Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Und stehe auf von den Toten - Roman

Titel: Und stehe auf von den Toten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
Vom Netzwerk:
diesen. Glauben Sie mir, diese Krankheit bringt Sie dazu, lieber Ihre Erinnerungen als Ihre Knochen zu strapazieren. Aber womit kann ich dienen?«
    »Exzellenz, es ist sehr freundlich von Ihnen, mich zu empfangen.«
    Der Gesandte hob die Arme. »Ich bitte Sie...« Er ließ den Satz unvollendet, was eine indirekte Aufforderung beinhaltete, zur Sache zu kommen.
    »Mein Vater hat mich beauftragt, einen Reit- und Fechtlehrer für meine Schwester Isabella zu suchen«, log Valenti unbekümmert. Stamitz schaute ihn überrascht an. Offensichtlich fragte sich der Gesandte, was er damit zu tun hatte.

    »Wie ich höre, steht ein vortrefflicher in Mann Ihren Diensten«, fuhr Valenti fort.
    Jetzt begriff Stamitz. »Ja, von Poelschau. Meine Frau hat ihn leider vollkommen okkupiert. Eifersüchtig, wie sie über ihr neues Spielzeug wacht, kann ich mir nicht vorstellen, dass sie Werbung für ihn gemacht hat. Sehen Sie einem alten Mann, der nur noch von Berichten und Gerüchten lebt, bitte die Neugier nach. Wie haben Sie von Poelschau erfahren?«
    »Es gibt drei Dinge auf der Welt, die sich nicht verheimlichen lassen: Reichtum, Schönheit und Tüchtigkeit. Mag Ihre Gemahlin auch über Ihren trefflichen Diener schweigen, die Spatzen Roms pfeifen sein Loblied längst von allen Dächern.«
    »Nun, wenn das so ist...« Dem österreichischen Grafen war nicht anzusehen, ob er Valenti seine Erklärung abgenommen hatte oder nicht.
    »Fragen wir doch einfach die Gräfin selbst nach Poelschau«, schlug der Gesandte vor. Ohne eine Antwort abzuwarten, zog er an einer Kordel, die an einem dicken hellblauen Seidenband hing. Irgendwo im Palast schlug ein Glöckchen an, und gleich darauf stand ein Diener in einer Livree, die in den Farben der Habsburger gehalten war, im Saal. Der Gesandte ließ nach seiner Gemahlin schicken, damit sie den erfreulichen Besuch begrüßen könne. Dann holte er seine Tabakdose hervor, öffnete sie und hielt sie Valenti hin. »Eine kleine Erfrischung? Es ist erstklassiger Tobak. Befreit die Nase und belüftet das Hirn. Möchten Sie einmal probieren?« Valenti lehnte höflich ab. Stamitz sog durch jedes Nasenloch eine Prise ein. Eine Sekunde später brach er in eine ganze Kaskade von heftigen Niesanfällen aus, die seinen Köper durchrüttelten. Mit Tränen
in den Augen lächelte er einen Moment lang glücklich wie ein Kind. Dann nahm Valenti das herannahende Rauschen eines Kleides wahr.
    Die Gräfin Maria Konstanza von Stamitz, die jetzt den Saal betrat, war eine erblühte Frau um die vierzig, die noch immer einen Mann um Sinn und Verstand bringen konnte. Valenti hatte Mühe, sich nicht von dem Dekolletee der fast doppelt so alten Frau einfangen zu lassen. Er ertappte sich bei dem Gedanken, dass er nichts dagegen einzuwenden hätte, ihr Reitlehrer zu sein. Teufel eins, was für eine Frau, dachte er, während der alte Stamitz seiner Gemahlin erklärte, wer Valenti war und was ihn hergeführt hatte.
    »Wirklich ein erfreulicher Besuch. Umso mehr tut es mir leid, dass ich Ihnen eine abschlägige Antwort erteilen muss: Wir können den guten Poelschau nicht entbehren.«
    »Das muss ich natürlich akzeptieren, Gräfin.« Valenti verneigte sich artig. Sie bot ihm die rechte Hand zum Kuss. Er nahm sie lächelnd und beugte sich elegant vor. Während sein Mund, wie es die Etikette verlangte, kaum wahrnehmbar über dem Handrücken verharrte - nur Rohlinge und Parvenüs quetschten ihre feuchten Lippen auf die Haut der Dame -, umspielte seine Riechnerven der verführerische Duft eines Rosenwassers, dem aber noch eine andere Substanz beigemischt war. Dieser andere Duft irritierte ihn; er empfand ihn als erregend, vermochte ihn aber nicht zu deuten. Nichts Blumiges, eher etwas Animalisches. Er musste ihre Hand wieder freigeben, aber der Geruch ging ihm nicht aus dem Sinn. Nur eine Winzigkeit stärker wäre er abstoßend gewesen, so aber wirkte er aufregend.
    Als er sich wieder aufrichtete, trafen sich ihre Blicke. Ihre blauen Augen nahmen einen grünen Schimmer an, und er meinte, darin einen Befehl zu entdecken und gleichzeitig
ein Versprechen. Mit einem einzigen fordernden Blick hatte sie ihn gepackt. Ihm war, als hielte sie sein Geschlecht in der rechten Hand und drückte mit ihren grazilen Fingern stetig zu. Valenti schwindelte. Ein überwältigendes Verlangen erfüllte ihn, mit ihr zu schlafen, einmal, zweimal, dreimal, so oft es ging. Die Vorstellung, sich mit dieser Frau im Schmutz zu wälzen, raubte ihm den Atem. Fast schon

Weitere Kostenlose Bücher