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Und stehe auf von den Toten - Roman

Titel: Und stehe auf von den Toten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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spürte er plötzlich, wie eine Hand ihn mit hartem Griff brutal nach hinten zog. Es war Pepe, der seine Augen wie immer überall gehabt hatte.
    Denn der Feind kam nicht durch die Tür, er kam von oben, durch das Dach.

52.
    O bwohl sie sich so leer fühlte, als wäre in ihren Adern nur noch Luft, floss das Blut immer noch aus ihrem Hals heraus, immer weiter und weiter. Aber das konnte auch täuschen, denn sie vermochte zwischen dem warmen Wasser und ihrem Blut nicht mehr zu unterscheiden.
    Cäcilia hatte jeden Widerstand aufgegeben. Der Cavaliere, der sie nun so heftig umwarb, würde sie nicht täuschen wie David von Fünen, sondern ihr auf ewig treu sein. Denn es war der Tod selbst, der sie jetzt in seine Arme nahm. Das Mädchen ließ es nicht nur geschehen, sie genoss es. Das warme Bad umhüllte und wiegte sie sanft. Der Todesengel Azrael war ein fürsorglicher Liebhaber. Sie schmiegte sich tiefer und immer tiefer in seine Umarmung.
    Jetzt sah sie sich als kleines Kind, wie sie aufstand und das erste Mal ohne fremde Hilfe lief, auf ihren kleinen Füßen schwankte und wankte und dabei mit heller Kinderstimme rief: »Papä, papà, papà!« Dann stolperte sie, doch bevor sie hinfiel, fing ihr Vater sie auf, hob sie in die Luft, drehte sich mit ihr lachend im Kreis und sang: »Meine Principessa tanzt, meine Principessa tanzt. Und sie kann laufen! Holt die Musikanten. Wir wollen feiern, denn meine Tochter steht auf ihren eigenen Füßchen.« Sie sah in seine großen dunkelbraunen Augen, die voller Güte und Liebe waren. Wenn sie ihn ansah, fühlte sie sich zu Hause. Doch plötzlich sah sie ihn vor ihrem Grab stehen. Schwarze Tränen rannen aus seinen Augen, die nur noch leere dunkle Höhlen waren. Tiefe Schatten lagen darunter, die Wangen waren hohl und eingefallen. Jetzt erst erkannte sie, dass auf dem Hals des Vaters nur ein weißer Totenschädel saß. Cäcilia
schrie. Das durfte sie nicht zulassen. Sie durfte dem Vater ihren Tod nicht antun. Deshalb stieß sie Azrael mit aller Kraft von sich. Aber der Todesengel hielt sie fest und zog sie so unerbittlich ins Schattenreich hinab, dass alle Gegenwehr zwecklos war. Dann wurde es dunkel um sie herum, und Cäcilia spürte, dass die Entscheidung über Leben und Tod nicht mehr in ihrer Hand lag.

53.
    F ünf oder sechs unförmige Gestalten in Wolfsfellen landeten in der Mitte des Raums. Sie hatten dornenbesetzte Keulen in der Hand, die an Morgensterne erinnerten. Prospero erschrak, als er in ihre Gesichter schaute. Im Flackern des Feuers in der Esse schienen ihre roten Antlitze zu glühen. Teufel? Untote? Pepe zielte auf den Kopf eines Eindringlings und schoss. Die Kugel schlug durch die Stirn und zog bei ihrem Austritt Hirnmasse wie einen Kometenschweif hinter sich her. Der Getroffene ging in die Knie, dann knallte er vornüber aufs Gesicht. Ihm fehlte ein beträchtliches Stück Hinterkopf. Die restlichen Angreifer stürzten auf sie zu, und Prospero zog schnell sein Haupt ein, um nicht von einem Morgenstern getroffen zu werden. An Pepes Worte denkend rammte er dem Feind mit der linken Hand den Dolch ins Auge. Der jaulte auf wie ein verwundeter Wolf, riss die Hände an den Kopf, umklammerte mit beiden Händen das Heft des Messers und zog es unter Gebrüll heraus. Blut spritzte hinterher. Prospero bückte sich nach dem Morgenstern, nahm ihn in beide Hände und zerschmetterte dem Wolfsmann den Schädel. Da spürte er einen Stoss gegen die Schulter, dass ihm schlecht wurde vor Schmerz. Er taumelte. Vor ihm stand ein anderer Unhold, die Keule erhoben, um sie im nächsten Moment auf seinen Kopf niedersausen zu lassen. Brüllend riss er sein Maul auf - ein Wolfsmaul mit zwei langen Eckzähnen. Der Hilfsauditor empfahl seine Seele Gott, dem Pepe allerdings zuvorkam. Prospero wurde zur Seite geschleudert und spürte nur noch den Lufthauch, der von der niedersausenden Keule ausging. Der Wolfsmann war
von der Wucht seines Schlages nach vorne gerissen worden, und Pepe trat ihm nun so heftig in den Magen, dass er zu Boden ging. Im gleichen Moment hockte der Katalane bereits auf seinem Rücken und trieb ihm den Langdolch durch die Halswirbel ins Herz. Hinter ihnen wieherten und stampften die beiden Pferde panisch. Wie gut, dass sie sie festgebunden hatten, sonst wären sie sicher schon über alle Berge gewesen.
    Plötzlich trat Stille ein. Die Hütte war leer. Prospero blickte erschrocken um sich. »Wo sind die Toten?«
    »Wenn sie nicht zu neuem Leben erwacht sind, haben ihre Kumpane

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