Und raus bist du: Kriminalroman (German Edition)
rufe einen Rettungswagen«, sagte Westman.
Als der Rettungswagen eintraf, schien Christer Larsson noch immer nicht bei Bewusstsein, doch er strahlte einen geradezu friedvollen Eindruck aus, wie er da in seinem Wohnzimmer auf dem Boden lag.
*
Christer Larssons Zusammenbruch war aufreibend, und Hamad hatte ihn darüber hinaus im Rettungswagen begleitet, um zu berichten, was passiert war. Danach musste er den Kopf freibekommen, also beschloss er, trainieren zu gehen, sobald er wieder in der Polizeiwache war. Nach einem ziemlich harten Durchgang an den Maschinen ging er in den Boxsaal hinüber, der direkt daneben lag, um sich auf die Matte zu legen und Dehnübungen zu machen. Genau wie der angrenzende Kraftraum hatte auch dieser Saal Wände aus Glas, ganz dem Zeitgeist entsprechend. Er persönlich zog es eigentlich vor, in Ruhe zu trainieren, ohne sich vor neugierigen Passanten zur Schau zu stellen. Aber anscheinend musste man jetzt auch noch als Ausstellungsobjekt dienen, wenn man seinen armen Körper mit Fitnessübungen quälte.
Als er gerade den Raum betreten wollte, sah er durch das Glas, wie Westman mit Boxhandschuhen und glänzend vor Schweiß einen Sandsack malträtierte, als wollte sie ein Loch hineinschlagen. Er zögerte, obwohl er die Hand schon auf der Klinke hatte, doch dann sagte er sich, dass er sich von den Dämonen anderer Menschen nicht das Dasein vermiesen lassen durfte. Vielleicht war dies sogar die Gelegenheit, sich an einer strategischen Annäherung zu versuchen? Er verabschiedete sich von seinen Dehnübungsplänen, öffnete die Tür und ging hinein.
»Hallo«, sagte er, ohne eine Antwort zu erwarten, und er bekam auch keine.
Hamad warf die Wasserflasche und das Handtuch in eine Ecke, während Westman neue Kräfte zuzuwachsen schienen und sie in einem aberwitzigen Tempo auf den armen Sandsack eintrommelte. Er ging zum Geräteschrank hinüber, nahm sich ein paar Handpratzen und zog sie über. Er holte tief Luft, nahm seinen ganzen Mut zusammen und ging zu Westman hinüber.
»Komm schon, Mädchen. Lass den Sack mal zu Atem kommen und kämpf eine Runde mit mir.«
Das schien ein funktionierender Ansatz zu sein, denn kaum hatte er die Pratzen gehoben, da hagelten auch schon die Schläge auf ihn ein. Es galt, die Füße in Bewegung zu halten, um sie parieren und ihnen mit der nötigen Elastizität begegnen zu können. Er war drauf und dran, nachzugeben und sie zu bitten, sich zu beruhigen, aber schließlich fand er seinen Rhythmus und damit auch sein Gleichgewicht, gerade rechtzeitig, um die Worte wieder herunterzuschlucken. Der Schweiß stob nur so um die rackernde Westman, ihr Blick war finster, und sie hatte ihm noch nicht ein einziges Mal in die Augen geschaut. Sie suchte eher nach einer Lücke in seiner Technik, einer Lücke zwischen, über, unter oder neben seinen Handschuhen, durch die sie einen Treffer auf seinen Körper landen konnte.
Er hatte sie noch nie so voller Energie erlebt, so voller ... ja, es musste Hass sein, dieses Schwarze in ihren Augen. Das hier war keine Trainingsrunde für sie, sie schlug, um wehzutun. Und als Hamad dies klar wurde, wollte er nicht mehr mitmachen. Er hätte zwar durchaus eine Chance gegen sie gehabt, obwohl sie richtige Handschuhe trug und er nur klobige Trainingswerkzeuge; er war einen Kopf größer und wesentlich stärker. Aber er hatte nicht die Energie und vor allem nicht die Absicht, sich auf dieses kranke Schauspiel einzulassen. Sie schien gewillt, ihn totzuschlagen, und er wollte nicht totgeschlagen werden. Er musste diese Lokomotive stoppen, die mit derselben Unermüdlichkeit auf ihn einhieb wie ein verdammter Specht auf einen Baum.
»Was machst du denn, Petra? Schalt mal einen Gang runter.«
»Was ich mache? Du tickst wohl nicht ganz sauber!«
Während des Wortwechsels verlor er für einen Augenblick die Konzentration, und sie landete einen glorreichen Treffer auf seinem Kinn, dem ein Schlag in die Magengrube folgte.
»Jetzt hör doch auf, verdammt, wir können doch darüber reden«, versuchte er es noch einmal, während er sich klein machte und mit den Armen seinen Kopf deckte.
Mit beispielloser Verbissenheit bearbeitete sie ihn weiter, erst mit zwei schnellen Schlägen in die Seite und dann einem Treffer in den Nacken.
»Ich weiß, was du glaubst«, wimmerte er, »aber du irrst dich, es ist nicht wahr!«
Sie antwortete ihm mit mehreren Kopftreffern. Zwischen all dem Japsen und Keuchen, den Haken und Schlägen und den schnellen,
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