Und stehe auf von den Toten - Roman
Verständnis, denn der Rabbinersohn aus Prag erinnerte ihn in vielem an sich selbst, als er ein ebenso feuriger junger Heißsporn war. Aber das Leben hatte ihm seine Lektion aufgegeben, und er hatte sie schwer genug gelernt. Gott wollte ernst genommen werden, doch er war auch gnädig, denn er hatte ihm die beste Frau der Welt geschenkt. Deshalb wollte er dem Jungen Deborah zur Frau geben, dass auch sie, wie ihre Mutter einst bei ihm, aus dem mit Talenten gesegneten Wirrkopf einen Menschen machte... vielleicht sogar einen Rabbiner.
Sie hatten die Mitte des Platzes erreicht, da wollte sich David verabschieden, doch Tranquillo Vita Corcos hielt ihn am Ärmel fest. Sein gütiges Gesicht nahm einen strengen Ausdruck an. »Was ist das für eine Sache mit dem Duell?« Er beobachtete, wie ein hämisches Lächeln das schöne Gesicht des jungen Mannes entstellte. »Hat der Graf also doch Angst vor der eigenen Courage bekommen und sich bei dir ausgeheult?«
Deborahs Vater seufzte. »Diese Äußerung ist unter deinem Niveau!« David errötete, und der Rabbiner fuhr fort. »Nein, ich fürchte Graf Gonzaga würde sich lieber heute als morgen mit dir schlagen. Er ist ein genauso unbedachter Kampfhahn wie du. Was hoffst du, bei dem Duell zu gewinnen? Deine Ehre? Wenn du sie dadurch beweisen musst, dass du auf Tod oder Leben mit einem anderen die Säbel kreuzt, dann hast du keine Ehre, dann ist da nichts, was den Waffengang rechtfertigt. Ihr Toren, ihr setzt aus
einer Eitelkeit heraus eure Zukunft, ja euer ganzes, verheißungsvolles Leben aufs Spiel und fühlt euch dort gut, wo man euch nur noch bemitleiden kann.«
»Danke für dein Mitleid, aber es kommt zu früh. Erbarm dich meiner, wenn ich ehrlos bin. Du nennst es Eitelkeit? Ich nenne es Ehre. Ganz recht. Ich lasse mich von einem Christen nicht beleidigen!«
»Ach David, David, kann ein Christ uns denn beleidigen? Sind wir denn nicht von Gott auserwählt? Seine Gesetze müssen wir befolgen; vor seinem strengen Urteil müssen wir bestehen. Strebe deshalb nicht nach Ehre, sondern nach Weisheit. Sie wird dich alles lehren, was nötig ist. Unser Leben ist wahrlich nicht einfach, und seit Jahrhunderten schon überlebt unser Volk nur durch Weisheit. Sie ist unsere einzige Waffe.
Ich wünsche, dass du verantwortungsbewusst handelst. Meine Tochter soll keinen tumben Raufbold zum Manne bekommen. Denk nicht nur an dich, denk an deine Familie: an die, die du jetzt hast, und an die, die du gründen willst. Und denke an dein Volk.«
David schwieg. Corcos nahm das als Bestätigung, denn er wusste, dass der junge Mann sich seinen Argumenten nicht verschließen konnte. Aber niemand, der diesen Widerstreit in seiner Seele nicht durchlitten hatte, gelangte zur Weisheit. Zur Klugheit vielleicht, aber nicht zur Weisheit. Das war etwas anderes. Der Ältere legte jetzt vertraulich seinen Arm um den Jüngeren.
»Worum ging es eigentlich?«, hakte er nach, bekam aber keine Antwort. Es war offensichtlich, dass der Prager Rabbinersohn nichts über den Grund des Duells zu verraten gedachte, und Corcos akzeptierte es, denn er wollte den jungen Mann nicht demütigen.
»Gut, wir machen es so. Ich werde zu Valenti Gonzaga gehen und ihm mitteilen, dass die Ältesten der jüdischen Gemeinden Roms dir verboten haben, dich zu duellieren.«
Der Rabbiner wusste nur zu gut, welche Kämpfe in David nun vorgingen - dass er befürchtete, als feige dazustehen, weil sein Gegner denken könnte, er verstecke sich hinter dem Rücken der Gemeindevorsteher -, gleichzeitig kannte er aber auch die bindende Wirkung dieses Verbotes. Wut verfärbte Davids Gesicht.
»Gonzaga soll schwören, dass er mich deshalb niemals einen Feigling nennen wird. Wenn er meine Ehrenhaftigkeit nicht anerkennt, findet das Duell statt. Und er soll den Schwur vor meinen Augen leisten«, presste er hervor.
»Einverstanden, aber du, mein lieber Freund, schwörst hier auf der Stelle, dass du Gonzaga nicht provozieren wirst.«
Corcos zog die dichten Brauen zusammen und funkelte den jungen Mann mit biblischem Zorn an, aber sein Herz lachte dabei, denn er hatte erreicht, was er wollte.
18.
A ls Prospero Lambertini endlich am Stadtkerker in der Via Giulia angelangte, war er bis auf die Knochen nass. Hörte der Regen denn gar nicht mehr auf? Anfangs kochte er noch vor Wut über die Verhaftung, aber der Zorn wich allmählich der Neugier, was nun mit ihm geschehen würde. Ihm war fast, als beobachtete er einen Fremden.
Einer seiner Bewacher, ein
Weitere Kostenlose Bücher