Und tot bist du
Vorgesetzten gewandt. Deshalb konnte bis jetzt verhindert werden, daß der Vorfall an die Öffentlichkeit dringt.«
Jack Collins, Chef von Henrys Leibwächtern, hätte auch als Profi-Footballer durchgehen können. Er war ein Bär von einem Mann, der sich durch nichts so leicht aus der Ruhe bringen ließ. Aber jetzt, da es um Sunday ging, verlor auch er seinen Gleichmut. Als er die bislang bekannten Fakten für Henry zusammenfaßte, waren ihm Zorn und Entrüstung deutlich anzuhören.
»Für die Entführung selbst gibt es keine Zeugen, Sir. Offenbar hatte man an Sundays … ich meine, Mrs. Britlands Auto und auch an den Wagen der Eskorte einen Sprengsatz angebracht, der mit einem Nervengasbehälter verbunden war. Vermutlich wurde die Explosion mit einer Fernbedienung ausgelöst. Die Entführer waren dann sehr rasch zur Stelle. Obwohl es mitten am Nachmittag geschah, hat niemand das Verbrechen beobachtet. Allerdings hatten viele Büros und Läden wegen des starken Schneefalls früher geschlossen, und es waren nicht viele Autos unterwegs.«
»Kann es sein, daß Sunday bei der Explosion verletzt wurde?« fragte Henry.
»Wahrscheinlich nicht. Man glaubt, daß sie wie Art und Leo durch das Nervengas das Bewußtsein verlor. Die Explosion selbst war nicht so heftig. Nachdem der Sprengsatz losgegangen war, sind die Autos stehengeblieben, da das Gas die Insassen der beiden Fahrzeuge außer Gefecht gesetzt hat. Unsere Jungs wissen nur noch, daß ihnen schwindlig wurde und daß sie dann umgekippt sind.«
»Aber wie ist es möglich, daß jemand Zugang zu den Autos hatte, um die Gasbomben anzubringen? Werden die Fahrzeuge denn nicht bewacht?«
»Das wissen wir auch noch nicht genau, Sir. Es handelt sich um einen Sprengsatz von ziemlich einfacher Bauart –
mit ein paar Teilen aus einem Elektronikfachmarkt könnte jeder so ein Ding basteln. Mit dem Gas ist es natürlich etwas anderes. Es wird gerade analysiert, und wir haben noch keine Ahnung, woher es stammt. Sicher wurden die Sprengsätze am Unterboden der Autos angebracht, während sie auf dem bewachten Parkplatz des Capitols standen. Zum Befestigen diente ein simpler Magnet.«
»Und niemand hat etwas gesehen?« fragte Henry.
»Bis jetzt konnten wir noch keine Zeugen auftreiben. Inzwischen haben wir erfahren, daß in der Wohnung eines Wachmanns eingebrochen wurde. Seine Uniform wurde gestohlen. Problematisch war wahrscheinlich auch, daß Mrs. Britlands Auto so alltäglich aussieht. Es erregte keine Aufmerksamkeit, als es weiterfuhr«, erklärte der Geheimagent. »Wer zur Unfallstelle kam, kümmerte sich sofort um den anderen Wagen mit den beiden bewußtlosen Leibwächtern.«
Henry wußte, daß Sundays Auto mit den zwei anderen betäubten Leibwächtern in der Nähe des Lincoln Memorials gefunden worden war. Natürlich interessierte sich niemand für ein Fahrzeug, das aussah, als hätte man es bei einer Zwangsversteigerung erstanden. Dieser Trick war seine Idee gewesen. Keine Limousine, hatte er gesagt.
Viel zu auffällig. Deshalb hatte er für Sunday einen gewöhnlichen Mittelklassewagen nach dem neuesten Stand der Technik ausrüsten lassen, der von außen wirkte wie eine alte Familienkutsche.
Warum mußte ich bloß so clever sein und solche Spielchen treiben? dachte er. Ich hielt mich für wahnsinnig schlau. Ein folgenschwerer Fehler, eine Limousine am Straßenrand hätte sicher Aufmerksamkeit erregt.
Allerdings hatte sich Sunday genau so ein Auto gewünscht. Sie hätte sich geweigert, in einer Limousine bei ihren Eltern vorzufahren. Erschrocken fiel Henry ein, daß er Sundays Familie noch gar nicht informiert hatte. Daran führte kein Weg vorbei, beschloß er. Sie müssen es erfahren, und sie sollen es von mir hören.
»Verbinden Sie mich mit Sundays Eltern«, wies er Klein an.
Es war eines der schwierigsten Telefonate seines Lebens, doch danach war ihm klar, woher Sunday ihre Courage hatte.
Das Läuten des Telefons riß ihn aus seinen Grübeleien.
Henry schob Marvins ausgestreckte Hand weg und hob selbst ab. Es war Desmond Ogilvey, der ohne Präliminarien losredete: »Tut mir leid, Henry, aber Sundays Entführer hat sich beim Sender CBS gemeldet. Dan Rather hat sich eben nach weiteren Informationen erkundigt. Da er über sämtliche Details Bescheid weiß, hat er eindeutig mit dem Täter gesprochen. Wir haben ihn gebeten, die Story noch nicht zu veröffentlichen, und er war einverstanden.
Allerdings hat er uns gewarnt. Wenn irgendwo etwas durchsickert, kann er
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