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Und stehe auf von den Toten - Roman

Titel: Und stehe auf von den Toten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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erste Runde, ich wecke dich dann!«, entschied Prospero. Der Katalane machte es sich bequem und wenig später ertönte leises Schnarchen.
    Prosperos Gedanken wanderten unweigerlich zu Deborah. Die Sorge um sie peinigte ihn, und gleichzeitig sehnte er sich nach ihr. Er sah sie vor seinem geistigen Auge, wie sie lachend neben ihm durch Rom lief. Plötzlich war er in der Kirche Santa Maria in Trastevere, in der er gerade das Priestergelübde ablegen sollte. Aber diesmal sagte er laut und vernehmlich: »Nein! Ich will kein Priester werden.« Ausrufe des Staunens erfüllten die volle Kirche. Er scherte sich weder um die Menschen im Schiff noch um die Priester im Chor und auch nicht um den Kardinal, der ihn gerade weihen wollte, sondern verließ die Kirche, lief quer über den Platz und durch ein paar Gassen zum Ponte Sisto. Vor den Häusern standen überall Menschen, die ihn böse anblickten und mit Fingern auf ihn zeigten, doch es machte ihm nichts aus. Dafür wurde er umso freudiger im jüdischen Ghetto empfangen. Der Rabbiner Tranquillo Vita Corcos kam ihm persönlich entgegen und führte ihn unter den Traubaldachin. Zimbelklang lag über dem Platz vor der Synagoge. Dort wartete bereits Deborah auf ihn. Ihr rotes Haar flatterte im Wind, ihre Augen funkelten wie Saphire, und ihr Mund verzog sich zu einem unternehmungslustigen Lachen.
    »Salomo ha-chatan, Schlomele, mein Bräutigam«, rief sie ihm mit ihrer spöttischen Stimme zu. Richtig, in ihren
Träumen war er ja der König Salomon und sie seine Geliebte Sulamith. Und so legte er die Viertelmeile, die sie noch trennte, laufend zurück, die Arme ausgebreitet, wobei er zu den Zimbeln sang: »Siehe, meine Freundin, du bist schön! Du hast mir das Herz genommen mit einem einzigen Blick deiner Augen... Meine liebe Braut, du bist ein verschlossener Garten.... Steh auf, Nordwind, und komm, Südwind, und wehe durch meinen Garten, dass der Duft seiner Gewürze ströme! «
    Nun stand er vor ihr und verneigte sein Haupt. Sie aber streckte die Hand nach ihm aus und sprach ernst: »Mein Freund komme in seinen Garten und esse von seinen edlen Früchten. «
    Die Menschen, die Synagoge und die anderen Häuser drehten sich um sie im Kreis. Immer schneller. Die Menschen, die sie umringten, alterten, einige verschwanden, andere kamen hinzu. Plötzlich blieb alles stehen, und ein rothaariges Mädchen mit taubenblauen Augen lief ihnen entgegen. Ihre Tochter. Prosperos Herz tat vor Glück einen Sprung. Doch dann verdüsterte sich der Himmel, und Wind kam auf. Er heulte um Prosperos Ohren und riss an den Haaren des Mädchens. Gestalten ohne Gesichter packten die Tochter und schleppten sie fort. Deborahs Augen waren erfüllt von Schrecken, ihr Mund öffnete sich zu einem verzweifelten Schrei: »Cäcilia!« Der Name brannte auf seinem Herzen wie flüssiges Pech. Hilfe suchend griff er nach Deborahs Hand, doch seine Finger ertasteten nur harte Borsten.
    Prospero schlug die Augen auf. Vor ihm lag der Kopf eines Wolfes. Der Leib des Tieres fehlte. Prospero entdeckte ihn einige Ellen von sich entfernt. In der Mitte des Raumes stand Pepe mit einem bluttriefenden Degen in der Hand.
Der Katalane musste den Wolf in dem Moment enthauptet haben, als er sich auf den schlafenden Prospero stürzen wollte. Pepe steckte das Rapier ein, nahm seine Pistole aus dem Gürtel und feuerte sie ab. Die Kugel traf einen zweiten Wolf in den Kopf. Schlagartig war Prospero auf den Beinen und an der Seite seines Lebensretters. Mühsam entwand er seinen Geist den Klauen des verstörenden Traums. »Ich muss eingeschlafen sein. Verzeih.«
    Pepe ging nicht auf seine kleinlaut vorgebrachte Entschuldigung ein. »Ich wusste, dass sie kommen würden!«
    »Wer? Die Wölfe?« Statt zu antworten deutete der Katalane auf den Riegel. Er war zurückgelegt worden.
    »Wölfe öffnen keine Riegel«, stellte Prospero fest.
    »Aber die Menschen der Wölfe.«
    Vor der Tür erklang ein unmenschliches Jammern und Schritte näherten sich. Prospero zog sein Rapier. Pepe hatte derweil seine Pistole nachgeladen. »Ziel immer auf die Augen«, wies er Prospero an. »Der schnellste Weg in ihr satanisches Gehirn.«
    Prosperos Nerven waren so gespannt, als hätte man sie auf die Streckbank gelegt. Wen oder was würde er gleich zu Gesicht bekommen? Die Laute vor der Tür schwollen zu einem beängstigenden Lärm an. Als hätten sich die Heerscharen der Hölle und die Legionen der unreinen Geister dort versammelt. Den Blick fest auf die Tür geheftet,

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