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Und tot bist du

Und tot bist du

Titel: Und tot bist du
Autoren: Mary Higgins Clark
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Atlantik nach Sundays Leiche absuchen, wenn Claudus Jovunet nicht bis morgen abend auf freiem Fuß ist.«
    Der Name Claudus Jovunet war Henry Britland gut bekannt. Der Mann war ein außergewöhnlich skrupelloser Terrorist, ein ehemaliger Söldner, der gegen Bezahlung Mordanschläge verübte. Zuletzt hatte er einen Firmenjet der Uranus Oil in die Luft gesprengt, was schließlich zu seiner Verhaftung geführt hatte. Zweiundzwanzig Topmanager des Unternehmens waren bei dieser Tragödie ums Leben gekommen. Nach fünfzehn Jahren als Terrorist war Jovunet endlich angeklagt und zu mehrfachen lebenslänglichen Freiheitsstrafen verurteilt worden, die er nun im Bundesgefängnis in Marion, Ohio, verbüßte. Henry hatte zwar keinen Anteil an seiner Ergreifung gehabt, hatte es aber als besondere Genugtuung empfunden, daß es während seiner Amtszeit geschehen war.
    »Welche Bedingungen stellen die Entführer?« wollte er nun wissen. Noch während er diese Frage stellte, fühlte er lähmende Angst aufsteigen: Des würde es möglicherweise nicht zulassen, daß sich die Regierung der Vereinigten Staaten dem Druck eines Terrorkommandos beugte.

    »Die Anweisung lautet, Jovunet in das neue Überschallflugzeug zu setzen. Wie Sie wissen, wird es zur Zeit hier auf dem National Airport in Washington ausgestellt und wartet auf seinen Jungfernflug. Die Terroristen verlangen, daß sich außer ihm nur die beiden Piloten an Bord befinden dürfen. Dazu fordern sie Proviant. Ich zitiere: ›Den Kaviar könnt ihr weglassen.‹ Sie geben uns – und das ist wieder ein Zitat – ihr ›Ehrenwort‹, daß die Piloten nach der Landung über Funk durchsagen können, wo Sunday sich befindet. ›Lebend und unversehrt‹, hieß es wörtlich.
    »Ehrenwort«, höhnte Henry. Ach, Sunday, Sunday!
    Als er Jack Collins einen Blick zuwarf, formte dieser mit den Lippen das Wort »Waffen«.
    »Welche Waffen wollen sie, Des?« fragte er.
    »Seltsamerweise keine. Wenn wir diesen Leuten glauben können …«
    »Und können wir?« unterbrach ihn Henry.
    Des seufzte. »Uns bleibt nichts anderes übrig, Henry.«
    »Was haben Sie vor?« Henry hielt den Atem an. Er fürchtete sich vor der Antwort.
    »Henry, Jerry ist hier«, antwortete Des. Jerry war Jeremy Thomas, der Finanzminister.
    Henry fiel ihm ins Wort. »Des, wieviel Zeit können wir gewinnen, indem wir so tun, als gingen wir auf ihre Bedingungen ein?«
    »Um fünf Uhr wird eine weitere Nachricht bei einem der Ministerien erfolgen. Wir glauben, wir können die Entführer mindestens bis Donnerstag nachmittag vertrösten.
    Zum Glück hat die Washington Post heute morgen einen Artikel gebracht, in dem es heißt, an der Maschine müßten vor dem Jungfernflug am Freitag noch einige kleine Reparaturen vorgenommen werden.« Er hielt inne. »Und um Sie zu beruhigen: Wir haben vor, die Forderung der Terroristen zu erfüllen.«
    Henry zitterte am ganzen Leib und atmete erleichtert auf.
    Er sah auf die Uhr. Es war Mittwoch nachmittag, vier Uhr.
    Mit ein wenig Glück hatten sie noch vierundzwanzig Stunden. »Ich komme sofort, Des«, sagte er.
    Tom Wyman, der stellvertretende Leiter der Einheit, brach das Schweigen, das dem Telefonat folgte. »Der Helikopter wartet, Sir. Und das Flugzeug ist startklar.«
    Eine Weile fühlte sich Sunday so durcheinander und verwirrt, daß ihr beinahe ihr eigener Name nicht mehr einfiel.
    Wo bin ich? fragte sie sich, während ihr allmählich klar wurde, daß etwas Schreckliches passiert sein mußte. Dann spürte sie, daß sie gefesselt war. Arme und Beine schmerzten und waren fast abgestorben. Als sie sich zu bewegen versuchte, kam ihr plötzlich ein Bild in den Sinn: Handtücher und Bettlaken, die auf dem Dach des Hauses ihrer Großmutter im Wind flatterten. Wäscheleine, schoß es ihr durch den Kopf. Das rauhe Seil, das ihr die Haut abschürfte, fühlte sich an wie eine altmodische Wäscheleine.
    Ihr brummte noch immer der Schädel, und sie hatte einen eigenartigen Druck im Kopf. Sie zwang sich, die Augen zu öffnen, konnte aber nichts sehen. Nach dem ersten Schrecken stellte sie fest, daß man ihr etwas übers Gesicht gestülpt hatte. Der dicke, kratzige Stoff juckte auf der Haut und ließ ihre Wangen glühen.
    Aber sonst fror sie. Besonders an den Armen. Als sie sich leicht bewegte, bemerkte sie, daß ihre Jacke fehlte.
    Außerdem grub sich das Seil schmerzhaft in den Bluterguß, den sie sich bei ihrem Sturz von Applebey zugezogen hatte.
    Sunday überschlug ihre Lage: Erstens habe ich ein
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