Und raus bist du: Kriminalroman (German Edition)
wenn Eriksson jetzt plötzlich wieder auftauchte –, konnte er die Berechtigung verlieren, auf das Register zuzugreifen. Seine Eignung als Kriminalhauptkommissar und generell als Polizist würde natürlich auch infrage gestellt werden. Sjöberg versuchte sich damit zu trösten, dass diese Sünde angesichts des Einbruchs und der Datenschutzvergehen, derer er sich im Laufe des Tages bereits schuldig gemacht hatte, als lässlich erscheinen dürfte. Aber im Unterschied zu den vorherigen Vergehen war dieses eines, das leicht entdeckt werden konnte. Glücklicherweise stellte sich heraus, dass Einar Eriksson nicht vorbestraft war, und er hoffte, dass Eriksson selbst in seiner derzeitigen Situation wenig daran gelegen war, einen möglichen Prozess gegen ihn durchzufechten.
Ohne zu wissen, wonach er eigentlich suchte, rief er anschließend im Einwohnermeldeamt an. Er stellte sich als Kriminalkommissar vor, worauf er umgehend gebeten wurde, seinen Hörer wieder aufzulegen und zu warten, bis er vom zuständigen Beamten zurückgerufen wurde. Nach wenigen Minuten ging der Anruf bei ihm ein, und Sjöberg ließ sich sämtliche Informationen geben, die dort zu Einar Eriksson und seiner Ehefrau vorlagen, was nicht besonders viel war. Er machte sich Notizen, während er zuhörte, und als das Gespräch beendet war, ging er die Aufzeichnungen in seinem Block noch einmal durch.
Eriksson hatte keine Geschwister, und seine Eltern lebten nicht mehr. Wie vermutet war er mit einer Solveig Eriksson, geborene Jönsson, verheiratet, die im selben Jahr geboren war wie er. Auch ihre Eltern waren verstorben, und Geschwister hatte sie ebenfalls keine. Sie waren seit 1976 verheiratet, hatten keine Kinder, und sie war unter derselben Adresse gemeldet wie ihr Mann. Eriksson war im April 2006 umgezogen, von einer Adresse in einer Reihenhaussiedlung in Huddinge, wo er seit 1980 gewohnt hatte, zu seiner derzeitigen Wohnung in der Eriksdalsgatan. Davor war Einar Eriksson in Arboga gemeldet.
Diese für Sjöberg neue, aber nicht besonders interessante Information erinnerte ihn daran, dass er noch einmal versuchen sollte, Ingegärd Rydin, Christer Larssons erste Frau, zu erreichen. Er nahm den Hörer und wählte die Nummer, aber auch dieses Mal bekam er keine Antwort. Nach zehn Signalen gab er auf.
Sjöberg seufzte hörbar, verschränkte die Hände im Nacken und drehte den Bürostuhl in Richtung des Fensters. Er streckte die Beine aus und kippte die Rückenlehne so weit wie möglich zurück. Der Frühling ließ auf sich warten, und große Schneeflocken wirbelten vor dem Fenster herum. Wind kam auf. Obwohl das Frühjahrslicht bereits gekommen war, glänzten alle Frühlingsboten mit Abwesenheit. Bislang hatte er noch keine schmelzende Schneeflocke gesehen, aber vielleicht war er auch nur unaufmerksam gewesen. Am Morgen, als er seine Wohnung in der Skånegatan verlassen hatte, hatte das Thermometer fünf Grad Frost angezeigt, und auf dem Hammarbykanal lag immer noch Eis, obwohl die Schiffe die Fahrrinne in der Mitte ständig neu aufrissen.
In diesen Bahnen liefen seine Gedanken, als das Wort »tiefgefroren« in seinem Bewusstsein auftauchte. Tiefgefroren – so fühlte er sich. Seine Seele war tiefgefroren. Er erkannte sich selbst nicht wieder. Wie konnte er seine geliebte Åsa so eiskalt betrügen? Es war zwar nur ein paarmal passiert, aber dennoch, es war immer mit derselben Frau gewesen, und deshalb handelte es sich um eine Affäre und nicht um einen einzelnen Seitensprung. Er versuchte sich einzureden, dass er sich für sich selbst und seine Handlungen schämte, aber in seinen Empfindungen war er neutral. Schamlos. Eiskalt. Was sich ereignet hatte, war gewissermaßen unvermeidbar gewesen, und die Art und Weise, wie er es auf Distanz hielt, war ihm völlig fremd. Vielleicht sollte er einen Psychologen aufsuchen. Jemanden, der ihm den ständig wiederkehrenden Traum erklären konnte, seine Gefühle in Worte fassen und ihm einen Stoß in die richtige Richtung geben konnte. Oder besser noch, einen direkten Befehl, eine Aufforderung, das Verhältnis mit dieser Frau auf der Stelle zu beenden. »Diese Frau«, wiederholte er für sich selbst. Er wälzte die Last der Schuld auf sie ab.
Er seufzte noch einmal. Eine ganze Familie war ausgelöscht worden, und darüber hinaus war Einar verschwunden, und im Grunde waren sie in keinem dieser Fälle vorangekommen. Sjöberg wurde von einem Gefühl der Ohnmacht gepackt. Und er saß hier und grübelte über seine eigenen
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