Und stehe auf von den Toten - Roman
Caprara den Kardinal an und merkte, dass er mit dieser Unbeherrschtheit in die Falle gelaufen war. Ganieri musterte den Auditor kalt. »Wir können, wenn Sie darauf bestehen, auch gern eine Untersuchung einleiten und Spigolas frivolen Lebensstil öffentlich machen. Vielleicht legen die Fakten auch nahe, ihn zu exkommunizieren. Wenn der Auditor Caprara, was ihn zweifellos ehrt, ohne Ansehen der Verdienste verfahren will, so wird sich der Kardinalvikar von Rom dem nicht verschließen. Ich habe es wirklich nicht nötig, mir nachsagen zu lassen, dass ich die Justiz behindere. Und ich habe wahrlich schon genug riskiert, indem ich den Leichnam von den Sbirren aus der Universität habe abholen und ins Hospital St. Michele bringen lassen, damit er auf dem dortigen Friedhof begraben werde.«
Das Teiggesicht hatte den Ausdruck der verfolgten Unschuld angenommen, nur die kleinen Augen blitzten böse. Klemens seufzte vernehmlich.
»Es betrübt mich mehr, als ich sagen kann, dergleichen über unseren treuen Diener Spigola hören zu müssen. Aber wie sagt doch der Herr: Wer ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein. In Sorge um das Ansehen des armen Sünders bist du zweifellos zu weit gegangen, Ganieri, aber dir sei verziehen, weil deine Motive ehrenvoll waren. Was schlägst du vor, Caprara, wie wollen wir in dieser delikaten Angelegenheit weiter verfahren? Welchen Rat gibt in einer so schwierigen Situation ein erfahrener Richter wie du dem Heiligen Vater?«
Der Auditor saß in der Falle, und er wusste es. Jetzt hatte ihn der byzantinische Hofintrigant dort, wo er ihn haben
wollte, mit dem Rücken an der Wand. Eindeutig, Ganieri war ihm überlegen, zwar nur aus einem, dafür aber sehr wirkungsvollen Grund: weil er keine Skrupel kannte.
Forderte er nun eine Untersuchung, würde man das Andenken Spigolas mit Schmutz bewerfen. Selbst wenn es ihm gelänge, alle Anschuldigungen zu widerlegen, würde dennoch genug hängenbleiben. Selbst die offensichtlichste Lüge ließ sich, einmal in die Welt gebracht, nicht mehr aus ihr entfernen. Verzichtete er hingegen auf die Untersuchung, würde er Ganieri niemals vorwerfen können, eine Ermittlung unterlassen zu haben - wie im Fall der verschwundenen Mädchen.
»Auditor, dein Rat?«, drängte der Pontifex.
»Was wird mit meinem Hilfsauditor?«
»Was ist mit dem trefflichen Lambertini?«, fragte Ganieri etwas zu bestürzt.
»Ihre Leute haben ihn verhaftet«, brummte Caprara.
»Und wissen Sie, wo er sich jetzt befindet?« Ganieri wirkte aufrichtig besorgt.
»Ja, im Stadtkerker in der Via Giulia.«
»Welch dummer Übereifer. Das tut mir aufrichtig leid«, versicherte der Kardinal souverän. »Er wird gleich auf freien Fuß gesetzt.«
»Und der Verantwortliche für den Übergriff bestraft!«, fügte Caprara hinzu.
Statt des Kardinalvikars antwortete der Papst. »Na, ein kleiner Dämpfer wird dem jungen Mann sicher nicht schaden. Wir alle benötigen von Zeit zu Zeit so eine kleine Lektion, nicht wahr, Alessandro? Aber wir warten immer noch auf deine Antwort.«
Caprara kannte die städtischen Gefängnisse gut genug, um zu wissen, dass ein Aufenthalt in ihnen keinen »kleinen
Dämpfer« darstellte, sondern vielmehr lebensgefährlich war, aber er durfte dem Papst nicht widersprechen und rechthaberisch wirken. Im Gegenteil, er musste sich beeilen, um Prospero Lambertini so schnell wie möglich aus der Gefahr zu befreien. Und was seinen alten Lehrmeister betraf, er brachte es nicht übers Herz, dessen Andenken in den Schmutz ziehen zu lassen. »Ich danke dem Kardinalvikar für sein lobenswertes Vorgehen in der Causa Spigola.« Jedes Wort brannte in seiner Kehle wie Säure.
»Ach was, keine Ursache«, strahlte der siegreiche Ganieri, »wir sind doch alle gute Freunde, die wir Tag und Nacht und unter großen persönlichen Opfern uns um das Gedeihen unserer Mutter Kirche sorgen.«
»Recht so, Ganieri, und das wollen wir alle auch niemals vergessen. Unter uns gibt es keine Feindschaften. Wer dem anderen Gram ist, betreibt die Geschäfte des Teufels«, schloss der Papst die erzwungene Audienz.
Alessandro Caprara hatte die deutliche Warnung nur allzu gut verstanden. Wem nachgewiesen wurde, dass er im Auftrag des Teufels handelte, der wurde verbrannt. Der Pontifex hatte ihm mit der Inquisition gedroht. Dort wartete der Großinquisitor Sperello Sperelli nur auf seine Chance, sich an seinem Todfeind Caprara zu rächen. Schließlich hatte dieser dem eitlen, aber geistig beschränkten Kardinal
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