Und stehe auf von den Toten - Roman
konnte nicht ohne Interessenten bleiben. Mit Sicherheit würde sich irgendjemand bei ihm melden, im schlimmsten Fall die Sbirren oder die Inquisition. Und wenn ein Verbrechen damit im Zusammenhang stand und man gerade einen Sündenbock brauchte, weil man sich an den wahren Täter nicht wagte oder keinen fand, aber einen Erfolg vorweisen musste, dann kam der einfältige Fischer gerade recht, um die bittere Suppe auszulöffeln. Prospero schaute sich enttäuscht den Haarkranz, die Perle und den Schleier an.
»Sonst nichts?«
Der Fischer verneinte.
»Mit Cäcilia kann das alles nichts zu tun haben. Wie wir wissen, war sie als Pulcinella verkleidet.«
Anderseits, dachte der Hilfsauditor weiter, wirft niemand einen goldenen Haarkranz und eine Perle solchen Wertes freiwillig weg.
»Wurde eine Ertrunkene gefunden, zu deren Kleidung diese Sachen gehören könnten?«
»Nicht dass ich wüsste.« Der Fischer zuckte die Achseln.
Vielleicht gehörten diese Accessoires einem anderen Mädchen, das auch vermisst wurde und von dessen Verschwinden sie nur nichts wussten? Aber außer Vellonis Schwester kannte er keines der vermissten Mädchen mit Namen - wenn Cäcilias Verschwinden überhaupt mit dem der anderen in Zusammenhang stand. Niemand würde sich um diese Verbrechen kümmern, gestand er sich die empörende Wahrheit ein, wenn nicht Velloni die Schwester verloren hätte.
Spigola hatte der Versuch, Erkundigungen über die anderen Opfer einzuziehen, das Leben gekostet. Obwohl der Mord an Spigola ihm zur Warnung dienen müsste, machte ihn diese Gewalttat entschlossener und grimmiger, weil sie seine Ehre und seinen Intellekt beleidigte. Er musste mehr über die anderen Mädchen in Erfahrung bringen. Es galt Übereinstimmungen zu suchen, um Muster festzustellen.
Höchste Zeit, mit dem Präfekten zu reden, beschloss Prospero. Doch zuvor wollte er noch versuchen, etwas über die Fundstücke herauszubekommen, auch wenn seine Hoffnung, dass sie eine Spur ergeben würden, gering war. Andererseits stellte die Perle in ihrer Goldeinfassung gewiss keine Dutzendware dar, der goldene Haarkranz dürfte einem armen Mann die Sorgen nehmen, und man konnte ja schließlich nie wissen, wohin einen diese Stücke führten.
Sie besaßen ohnehin kaum Hinweise, da konnten sie es sich nicht leisten, wählerisch zu sein. Prospero nahm den Fund an sich und versprach, dass Carlo eine ansehnliche Belohnung für seine Ehrlichkeit erhalten würde. Woher das Geld dafür kommen sollte, wusste er zwar noch nicht, aber das würde sich schon finden.
Er dankte dem Fischer und machte sich auf den Weg nach Hause, um sich für den Besuch bei dem Präfekten entsprechend zu kleiden. Unterwegs fiel ihm plötzlich ein, dass der Trödler Raphael delle Rose nicht weit von hier im jüdischen Ghetto sein Geschäft führte. Und wenn jemand etwas von Mode, Accessoires und Schmuck verstand, dann war es der jüdische Kaufmann, der an Sachverstand alle Modehändler Roms übertraf.
Er brauchte zum Glück nicht lange, bis er die Piazza delle Azimele erreicht hatte, denn es gab bei weitem Schöneres, als im Regen durch Rom zu laufen. Die Gassen und Straßen hatten sich in eine träge Masse aus Unrat und Dreck verwandelt. Inzwischen empfand Prospero sogar einen leichten Ekel vor sich selbst, weil er das Gefühl nicht loswurde, dass der Regen schon schmutzig vom Himmel fiel. Er sehnte sich nach einem warmen Bad.
Neben dem Bogen, der der Piazza den Namen gab, befand sich das düstere Alkovenhaus aus dem Mittelalter, in dem das Geschäft des Kleiderhändlers Raphael delle Rose Quartier gefunden hatte. Prospero erkannte es schon von weitem, auch wenn der Händler die bunten Stoffe, die sonst verlockend vor dem Eingang flatterten, wegen des Regens nicht herausgehängt hatte. Schnell stieg er die vier von dem Alkoven überdachten Stufen in den Laden hinab. Er musste daran denken, wie Deborah und er einmal in diesen Räumen eine jüdische Hochzeit nachgespielt hatten.
Das schönste Spiel seines Lebens, das nur Minuten gedauert und sich dennoch in sein Herz gebrannt hatte. Seufzend drängte er die Erinnerung weg. Es brachte nichts, sich damit zu quälen.
»Ah, unser Schlomele! Verzeihen Sie, Monsignore, ich muss ja jetzt Dottore sagen. Wieder eine Verkleidung gefällig?« Raphael, wie immer mit demselben schwarzen Kaftan bekleidet, begrüßte ihn freundlich.
»Wenn es unter uns bleibt, dann nennen Sie mich ruhig Schlomele«, erwiderte Prospero und warf den Kopfschmuck auf den
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