Und raus bist du: Kriminalroman (German Edition)
Schlange vor dem Kiosk stand und glaubte, dass sie dort gleich zwei Lutscher kaufen würde, wo sie aber stattdessen ihre Sprache verlor.
Einige Spatzen saßen direkt vor ihr unter dem Papierkorb und pickten Krümel von einer Eiswaffel auf. Mit kleinen, hüpfenden Schritten bewegten sie sich um die begehrte Beute herum, und als sie einen Blick zum Auto warf, bemerkte sie, dass sich dort ebenfalls etwas rührte. Einer der Jungen, wahrscheinlich Tobias, der jüngere, war aufgestanden und wollte anscheinend zwischen den Sitzen hindurch nach vorne klettern. Sie warf einen Blick auf ihre Uhr und dachte, dass Einar jetzt doch eigentlich fertig sein müsste. Gleichzeitig hatte der Kunde vor ihr seine Einkäufe beendet und sie war an der Reihe.
»Haben Sie Lutscher?«, fragte sie den Mann hinter dem Tresen und warf noch einmal einen Blick zum Wagen hinüber, wo sich die Jungen zu ihrer Erleichterung noch nicht auf den Vordersitzen befanden, sondern eher zwischen den Sitzen hingen, jetzt mit den Köpfen nach unten und bestenfalls schon wieder auf dem Weg nach hinten.
»Natürlich!«, antwortete der Verkäufer und hielt ihr eine Dose hin, aus der sie aus einer großen Menge von Lutschern in allen Farben und Größen wählen konnte, aus der sie aber aus Gründen, die ihr selbst schleierhaft waren, einen schwarzen herausgriff, mit dem in der Hand sie ein paar zögernde Schritte auf das langsam rollende Auto zumachte, bevor sie zu laufen begann, zuerst vorsichtig trippelnd, doch dann immer schneller, bis sie mit langen, tollpatschigen Schritten in ihren hochhackigen Schuhen auf den Wagen zurannte, der jetzt schnell auf das glitzernde Wasser zurollte.
Bevor das Hinterrad über die Kante rollte, war sie beim Auto, versuchte die Beifahrertür aufzureißen, verlor sie aber aus dem Griff, als der Wagen von ihr fortglitt. Sie schrie, und mit schreckerfülltem Blick begegnete sie den erstaunt aufgerissenen Augen eines der Jungen – sie sollte sich nie erinnern, welches von ihnen – auf dem Rücksitz, als das Auto kippte und mit unerwarteter Geschwindigkeit von der gepflasterten Uferpromenade verschwand, auf der sie stand, und durch die klare Luft mit einem dumpfen und lauten Platschen in das schwarze Wasser stürzte. Wie gelähmt blieb sie einen Augenblick stehen und sah, wie sich das Auto durch das halb heruntergedrehte Fenster auf der Fahrerseite rasch mit Wasser füllte. Mit einem Schrei, der durch Mark und Bein ging, das des Kioskbesitzers und der Menschen, die sich in der Nähe befanden, und zu denen auch er gehörte, warf sie sich in das eiskalte, strömende Wasser, und nachdem sie einmal tief Luft geholt hatte, verschwand sie unter der Oberfläche. Während ihres Kampfes gegen unüberwindliche Kräfte, bald in Gesellschaft mit ihm und zwei fremden Männern, die zufällig in der Nähe gewesen waren, wurde das Auto immer tiefer zu Boden gezogen, um sich dort auf Grund zu legen, wo die schlecht ausgerüsteten und vom Kampf gegen das strömende Wasser verausgabten Menschen nichts mehr ausrichten konnten.
Unter verzweifelten, erschöpften, keuchenden Andeutungen von Schreien ließen sie sich schließlich an Land ziehen, auf einen Boden, der sich unter ihren Füßen nie wieder fest anfühlen würde. Im Wasser war nur noch der schwarze Lutscher zu sehen, der friedlich auf den Wellen an der Kaikante schaukelte.
*
Mit klopfendem Herzen und einem Zorn, der ihm die Röte ins Gesicht trieb, setzte sich Sjöberg in den Wagen und versuchte, seinen Atem unter Kontrolle zu bringen. Während sich sein ganzes Wesen gegen diese verbitterte und selbstgerechte Person sträubte, die seine Großmutter sein sollte, spürte er auch eine neue Wärme in sich. Ohne den Motor angelassen zu haben hing er über dem Lenkrad und versuchte zu denken, und dabei spürte er, wie dieses Gefühl der Wärme immer mehr Platz in Anspruch nahm, bis schließlich der ganze Zorn gegen die Großmutter in eine neue Art der Bewunderung für seine Mutter übergegangen war.
Plötzlich sah er seine Mutter vor sich, wie sie als junge Frau ausgesehen haben musste, bevor sie zur Witwe wurde. Mithilfe alter Fotografien schuf er sich ein neues Bild von ihr; das Bild einer lebensfrohen jungen Frau mit einem warmen Lächeln. Das Bild einer anderen Frau als der, die er kannte, stark und zuversichtlich und mit dem Leben noch vor sich, glücklich verheiratet in einem Haus auf dem Land und mit einem kleinen Sohn auf dem Arm. Eine Frau, deren Leben eines Tages von einer Feuersbrunst
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