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Und stehe auf von den Toten - Roman

Titel: Und stehe auf von den Toten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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weiterzuziehen. Doch Prospero wollte keine Zeit verschenken. Seine Frage nach einem weiteren Dorf oder einer Berghütte auf dem Weg löste beklommenes Schweigen aus. Verwundert erkundigte er sich erneut, bis ihm schließlich eine alte Frau mit einem Furunkel auf der Nase erklärte, dass oben auf dem Berg ein paar Köhlerhütten stünden. Aber die Köhler hätten den Ort längst verlassen, weil es dort spukte. Genaueres wusste sie nicht, weil die Dorfbewohner um den verwünschten Ort einen großen Bogen machten. Prospero und Pepe warfen sich einen kurzen Blick zu, dann bedankten sie sich bei den Dorfbewohnern und galoppierten los.

    Der Weg schlängelte sich den Berg hinauf und wurde bald schon so schmal, dass sie stellenweise vom Pferd absteigen mussten. Die Dunkelheit senkte sich auf das Gebirge, und plötzlich wurden die Pferde unruhig. Der Hilfsauditor stutzte, als er seinen Blick den dichten Nadelwald entlangschweifen ließ und dabei in zwei gelbe Augen blickte. Wölfe. Das also machte die Pferde so nervös. Pepe spannte vorsorglich den Hahn seiner Pistole. Wind kam auf und pfiff durch die Föhren. Es klang wie Wolfsgeheul, und Prospero lief unwillkürlich ein Schauer den Rücken hinab.
    Je höher sie kamen, umso mehr machte der dichte Wald einzeln stehenden Krüppelkiefern Platz. Auf einmal stellte sich ihnen ein Riese in den Weg. Prospero zog hektisch das Rapier, Pepe den Vorderlader aus dem Gürtel. Ihre Nerven waren zum Bersten gespannt. Der Gegner regte sich nicht. In diesem Augenblick kam der Mond hinter einer Wolke zum Vorschein und warf sein kaltes Licht auf das Gebirge. Der Riese entpuppte sich als eine verwachsene Eiche, und Prospero und Pepe steckten ein wenig beschämt ihre Waffen wieder weg. An zwei Ästen hingen kopfüber Fledermäuse. Als die beiden Reiter auf gleicher Höhe mit dem alten Laubbaum waren, öffnete eins der Tiere erst die Flügel und dann die Augen. Klein und böse starrten sie Prospero an, bevor die Fledermaus unvermittelt die Zähne fletschte und dazu gefährlich fauchte. Die spitzen Zähne schienen im Blut zu schwimmen, so grellrot leuchtete das Zahnfleisch. Prospero gab seinem Pferd vor Schreck die Sporen, und Pepe hatte Mühe, ihm zu folgen. Als sie endlich die Pferde beruhigt hatten und um sich blickten, entdeckten sie kleine Hütten, die ein wenig an Erdhöhlen erinnerten. Wenn der Mensch sich nicht mehr um seine Ansiedlungen kümmerte, nahm sie die Natur zu sich zurück, dachte Prospero.
Die Dächer der schief stehenden Katen waren überwachsen von Moos, Efeu und Pilzen. Kein Feuer brannte, kein menschlicher Laut war zu hören. Dies mussten die verlassenen Köhlerhütten sein.
    »Wir bleiben hier«, entschied Pepe.
    »Hier?« Prospero grauste bei der Vorstellung.
    »Uns folgt schon seit geraumer Zeit ein Wolfsrudel. Sie sind gute Jäger. Sie setzen drauf, dass wir müde werden.« Pepe sprang vom Pferd, Prospero ließ sich hinuntergleiten. Der Katalane wies auf eine etwas abseits liegende Hütte, die massiver und besser instand als die anderen wirkte. »Die ist groß genug, als dass wir die Pferde mit hineinbekommen!« Er entnahm seiner Satteltasche ein Öllämpchen und entzündete es. Seinen Rappen am Zügel hinter sich herziehend, stieß er die knarrende Tür auf und trat vorsichtig ein. Prospero folgte ihm mit einem unguten Gefühl im Bauch in die Hütte. Plötzlich kam ihnen fauchend etwas entgegen.
    »Runter!«, brüllte der Katalane. Prospero ließ sich auf den Boden fallen, und über sie hinweg schoss ein Schwarm Fledermäuse aus der Tür hinaus. Die Pferde tänzelten nervös und schüttelten irritiert die Köpfe. Grinsend erhob sich Pepe. »Nachdem wir die vertrieben haben, können wir es uns jetzt gemütlich machen!«
    Prospero schaute sich um. Der Raum war geräumig genug, um den Pferden in einer Ecke Platz zu bieten. Die Decke war zwar sehr niedrig, aber das Dach schien zumindest dicht zu sein und die Dielen intakt. Tisch und Stühle standen in der Mitte, und an der rechten Wand befand sich eine Art Feuerstelle. Der Katalane zerbrach einen Stuhl, legte das Holz auf die Esse und entzündete die Stuhlbeine mithilfe des Öllämpchens. Dann verschloss er die Tür mit
dem Riegel, warf einen Blick auf das große Bett, nuschelte etwas, das wie »Nicht zu empfehlen« klang, und bereitete sich ein Lager auf dem Boden. Prospero tat es ihm gleich. Sie aßen noch etwas Käse und tranken aus dem Schlauch, den sie mitführten, Quellwasser.
    »Wir wechseln uns ab. Schlaf du die

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