Und stehe auf von den Toten - Roman
dir machen? Ich will es mir erst gar nicht vorstellen.«
»Jetzt sprichst du aber wie eine Mutter, nicht wie eine
Schwester. Ich bitte dich um eins.« Sie schaute ihn fragend an.
»Bleib meine Schwester.« Sie lachte und umarmte ihn ungestüm.
»Halt ein und lass den Bösewichtern noch etwas über!«, protestierte er vergnügt. Caterina mit ihrem freundlichen Wesen vermochte es, all die Düsternis mit nur einem herzlichen Lächeln aus seinem Herzen zu vertreiben. Doch dann fiel ihm wieder ein, dass die Mädchen, die dieser Teufel verschleppt hatte, in Caterinas Alter waren. Und dass auch sie in Gefahr schwebte. Schlagartig trübte sich seine Stimmung wieder. Er musste die Bestie stoppen. So schnell wie möglich, bevor sie wieder zuschlug. Prospero nahm die Hand des Mädchens und sah ihr fest in die Augen.
»Hör mir gut zu! Da draußen jagt ein Unhold Mädchen in deinem Alter. Verlasse also nicht das Haus. Schwöre mir, dass du nicht rausgehen wirst, bis ich ihn zur Strecke gebracht habe.«
»Aber am Tag...«
»Nein, er entführt sie ja gerade am hellen Tage.«
»Mit Pepe kann mir nichts passieren.« Prospero wusste aus eigener Erfahrung, dass der Hausdiener sich bestens aufs Kämpfen verstand. Dennoch schüttelte er energisch den Kopf. »Caterina, bitte. Ein Teufel ist unterwegs, er hat auch Mädchen in seine Gewalt gebracht, die in Begleitung ihrer Väter oder Brüder oder Diener waren. Bitte bleib zu Hause, mir zuliebe.«
»Warum?«, fragte sie etwas provokant.
»Weil ich es nicht überleben würden, wenn dir etwas passiert, Schwesterherz.« Sie strahlte, und Prospero musste darüber lächeln, dass seine Sorge und seine brüderliche Zuneigung das Mädchen offensichtlich so glücklich machten.
Wenn auch niemals die Liebe, wie sie zwischen Mann und Frau üblich war, zwischen ihnen sein durfte, so immerhin die zwischen Bruder und Schwester.
»Schwöre es!«
»Ich schwöre es.«
»Ich muss nun zu den anderen.« Er nickte ihr zu und deutete auf seine Wäsche. »Und irgendwann würde ich auch gern wieder meine Sachen tragen.«
»Ja, natürlich«, lachte sie, hob das Häuflein schmutziger Wäsche auf und lief die Treppe herunter. Er folgte ihr und bog im Flur angekommen in die Küche ab. Dort warteten in der Tat bereits der Auditor, Velloni, Gonzaga, der orthodoxe Priester und Gioacchino, der es nicht lassen konnte, bei seinem Eintreten spöttisch auszurufen. »Ah, unser Knastbruder.«
»Ihr wartet hier«, befahl Caprara, der aufstand, zu Prospero ging und ihn in den Flur zog. Dort informierte er ihn im Flüsterton über die Audienz beim Papst, was er in Wassilijs Beisein nicht für geraten gehalten hatte, und über die verlorene Auseinandersetzung mit Ganieri.
»Ich kann in der Angelegenheit der verschwundenen Mädchen nichts mehr unternehmen«, schloss Caprara.
»Aber Ganieri weiß doch nicht, dass wir ermitteln.«
»Oh doch!«
»Aber woher?«
»Spigola hat Nachforschungen angestellt, und wir haben uns mit seinem Tod beschäftigt, was nicht in unsere Zuständigkeit fällt. Ganieri ist nicht dumm. Er kann eins und eins zusammenzählen.«
Prospero seufzte tief. Zum zweiten Mal musste er Spigola Recht geben. Eine Ermittlung ließ sich nicht geheim halten. Jetzt verstand er die Bedenken des alten Untersuchungsrichters,
die er zunächst für übertrieben gehalten hatte.
»Sie erpressen Sie also mit der Ehre des Auditors Spigola«, sagte Prospero.
»Und mit der kleinen Rente für Spigolas Haushälterin. Die müssten sie nämlich nicht mehr zahlen, wenn sie den verdienstvollen Mann exkommunizieren, aus dem Grab reißen und seinen Körper auf den Schindanger werfen würden.«
Der Kardinalvikar war gefährlicher, als Prospero gedacht hatte, zumal er dem Papst sehr nahestand. »Wollen wir also die Augen verschließen?«
Caprara schüttelte den Kopf. »Ausgeschlossen. Du musst weitermachen. Ich kann es dir nicht befehlen, ich bitte dich nur darum.« Dann fügte er hinzu: »Ein möglichst geräuscharmes Vorgehen ist allerdings vonnöten, wenn du verstehst, was ich meine. Sachte, vorsichtig, leise, auch wenn all diese Begriffe für dich Fremdworte sind.«
»Ich bemühe mich.«
»Bemühen wird nicht ausreichen, Prospero. Ringe, kämpfe darum! Glaub mir, ich habe es Ganieri heute angesehen. Der Aufenthalt im Kerker war weder ein Zufall noch ein Missgeschick.«
»Was dann?«
»Ein Schuss vor den Bug!«
»Zeit, dass wir den Schuss erwidern!«
»Zu früh, wir wissen noch zu wenig. Ich kümmere mich weiter
Weitere Kostenlose Bücher