynäsvägen hinaus. Trotz des Wetters und der späten Stunde herrschte dichter Verkehr, aber das Tempo war gemächlich. Er hielt sich auf dem ganzen Weg in die Stadt auf der rechten Spur, ließ sich von Autofahrern überholen und nassspritzen, die es eiliger hatten als er. Dabei erzählte er Sjöberg, was in jenen Tagen im September geschehen war, als sein Leben in die Brüche ging. Wie seine über alles geliebte, geistig leicht behinderte Tochter in eine Form
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