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Und verfluche ihre Sünden

Und verfluche ihre Sünden

Titel: Und verfluche ihre Sünden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Spencer-Fleming Julia
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er.
    »Schweineschmalz«, antwortete sie, während sie wieder von ihrem Kakao trank. Sie leerte den Becher und sah stirnrunzelnd hinein. »Ohne Schweineschmalz schmeckt es nicht.« Er bemerkte, dass ihr Virginia-Akzent deutlicher hervortrat. Sie nahm einen Löffel vom Trockengestell, rührte in der Pfanne und goß sich mehr heißen Kakao in ihren Becher. Sie schraubte den Schnaps auf und fügte einen großzügigen Schuss hinzu.
    »Meinst du nicht, du solltest es ein wenig langsamer angehen lassen?«
    Sie drehte sich zu ihm um. Stemmte eine Hand in die Hüfte. »Vielleicht sollte ich mich stattdessen damit entspannen, jemanden zu Brei zu schlagen?«
    »Himmel, Clare, du hast ihm doch die Nase gebrochen!«
    »Ich habe mich verteidigt. Wie lautet deine Entschuldigung?«
    Er atmete tief durch, nahm seine Brille ab und polierte sie an seiner Hemdbrust.
    »Ich habe keine.« Er legte seine Brille auf die Kiefernplatte und fuhr sich mit beiden Händen durch die Haare, zog fest daran. »Gott weiß, dass ich mich deswegen elend genug fühle, auch ohne dass du etwas sagst. Wenn es einer meiner Officer gewesen wäre, hätte ich ihn mittlerweile schon suspendiert.« Er zog einen Stuhl heraus und ließ sich darauffallen. »Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist.«
    Er starrte auf seine Hände. Im Schein der Hängelampe konnte er die Narben und Kratzer aller Unfälle erkennen, die er jemals gehabt hatte. Die Knöchel seiner rechten Hand waren rot und geschwollen und schmerzten.
    »Möchtest du Eis?«, fragte sie mit ruhiger Stimme.
    »Nein.« Er krümmte seine Finger zur Faust und öffnete sie wieder. »Ich will, dass es weh tut.«
    Sie seufzte. Er hörte, wie die Pfanne vom Brenner geschoben wurde. Er hörte ihre nackten Füße, als sie über den Boden lief. Dann legte sich ihre Hand auf seine, leicht und warm. »Warum bist du hergekommen, Russ? Absolution?«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich wollte … mich vergewissern, dass es dir gutgeht.« Er verschränkte seine Hände auf dem Tisch und starrte sie an.
    Sie zögerte einen Moment, dann berührte sie sein Haar, ihre Finger streichelten es, wie man eine Katze streichelt.
    »Es tut mir leid«, sagte er. »Ich schätze, da war …«
    Sie ließ ihm Zeit, den Satz zu beenden, aber er hatte keine Ahnung, was er sagen wollte. Sie seufzte wieder. »Ich kann deine Probleme nicht lösen, Liebster, ich bin ein Teil davon.«
    Jetzt sah er zu ihr auf. »Nein«, erwiderte er. »Niemals. Es liegt an mir. Ich habe mich … festgefahren. Ich bin wie ein alter Lastwagen, der bis zu den Kotflügeln im Schnee steckt. Ich setze vor und zurück, doch nichts ändert sich, lockert sich, und die ganze Zeit ist mir kalt, innen und außen. Ich fühle nur etwas, wenn ich zornig bin. Und das jagt mir eine Scheißangst ein.«
    Ihre Hand hörte nicht auf, über sein Haar zu streichen. »Wie fühlst du dich jetzt?«
    Er musterte ihr Gesicht. Ließ einen Moment Gefühle zu. »Nackt. Manchmal jagst auch du mir eine Scheißangst ein.«
    Sie lachte ein bisschen. Er legte die Hände flach auf den Tisch und stemmte sich hoch. Sie trat zurück. »Ich fahre lieber nach Hause«, meinte er. »Ich glaube, ich habe meine tägliche Ration Aufrichtigkeit aufgebraucht.« Er schob den Stuhl zurück an seinen Platz. »Wenn du irgendetwas siehst oder hörst, das dich nervös macht, wähl neun-eins-eins. Und ruf mich an. Wir rücken lieber wegen eines falschen Alarms aus, als dass dir etwas passiert.«
    Sie lächelte schief. »Danke, Chief Van Alstyne.«
    Er bedeckte seine Augen mit der Hand. »Gott, ich bin jämmerlich, stimmt’s?«
    Er spürte, wie sie die Arme um ihn legte. Sie umarmte ihn, etwas, das sie ohne die Hilfe des Schnapses wohl kaum getan hätte.
    »Nein«, erwiderte sie, »du bist ein Mensch. Und eines Tages, wenn du dir das eingestehen kannst, wirst du dich nicht mehr so elend fühlen, weil du nicht alle retten kannst.«
    Er sah sie an, wollte gerade sagen, dass das wie eine verdammt präzise Beschreibung ihrer selbst klang, aber ihr Röntgenblick durchleuchtete ihn, und ihr ostentatives Halblächeln sagte: Ich kenne dich.
    Er gestattete sich kein Nachdenken. Er küsste sie. So leicht und kurz wie einer ihrer Segen. Dankbarkeit und Bitte um Vergebung in einem. Dann hob er den Kopf und betrachtete ihr Gesicht, nach hinten geneigt wie bei dem Überlebenden eines harten Winters im ersten warmen Schein der Frühlingssonne. »Clare«, sagte er mit belegter Stimme. Sie öffnete die Augen, voller Leidenschaft, und in

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