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Und tot bist du

Und tot bist du

Titel: Und tot bist du Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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aufdringlich den dicken Stoff über ihrem Gesicht, strichen ihren Hals entlang und packten sie am Haar.
    Eine leise, heisere Stimme flüsterte kaum verständlich:
    »Alle suchen nach Ihnen, genau wie ich es mir dachte. Ihr Mann. Der Präsident. Der Geheimdienst. Inzwischen schnüffeln sie überall herum. Doch sie sind wie blinde Mäuse und haben keine Chance, Sie zu finden. Wenigstens nicht, bis die Flut kommt. Und dann ist es zu spät.«
    Auf dem Flug nach Washington sprach Henry kein Wort.
    Er saß allein in seinem Privatabteil der Maschine und zwang sich, alles, was er über Sundays Entführung wußte, noch einmal genau zu durchdenken. Was konnte man aus den Fakten schließen? Er mußte sich zusammenreißen und die Lage nüchtern analysieren, wie er es während seiner Amtszeit in so vielen Krisensituationen getan hatte. Er durfte sich nicht von seinen Gefühlen leiten lassen, sondern nur von seinem Verstand – kalt und präzise wie ein Chirurg.
    Doch dann fiel Henry bedrückt ein, daß kein Chirurg jemals seine eigene Frau operieren würde, außer im absoluten Notfall, da die persönliche Betroffenheit seine Urteilsfähigkeit trüben konnte.
    Eine Gedichtzeile fiel ihm ein: »Diese sterblichen Hände lagen wie Musik um deine Kehle, um der Liebe willen.
    Doch die Musik der Seele ist so zart und nicht zu fassen…« Er hatte keine Ahnung, von wem diese Worte stammten, aber er war überzeugt, daß sie ihm eine Antwort auf seine Frage geben konnten.
    Er dachte daran, wie Sunday oft einschlief, während er manchmal noch stundenlange im Bett die Zeitungen studierte. Hin und wieder döste sie sogar ein, wenn er ihr vorlas oder einen besonders ärgerlichen Artikel zitierte.
    Erst letzten Sonntag abend hatte er ihr unbedingt etwas erzählen wollen, aber festgestellt, daß sie bereits schlief.
    Er hatte ihr den Hals gestreichelt und gehofft, sie würde vielleicht wieder aufwachen, um ihm zuzuhören.
    Aber sie hatte nur geseufzt und sich umgedreht. Ihre Hände waren unter dem Kopf verschränkt, das blonde Haar lag ausgebreitet auf dem Kissen. Sie sah so wunderschön aus, daß er sie fast eine halbe Stunde lang wie verzaubert betrachtet hatte.
    Am nächsten Morgen vor ihrem Abflug nach Washington hatten sie zusammen gefrühstückt. Henry hatte sie wegen ihres schläfrigen Desinteresses gehänselt. Lachend hatte sie geantwortet, sie habe schon immer einen guten Schlaf gehabt. Wahrscheinlich liege das an ihrem guten Gewissen. Also hätten seine Einschlafschwierigkeiten vermutlich ihre Gründe, hatte sie mit einem spitzbübischen Grinsen hinzugefügt.
    Er hatte gewitzelt, das alles sei ganz allein ihre Schuld.
    Er sei eben so verrückt nach ihr, daß es ihm wie Zeitverschwendung vorkäme, in ihrer Gegenwart auch nur ein Auge zuzutun. »Keine Sorge, wir haben doch noch so viele Jahre vor uns«, hatte sie lächelnd gesagt.
    Henry schüttelte den Kopf. Hatte das Schicksal es anders gewollt? Oh, Sunday, werde ich dich je wiedersehen?
    dachte er bedrückt und wurde überwältigt von seinen Gefühlen.
    Schluß damit! schalt er sich. Wenn du herumhockst wie ein Trauerkloß, bekommst du sie auch nicht zurück. Er drückte einen Knopf auf seiner Armlehne. Wenige Minuten später saßen ihm Marvin und Jack gegenüber.
    Am liebsten hätte er es gesehen, wenn Marvin Klein in New Jersey geblieben wäre, falls die Entführer dort anriefen. Aber Marvin hatte ihn so lange angefleht, ihn mitzunehmen, bis er schließlich nachgegeben hatte.
    »Ich muß bei Ihnen sein, Sir«, hatte Marvin widersprochen. »Sims wird sich ums Telefon kümmern und uns jeden Anruf sofort weitergeben.«
    »Sie wissen, daß Sie sich auf mich verlassen können, Sir«, hatte Sims gesagt, der seit Henrys zehntem Geburtstag vor vierunddreißig Jahren in Drumdoe als Butler fungierte. Obwohl Tränen in seinen Augen funkelten, war seine Stimme ruhig gewesen wie immer. Henry wußte, daß Sims Sunday sehr gern hatte.
    Inzwischen war er froh, daß er Marvin mitgenommen hatte. Marvin war ein logisch denkender, vernünftiger Mensch, und genau das hatte Henry in diesem Augenblick bitter nötig. Nach seiner Wahl in den Senat vor fünfzehn Jahren hatte er Marvin – damals noch ein junger Praktikant – wegen dieser Qualitäten eingestellt.
    »Die Entführer haben sich nicht mehr gemeldet, Sir«, erklärte Marvin, ohne daß Henry ihn danach gefragt hätte.
    »Die Telefonistin im Finanzministerium, die den bisher einzigen Anruf entgegennahm, hat sich zum Glück sofort an ihren höchsten

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