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Und raus bist du: Kriminalroman (German Edition)

Und raus bist du: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Und raus bist du: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carin Gerhardsen
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fröhlicher wirkte.«
    »Wirklich?«
    Auf der Arbeit hatte Sjöberg nichts davon bemerkt, aber wahrscheinlich war Einars Image als sauertöpfischer Griesgram dort schon so zementiert, dass er aus reiner Gewohnheit als solcher gesehen wurde. Was wiederum dazu beitrug, dass er einer blieb.
    »Ich muss zugeben, dass ich einmal gehört habe, wie er etwas zu Solveig sagte«, sagte Schwester Ann-Britt etwas verlegen. »Er sprach mit Wärme von einer Frau und ein paar kleinen Kindern. Er kümmere sich um sie, während die Frau arbeite, sagte er. Hole sie aus dem Kindergarten ab und spiele mit ihnen. Er sagte, dass sie ganz wunderbar seien, und ich habe das so gedeutet, dass sie ein mehr als freundschaftliches Verhältnis hatten. Aber es wäre natürlich etwas seltsam, wenn er seine neue Familie ausgerechnet seiner Frau gegenüber so poetisch beschreiben würde, selbst wenn sie seinen Worten keine Beachtung schenkt. Wahrscheinlich habe ich die ganze Sache falsch verstanden.«
    Sjöberg dachte einen Moment über das nach, was er gehört hatte. Vielleicht war es immer noch seine Frau, an die Einar sich wandte, wenn er reden musste, so wie er es einst gewohnt war. Der verschlossene Einar Eriksson, der seine alltäglichen Sorgen und die freudigen Themen des Lebens gegenüber der Frau offenlegte, mit der er sie zu teilen vor langer Zeit gelobt hatte. Weil er glaubte, dass sie ihn hörte? Weil sie ein Mensch war, der niemals missbrauchen würde, was er ihr erzählte? Weil er den leeren Raum mit seiner Stimme füllen und feine Gefühle und Gedanken formulieren wollte, die sonst nie einen Ausdruck gefunden hätten? Oder glaubte er vielleicht, dass sie auf genau diese Informationen reagieren würde? Hatte er eine positive oder negative Reaktion erwartet? Vielleicht wollte er sie verletzen. Vermutlich wollte er sie nur aus diesem ewigen mentalen Dämmerzustand reißen.
    »Bekommt sie auch anderen Besuch?«, fragte Sjöberg.
    »Nein, nie. Früher kamen ihre Eltern, aber die sind beide schon vor vielen Jahren gestorben. Jetzt kommt nur noch Einar zu Besuch. Was, glauben Sie, könnte mit ihm passiert sein?«
    »Keine Ahnung«, log Sjöberg.
    Er sah keinen Grund, Einar beim Personal von Solberga in schlechtem Licht erscheinen zu lassen. Die Tatsache, dass er verschwunden war, musste reichen.
    »Er hat Solberga also am Samstagabend gegen neun Uhr verlassen?«, fragte er stattdessen.
    »Ja, so war es«, antwortete Ann-Britt Berg. »Er kommt um neun und er fährt um neun. Jeden Samstag dasselbe.«
    »Bringt er ihr irgendetwas mit?«
    »Das kommt vor. Etwas Nützliches; neue Kleider, wenn es nötig ist.«
    »Und letzten Samstag?«
    »Letzten Samstag hatte er nichts dabei. Da habe ich ihn in Empfang genommen.«
    »Kein Abschiedsgeschenk also. Nichts, was darauf hindeuten könnte, dass er vorhatte zu verschwinden«, dachte Sjöberg laut.
    Schwester Ann-Britt schüttelte besorgt den Kopf. Sjöberg wechselte das Thema.
    »Sie liest nicht? Ich habe weder Bücher oder Zeitungen noch einen Fernseher in ihrem Zimmer gesehen.«
    »Nein, das tut sie nicht. Solveig interessiert sich überhaupt nicht für ihre Umwelt. Wir haben einen Fernseher im Gemeinschaftsraum, und manchmal setzen wir sie dorthin, aber sie schaut niemals auf den Fernseher, sondern hat den Blick immer auf etwas anderes im Zimmer gerichtet. Sie nimmt auch keine Notiz von den anderen, die hier wohnen, und vom Personal natürlich auch nicht. Sie schirmt sich vor allem und jedermann ab.«
    »Das klingt wie die reinste Folter. Hat sie sich nie selbst verletzt? Oder versucht, sich umzubringen?«
    »Nichts dergleichen, aber sie zeigt im Großen und Ganzen nur wenige menschliche Reaktionen, wenn man es so ausdrücken kann. Diejenigen, die sich selbst verletzen, tun es meistens, um zu spüren, dass sie noch leben. Ich habe das Gefühl, dass Solveig ... vielleicht nicht spüren möchte, dass sie lebt.«
    »Trotzdem hält sie sich selbst lieber in ihrem Körper gefangen«, überlegte Sjöberg weiter. »Verbietet sich jede Art von Annehmlichkeit. Vielleicht meint sie, dass sie es nicht verdient hat, zu sterben.«
    Ann-Britt Berg hob die Hände, um zu signalisieren, dass sie zu diesem Thema nichts zu sagen wusste. Sjöberg fiel keine weitere Frage mehr ein, und er erhob sich steif aus dem unbequemen Sessel.
    »Danke für das Plauderstündchen«, sagte er und streckte der Krankenschwester die Hand entgegen.
    Sie erwiderte seinen Abschiedsgruß mit einem leicht verlegenen Blick, aber ob es daran

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