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Und stehe auf von den Toten - Roman

Titel: Und stehe auf von den Toten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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ich zu finden bin. Nichts für ungut.« Er grinste jetzt wie ein Lausbube im Triumph, das Spiel gewonnen zu haben. Dann deutete David von Fünen eine Verbeugung an und ging. Prospero stand entnervt auf und schloss die Tür.
    »Nehmen Sie Ihren Schwiegersohn in die Pflicht. Niemand darf etwas davon erfahren, dass ich mich nach vermissten Mädchen erkundige.« Mit einem Seufzen setzte er sich dem Rabbiner wieder gegenüber. Im Stillen leistete er Spigola Abbitte. Der Auditor hatte mit seiner Einschätzung Recht behalten. Sobald man zu recherchieren begann, ließen sich die Nachforschungen nicht mehr geheimhalten. Man konnte ja schlecht fragen, ohne Fragen zu stellen.
    Der Rabbiner versprach, sich zu erkundigen. Prospero nickte leicht zum Dank. »Dann wäre da leider noch etwas zu besprechen, was mir aber sehr peinlich ist.«

    »Ihnen muss hier gar nichts peinlich sein. Sie wissen, dass Sie bei uns über einen unbeschränkten Kredit verfügen.«
    »Mein Freund Graf Silvio Valenti Gonzaga treibt in Ihrem Haus Kabbala-Studien.«
    »Ich weiß, dass er das nicht sollte, aber ich kann es ihm nicht verbieten, wie ich vor Gott nicht das Recht habe, jemanden, der nach Wissen sucht, die Tür vor der Nase zuzuschlagen.«
    »Gewiss, das geht mich auch nichts an. Aber er muss mit dem Signor von Fünen aneinandergeraten sein.«
    »Ich weiß, mein Schwiegersohn reagiert gelegentlich hitzköpfig, aber er ist ein außerordentlich kenntnisreicher junger Mann, der Sohn des Rabbis Salomo Meir von Fünen aus Prag. Es wird eine hübsche Doppelhochzeit geben. Mein Sohn Chiskijah heiratet Salomos Tochter Rosina und Deborah seinen Sohn David. Unsere beiden Häuser zeichnet eine lange Linie bedeutender Rabbiner aus. Deshalb wird die Vereinigung ein Segen sein.«
    »Und Deborah? Heiratet sie aus Liebe oder aus Einsicht in den Segen?«, brach es aus ihm heraus. Im selben Moment ärgerte sich Prospero sowohl über seine Frage als auch über den rüden Ton, in dem er sie gestellt hatte.
    »Soll ich meine Tochter etwa in ein Kloster geben? Getauft und weggesperrt? Ich weiß, dass es schwer ist. Aber Sie kommen ja als Bräutigam nicht in Frage. Gott, der Herr, hat es so gewollt.«
    »Ja, er hat es so gewollt«, wiederholte Prospero gedankenverloren. Natürlich durfte er nicht den Bund der Ehe eingehen, schon gar nicht mit einer Jüdin. Ob es für Deborah genauso schwer war wie für ihn? Möglicherweise war es sogar einfacher, unverheiratet zu bleiben, dem Eheglück
oder -leid zu entsagen, als einen Kerl für das ganze Leben zum Mann zu nehmen, den man nicht liebt? Den man vielleicht sogar verabscheut? Deborah konnte diesen aufgeblasenen Prager doch gar nicht lieben. Ausgeschlossen, nicht seine Deborah! Seine Deborah? Vielleicht irrte er sich ja auch. Sollte sie so einen womöglich doch in ihr Herz geschlossen haben? Der Gedanke schmerzte. Er hätte das nur zu gern gewusst. Aber was veränderte dieses Wissen schon? Nichts, gestand er sich deprimiert ein.
    Plötzlich fühlte er, dass ihn der Rabbiner sanft am Ärmel berührte, um ihn aus seinen Grübeleien zu befreien und das Gespräch fortzusetzen. Er errötete, er hatte Corcos ganz vergessen. »Von dem Streit mit dem Grafen Gonzaga weiß ich nichts. Ich werde David zur Rede stellen.«
    »Warten Sie noch etwas damit. Die beiden Hitzköpfe haben sich auf schwere Säbel gefordert.«
    »Gott, wie konnten sie nur? David ist es als Juden verboten, sich zu duellieren, und Valenti...«
    »... ganz recht, ist Priester.«
    Die beiden schwiegen.
    »Ein Verbot wird nichts ausrichten«, warf Corcos ein. Prospero nickte.
    »Kennen sie den Grund?«
    »Nein, Valenti schweigt.«
    »Gut, mein Freund - ich darf Sie doch so nennen?«
    »Es steht Ihnen frei.«
    »Ich werde mit David reden. Er muss von dem unseligen Duell Abstand nehmen. Ein Fünen darf als feige dastehen, ein Gonzaga nicht.«
    Prospero erhob sich. »Gebe Gott, dass Sie Erfolg haben.«

11.
    P rospero hatte lange in seinem Bett wachgelegen, sich vorn einer Seite auf die andere gewälzt, ohne den ersehnten Schlaf zu finden, obwohl er reichlich müde gewesen war. Im Dösen sah er sich in der Rolle Valenti Gonzagas, wie er den Säbel in das Herz des Widersachers rammte, aus dem indes nur schwarzes Pech anstelle von Blut floss. Irgendwann zwischen Mitternacht und Morgendämmerung musste er dann doch eingeschlafen sein, jedenfalls weckte ihn die Stimme eines kleinen Jungen, der auf der Straße ein altes Lied trällerte.
    Prospero richtete sich im Bett auf und

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