Und raus bist du: Kriminalroman (German Edition)
Mittelfinger tanzen, während er ins Leere starrte. Schließlich griff er zum Telefonhörer und wählte Einar Erikssons Handynummer. Er landete direkt auf der Mailbox und lauschte der kurz gefassten Ansage. Nach Erikssons maschinell klingender Aufforderung hinterließ er nach dem Pfeifton seine Mitteilung:
»Hallo, Einar, hier ist Conny. Du bist jetzt ein paar Tage nicht hier gewesen, und ich wüsste auch nicht, dass du Urlaub hättest. Lass bitte so bald wie möglich von dir hören. Wir brauchen dich hier«, fügte er hinzu, bevor er den Anruf beendete.
Er suchte Erikssons Festnetznummer im Telefonbuch seines Handys heraus und rief an. Eriksson hatte keinen Anrufbeantworter. Nach zehn Signalen gab er auf und legte den Hörer auf. Darüber hinaus schickte er noch eine knappe SMS mit derselben Aufforderung an Erikssons Handy, die er auch auf seiner Mailbox hinterlassen hatte. Schließlich drückte er die Kurzwahl zur Telefonzentrale der Polizei und bat darum, mit der Personalabteilung verbunden zu werden.
»Conny Sjöberg, Mordkommission. Ich bräuchte einige Informationen zu einem meiner Mitarbeiter, Einar Eriksson.«
»Ja?«, sagte die Frau am anderen Ende der Leitung.
»Hat er gerade Urlaub oder hat er sich krankgemeldet oder so etwas?«
»Ich schau mal nach«, sagte sie bereitwillig, und Sjöberg hörte das Klappern der Tastatur im Hintergrund. »Wie lautet seine Sozialversicherungsnummer?«
»Keine Ahnung«, sagte Sjöberg. »Das müssten Sie mir erzählen können. So viele Einar Erikssons wird es in der Firma wohl nicht geben.«
»Mal sehen ... Ja, hier haben wir ihn. Er ist weder krankgemeldet noch hat er Urlaub bewilligt bekommen.«
»Könnten Sie mir seine Adresse geben?«, bat Sjöberg.
»Derartige Daten geben wir nicht heraus«, antwortete sie freundlich, aber bestimmt. »Da müssten Sie sich erst autorisieren.«
»Mich autorisieren? Ich bin doch sein Chef, verdammt noch mal«, fluchte Sjöberg, aber im selben Augenblick wurde ihm klar, dass sie einfach nur ihren Job machte.
»Ich kann Sie zurückrufen«, antwortete sie gleichbleibend freundlich.
»Natürlich, meine Nummer ...«, setzte Sjöberg an.
»Die habe ich schon«, sagte sie und und legte auf.
Autorisieren , dachte Sjöberg, was ist denn das für ein beklopptes Wort? Viel mehr konnte er nicht denken, bis das Telefon klingelte.
»Sjöberg.«
»Ja, das ist schön. Sie wollten Angaben zu Einar Eriksson?«
»Richtig«, sagte Sjöberg.
Sie gab ihm Erikssons Sozialversicherungsnummer und Adresse, worauf er sich für die Hilfe bedankte und das Gespräch beendete.
Ihm wurde bewusst, dass er keine Ahnung hatte, in welchem Stadtteil Eriksson überhaupt zu Hause war. Jetzt stellte sich heraus, dass sie sehr nahe beieinander wohnten. Einars Wohnung lag in der Eriksdalsgatan, nur einen kurzen Spaziergang von der Polizeiwache an der Östgötagatan entfernt und ebenso nah an seiner eigenen Wohnung in der Skånegatan. Dass man so wenig voneinander wusste, dachte Sjöberg. Sie hatten seit – wie lange war es? – zwölf Jahren zusammengearbeitet, und er wusste nichts über Einar. Doch, er wusste, dass er verheiratet war, dass er keine Kinder hatte, aber was noch? Nichts, stellte sich heraus, nachdem er eine Weile darüber nachgedacht hatte. Aber Einar Eriksson war ein unzugänglicher Typ, schroff und schwierig im Umgang, sodass sich ihre Gespräche ausschließlich um die Arbeit drehten. Eriksson ging in der Mittagspause niemals zusammen mit den Kollegen essen, was ansonsten ja eine hervorragende Gelegenheit war, über etwas anderes als über die Arbeit zu reden. Er blieb in seinem Büro sitzen und aß sein mitgebrachtes Essen, das ihm seine Frau eingepackt hatte. Davon konnte man jedenfalls ausgehen. Sjöberg musste bei der absurden Vorstellung lächeln, dass Einar Eriksson am Herd stand und sich für die nächste Mittagspause eine dampfende Wurst à la Stroganoff brutzelte.
Seine Gedanken wanderten weiter zu seinem eigenen Leben. Bestimmt gab es auch bei ihm Dinge, von denen seine Kollegen nichts wussten. Margit Olofsson, zum Beispiel. Der Gedanke, es könnte in seinem Leben eine Frau außer Åsa geben, würde den anderen äußerst befremdlich erscheinen. Außer Jens natürlich, der mittlerweile eingeweiht war und schon von Anfang an geahnt hatte, was Sache war. Und Sjöbergs Mutter – was würde sie sagen, wenn sie etwas erfahren würde? Darüber wagte er gar nicht nachzudenken. Sie, die so viel Wert auf die Fassade legte und sich ständig
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