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Und stehe auf von den Toten - Roman

Titel: Und stehe auf von den Toten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Papstes. Der Wachmann verstand zwar nicht den Inhalt des Dokuments, erkannte aber an Unterschrift und Siegel, dass es eine Order Klemens XI. war. Er ließ die beiden Reiter passieren.
    In der Mitte des Stromes hatte es sich ein Brückenhaus bequem gemacht, das mit zwei Stadtsoldaten besetzt war. Das Schreiben des Papstes ersparte ihnen den Wegezoll.
    Prospero fragte nach der Stadtburg, dem Castello. Die
beiden überlegten einen Moment, dann fragte der kleinere von beiden, ein Kerl, der mit seinem schwarzen Schnauzbart und dem gekrümmten Rücken wie ein Schuster wirkte: »Castello? Kastell? Burg?« Prospero nickte lächelnd. Der Schnauzbärtige sagte etwas auf Deutsch und wies mit der Hand mehrmals auf den Verlauf der Brücke und der Straße.
    Prospero bedankte sich. Er hatte verstanden, dass sie nur dem Weg zu folgen brauchten. Kurz darauf passierten sie das große Stadttor. Die menschenleere Hauptstraße döste unter dichtem Pulverschnee, der noch sehr frisch wirkte. Er knirschte leise unter den Hufen der Pferde. In den Fenstern flackerten einladend Lichter. Der Anblick entzückte Prospero und ließ ihn für einen Moment seine Sorgen vergessen.
    Von der Straße bogen sich windende Gassen ab. Prospero spürte die einschläfernde Beschaulichkeit, die von Marburg ausging und machte die ungewohnt niedrigen Häuser, die zumeist über zwei Etagen nicht hinauskamen, für diesen Eindruck verantwortlich. Gegenüber des Marktplatzes erhob sich die kleine Stadtfestung. Es wirkte wehrhaft und zivil zugleich wie ein kleinerer römischer Palazzo, vorausgesetzt man ignorierte die Türme mit Zwiebeldach. Prospero klopfte ans Tor. Wenig später begrüßte sie im Vestibül der Stadthauptmann des Kaisers, Konrad Edler von Sinzau. Er schickte einen Diener zum Erzpriester des Domes, um diesen von der Ankunft der Reisenden zu unterrichten.
    »Wir haben Sie schon erwartet, Dottore«, begrüßte ihn der Stadthauptmann. Er schlug vor, ihnen erst einmal ihre Zimmer in der Burg zuzuweisen. In anderthalb Stunden erwarte man sie dann zum Abendessen.

    »Einverstanden«, antwortete Prospero, nachdem er sich für die freundliche Aufnahme bedankt hatte. »Wir möchten gern die Visitation heute noch vornehmen, weil ich morgen wieder den Rückweg antreten werde.«
    Das Lächeln im Gesicht des kaiserlichen Beamten machte einem Staunen Platz. »Wollen Sie sich denn keine Ruhepause gönnen?«
    »Bedaure, aber auf mich warten sehr wichtige Angelegenheiten in Rom, die keinen Verzug dulden.«
    Sinzau wirkte bestürzt. »Aber der Herr Bischof wollte unbedingt dabei sein, wenn die Gruft der seligen Gräfin geöffnet wird.«
    »Ich kann nicht warten. Es ist jetzt acht Uhr. Lassen Sie uns gegen zwölf die Gruft öffnen. Mir bleibt leider nichts anderes übrig, als auf dieser unchristlichen Stunde zu bestehen.«
    Dann fiel sein Blick auf ein großes Ölgemälde an der Wand, und er geriet ins Staunen. Das Porträt zeigte eine Frau in altertümlichen Kleidern. Sah man von der Garderobe und der mäßigen Qualität des Künstlers ab, dann hatte man Maria Konstanza von Stamitz vor sich.
    Der Stadthauptmann war dem Blick des Hilfsauditors gefolgt. »Die selige Elisabeth von Bartaszoly«, erklärte er in fast ehrfürchtigem Ton.

55.
    S ie hatten gut gegessen und getrunken. Die Glocken vom Dom schlugen gerade halb zwölf, als sich der Erzpriester Georg Heisterbach, der Stadthauptmann, Prospero und Pepe auf den Weg machten. Einige Soldaten mit brennenden Fackeln begleiteten sie.
    Prospero wusste aus den Akten, dass die Bartaszolys Ende des 14. Jahrhunderts aus Ungarn als Markgrafen an die Drau gekommen waren und ursprünglich auf der alten Markfeste oberhalb der Stadt residiert hatten. Nach der Fertigstellung der Stadtburg Ende des 15. Jahrhunderts nahm die Grafenfamilie ihren Sitz in der Stadt, behielt aber die Burg. Mit den Eltern von Maria Konstanza von Stamitz erlosch allerdings das Grafengeschlecht. Einen Sohn, der die Linie hätte fortführen können, gab es nicht, denn Maria Konstanza war ihr einziges Kind. Seitdem wurde die Stadt im Auftrag des Kaisers von einem Stadthauptmann verwaltet.
    Sie brauchten nicht weit zu laufen, denn unmittelbar vor einem Turm des Kastells kauerte die Lorettokapelle. Heisterbach schloss auf und führte Prospero zielsicher zu einer Bodenplatte. Ein Steinmetz, den man gerufen hatte, öffnete mit seinem Gesellen und zwei Lehrlingen die Platte. Es ging überraschend leicht. Prospero schaute fragend zu Heisterbach.
    »Ursprünglich lag

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