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Und tot bist du

Und tot bist du

Titel: Und tot bist du
Autoren: Mary Higgins Clark
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Stück Rupfen oder Leinen über dem Kopf. Zweitens bin ich zusammengeschnürt wie ein Paket. Drittens befinde ich mich irgendwo in einem kalten Raum. Aber wo bin ich? Und was ist passiert? Sie konnte sich an nichts erinnern. Hatte es einen Unfall gegeben? War sie in einem Operationssaal und während des Eingriffs aufgewacht?
    Doch dann fiel es ihr wieder ein: Es war etwas im Auto geschehen!
    Genau! Im Auto – aber was?
    Sie zermarterte sich das Hirn und ließ den Tag noch einmal Revue passieren. Die Sitzung im Kongreß war um drei Uhr nachmittags zu Ende gewesen. Art und Leo hatten sie wie immer an der Garderobe erwartet. Anders als sonst war sie nicht noch einmal in ihr Büro zurückgekehrt, weil sie zu einem Empfang in der französischen Botschaft eingeladen war und sich vorher noch zu Hause umziehen wollte. Deshalb war sie ins Auto gestiegen. Und dann?
    Sunday unterdrückte das Wimmern, das in ihr aufstieg.
    Sie war immer so stolz darauf gewesen, keine Heulsuse zu sein. Auf einmal mußte sie an den Tag denken, als sie mit neun Jahren an einer Stange im Schulhof geturnt hatte und dabei abgerutscht war. Der Boden war immer nähergekommen, und dann war sie mit der Stirn auf dem mit Kies bedeckten Beton aufgeschlagen. Damals hatte sie nicht geweint, und jetzt würde sie es auch nicht tun. Allerdings waren an jenem Tag ein paar Jungen um sie herumgestanden, und sie wäre lieber gestorben, als vor ihnen auch nur eine Träne zu vergießen. Und nun war sie ganz allein.
    Nein, du darfst dich nicht kleinkriegen lassen, schalt sie sich. Streng lieber deinen Grips an. Wann war der Unfall geschehen? Sie ging die Autofahrt im Geiste durch. Art hatte ihr die hintere Autotür aufgehalten und gewartet, bis sie eingestiegen war. Dann hatte er neben Leo, der hinter dem Steuer saß, auf dem Vordersitz Platz genommen. Sie hatte Larry und Bill zugewinkt, die ihnen in einem zweiten Wagen folgten.
    Es hatte zwar aufgehört zu schneien, aber die Straßen waren noch immer matschig und glatt. Sie waren an ein paar Auffahrunfällen vorbeigekommen. Obwohl es noch früh war, wurde es draußen schon dunkel. Deshalb hatte Sunday das Licht eingeschaltet und die Notizen durchgelesen, die sie sich während der Rede des Vorsitzenden gemacht hatte. Und plötzlich hatte es einen Knall gegeben, fast wie eine Explosion. Ja, das mußte es gewesen sein, eine Explosion!
    Sie hatte aufgeblickt. Sie hatten das Kennedy Center bereits passiert und waren fast am Watergate Hotel. Sunday erinnerte sich an Arts Gesicht. Er sah sich durch das Rückfenster nach der Eskorte um. »Tritt aufs Gas, Leo!« rief er.
    Doch dann war seine Stimme immer leiser geworden.
    Sunday wußte nicht, ob er verstummt war oder ob sie nichts mehr gehört hatte, denn auf einmal hatte sie sich entsetzlich schwach gefühlt.
    Sie hatte versucht, sich aufzusetzen. Plötzlich hielt der Wagen an. Die Tür auf der Fahrerseite ging auf. Den Rest hatte sie vergessen.
    Inzwischen war ihr klar, daß sie sich nicht in einem Krankenhaus befand. Es war kein Unfall passiert. Nein, alles war sorgfältig geplant. Sie war entführt worden.
    Aber von wem? Und warum?
    Jedenfalls saß sie in einem feuchtkalten Raum, in dem sie sich wegen der Stoffhülle über ihrem Kopf nicht umsehen konnte. Sie schüttelte den Kopf. Um die Benommenheit zu vertreiben. Die Wirkung des Betäubungsmittels, mit dem die Entführer sie außer Gefecht gesetzt hatten, ließ allmählich nach, aber sie hatte rasende Kopfschmerzen. Man hatte sie fest an einen Stuhl gefesselt, der offenbar aus Holz bestand. War sie allein? Sie war nicht sicher. Sie spürte jemanden ganz in ihrer Nähe. Vielleicht wurde sie beobachtet.
    Auf einmal fielen ihr Art und Leo ein, ihre Leibwächter.
    Waren sie auch hier? Was war mit ihnen geschehen? Sunday wußte, daß die Agenten alles tun würden, um sie zu beschützen. Lieber Gott, hoffentlich sind sie nicht getötet worden, schickte sie ein Stoßgebet zum Himmel.
    Henry! Sicher war er außer sich vor Sorge. Oder wußte er noch gar nichts von ihrem Verschwinden? Wie lange war es her? Seit ihrer Entführung konnten ein paar Minuten oder auch einige Tage verstrichen sein. Aus welchem Grund war sie nur verschleppt worden? Wenn es um Geld ginge, würde Henry die geforderte Summe gewiß bezahlen. Sunday ahnte allerdings, daß Geld nicht das Thema war.
    Sie erstarrte. Es war wirklich noch eine Person im Raum! Sie hörte Atemzüge, die immer näher kamen. Jemand beugte sich über sie. Dicke Finger betasteten
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