Und raus bist du: Kriminalroman (German Edition)
etwas Süßem verwöhnen könnte, während sie warteten.
»Ich weiß etwas«, sagte sie zur Rückbank gewandt. »Wir fahren zu dem Kiosk dorthinüber und kaufen für jeden ein Eis!«
»Ja, das machen wir!«, antworteten die Jungen wie aus einem Mund.
»Aber ich will lieber einen Lutscher«, sagte Andreas.
Dankbar nahm sie den Vorschlag an, denn sie ahnte, dass Lutscher der Innenausstattung des Wagens weniger Schaden zufügen würden als Eis, und diesen beiden Wildfängen direkt neben dem Fluss freien Lauf zu lassen, dafür fühlte sie sich noch nicht reif genug.
»Ich auch«, sagte Tobias, »und ich kann auch das Auto das kurze Stück bis dahin fahren.«
»Das kommt überhaupt nicht infrage, Tobias, aber einen Lutscher darf jeder von euch haben.«
»Kannst du denn das Auto fahren, Tante Mädchen?«, fragte Tobias mit spürbarer Skepsis in der Stimme.
»Natürlich, junger Mann, ich bin sogar die beste Fahrerin in der Familie. Aber ihr dürft niemandem erzählen, dass ich es euch verraten habe«, fügte sie geheimnistuerisch hinzu und hielt den Finger vor den Mund.
Die Jungen schauten einander an und begannen zu kichern. Ob es aus Freude darüber war, von ihr ins Vertrauen gezogen worden zu sein, oder ob sie sich beide einig darüber waren, wie absurd ihre Behauptung war, konnte sie nicht entscheiden, aber sie saßen jedenfalls still und betrachteten sie mit großen Augen, als sie auf die Fahrerseite hinüberkletterte. Sie drehte den Zündschlüssel und löste die Handbremse, während die Jungen ihr Tun erwartungsvoll beobachteten. Sie spürte ihre Augen im Rücken und wurde plötzlich fast nervös unter ihren wachsamen Blicken. Dann schüttelte sie das Unbehagen entschlossen ab und fuhr das kurze Stück bis zum Kiosk, parkte rückwärts neben dem kleinen Laden ein, sodass sie mit der Front zur Straße stand, und zog die Handbremse an.
»Du konntest das Auto ja richtig fahren!«, rief Tobias sichtlich beeindruckt.
Ihre Blicke begegneten sich im Rückspiegel, und seine grünen Augen funkelten aufgeregt über den Sommersprossen.
»Dürfen wir mitkommen und aussuchen?«, fragte Andreas.
»Nein, ihr bleibt hier sitzen. Was wollt ihr haben?«
Sie drehte sich zu ihnen um.
»Ich will einen großen Lutscher«, antwortete Andreas.
»Ich will einen roten Lutscher«, sagte Tobias.
»Einen großen Lutscher und einen roten«, wiederholte sie. »Ist es egal, welche Farbe der große Lutscher hat, Andreas?«
»Nur kein Lakritz.«
»Mein roter Lutscher soll auch groß sein«, sagte Tobias. »Aber ein kleiner geht auch.«
»Hauptsache, er ist rot«, sagte sie mit einem Lachen. »Ich glaube, ich habe verstanden.«
Sie öffnete die Autotür und stieg in die Frühlingssonne hinaus. Vom Fluss wehte ein herrliches Lüftchen herüber, und der liebliche Duft einer Traubenkirsche schlug ihr von der anderen Seite der Straße entgegen.
»Benehmt euch, Jungs. Haut euch nicht gegenseitig tot, denn dann gibt es keinen Lutscher mehr.«
Mit einem kurzen Zwinkern schlug sie lächelnd die Tür hinter sich zu.
*
Johan Bråsjö, gerade zehn Jahre alt geworden, hatte seine erste Monatskarte bekommen. Schon seit dem Beginn des Schulhalbjahrs im Januar hatte er ohne Begleitung eines Erwachsenen zur Schule gehen dürfen. Obwohl Mama oder Papa noch mit Sanna gehen mussten, die in der ersten Klasse war, ging er kurz vor ihnen los, klingelte im Haus nebenan bei seinem besten Freund Max und genoss zusammen mit ihm das neu gewonnene Privileg, sich frei in der Stadt bewegen zu dürfen. Mama hatte ihm später verraten, dass sie ihn zu Anfang ein paarmal heimlich verfolgt hatte, um zu kontrollieren, ob sie die Straßen nach allen Regeln der Kunst überquerten.
Nachdem er lange gebettelt und geschworen hatte, sich gut zu benehmen, setzte er schließlich auch durch, dass er allein zu seiner Gitarrenstunde fahren durfte. Und so stieg er jetzt jeden Dienstagnachmittag mit der Gitarrentasche auf dem Rücken zusammen mit Ivan, einem Schulkameraden aus der Parallelklasse, bei Skanstull in den Bus der Linie 4, zeigte seine kostbare Monatskarte vor und fuhr den ganzen Weg bis zur Gärdesschule in Östermalm, wo die Stunden abgehalten wurden.
Heute war zwar Donnerstag, aber die Jungen saßen trotzdem zusammen im Bus. Johan hatte von seiner Mutter die Erlaubnis bekommen, nach der Schule mit zu Ivan zu gehen. Bei Ivan war niemand zu Hause gewesen, und nach gewissem Widerstand hatte er sich dazu überreden lassen, auf Ivans Kosten mit ins Kino am
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