Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Und stehe auf von den Toten - Roman

Titel: Und stehe auf von den Toten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
Vom Netzwerk:
unterlaufen konnte, Sie zu diesem Abschaum hier zu stecken, zu stecken.« Der Mann hatte offenbar die absurde Angewohnheit, nach jedem Halbsatz seine letzten Worte zu wiederholen.
    Der Österreicher steckte Prospero heimlich das Messer zu und fragte ihn leise, ob er noch etwas für ihn tun könnte, bevor er gleich aus diesem Loch befreit sein würde.
    »Wenn Sie so liebenswürdig sein wollen, dann informieren Sie bitte Monsignore Caprara von der Rota darüber, dass man mich hier gefangen hält.«
    Prospero konnte nur hoffen, dass die Botschaft seinen Mentor so schnell wie möglich erreichte.

19.
    Z ur gleichen Zeit stürmte Caprara in den Vatikan. Benjamin hatte die Drohung des Sbirrenhauptmanns, niemandem gegenüber ein Wort über die Geschehnisse zu verlieren, ignoriert und Prosperos Vorgesetztem Bericht erstattet.
    Im Vatikan teilte man Caprara allerdings mit, dass sich Seine Heiligkeit im Quirinalpalast befänden. Schimpfend ließ sich der Auditor quer durch die Stadt kutschieren. Wenn nur einmal dieser fürchterliche Regen nachlassen würde. War der Teufel inzwischen sogar fürs Wetter zuständig? Nicht mehr lange, und ihnen allen würden Schwimmhäute wachsen.
    Er wartete nicht einmal ab, bis die Kutsche stand, sondern sprang während des Anhaltens aus dem Gefährt. Dabei unterschätzte er die Restgeschwindigkeit, so dass er in der schlammigen Auffahrt, die inzwischen durch das Wasser und die schweren Räder der Fuhrwerke zu einem einzigen Morast geschlagen worden war, ausglitt und im hohen Bogen auf dem Hosenboden landete. Caprara erhob sich fluchend, sah auf seine beschmutzte Soutane und betrat den Palast. Die verdreckte Kleidung versetzte seinem Bedürfnis nach Reinlichkeit einen empfindlichen Schlag, doch die Zeit, umzukehren und sich umzuziehen, besaß er nicht.
    Schnellen Schrittes eilte er durch die Flure des Palastes und markierte seinen Weg dabei mit Matschabdrücken. Für nasse Sohlen glichen die glatten Bodenplatten allzu sehr einer Eisbahn, so dass der Auditor Obacht geben musste, nicht erneut auszugleiten. Es gelang ihm, ohne einen weiteren Sturz zum Audienzsaal des Papstes vorzudringen.

    »Ich muss sofort den Heiligen Vater sprechen«, herrschte er den Kammerdiener des Papstes, Ruggiero, an.
    Der Diener bedauerte, aber der Heilige Vater gewährte gerade dem Gesandten seiner Majestät Kaiser Leopold I. eine Audienz, einem gewissen Grafen Stamitz. Knurrend lief der Auditor wie ein gefangener Tiger den Gang auf und ab. Als er wieder ins Straucheln geriet, fing ihn Ruggiero geistesgegenwärtig auf.
    In dem Moment öffnete sich die große Tür des Audienzsaals. Alessandro Caprara befreite sich aus Ruggieros Armen und beobachtete den Grafen. Würdevoll im dunkelblauen mit Goldstickereien verzierten Justacorps, gleichfarbigen Beinkleidern und einem Kavaliersdolch aus purem Silber betrat er den Flur. Seine Bewegungen vermittelten den Eindruck, dass er sich nach den Klängen einer Sarabande, die nur er hören konnte, bewegte. Den großen Federhut, den er in der Hand trug, setzte er nun mit elegantem Schwung auf. Von Caprara nahm er keine Notiz. Unter einem Kardinal machte es der Herr Gesandte offenbar nicht. Ihm folgte der sich schlängelnde Kardinal Ottoboni, der als Dichter und Förderer der Künste einen großen Ruf genoss. Der Kardinal war verhältnismäßig jung und unverhältnismäßig reich, seine Dichtung mittelmäßig, was ihm aber nicht zu Bewusstsein kam, weil die vielen, deren Mäzen er war oder die seine Unterstützung zu erringen hofften, nicht müde wurden, sein Loblied zu singen. Geld schafft Schmeichler.
    Stamitz blieb stehen und nahm eine Prise Schnupftabak aus einer goldenen Dose. Sein lautes, explosionsartiges Niesen hallte im hohen Flur wieder. Tränen des kleinen Glücks waren ihm in die Augen getreten. Man tuschelte spöttisch, dass er seine Tabakdose lieber mochte als seine
Frau, die bei weitem jünger war als er. Er zog ein Seidentuch aus der Jackentasche und schnäuzte sich genießerisch. Dann wandte er sich dem schmächtigen Kardinal zu. »Seine kaiserliche Majestät würde sich gern für ein paar Monate euren Protege ausleihen.«
    Ottoboni nickte bedächtig. »Scarlatti ist superb. Aber ob ich ihn für so lange Zeit entbehren kann? Wie wäre es mit Mascitti?«
    »Ich habe noch nichts von ihm gehört«, erwiderte der Österreicher reserviert, fast feindselig.
    »Dann kommen Sie heute in mein Theater. Mascitti hat ein kleines Libretto von mir vertont. Es wird heute in kleiner

Weitere Kostenlose Bücher