Und verfluche ihre Sünden
tun.
»Wir können das nicht«, sagte sie.
Ihr Duft wehte zu ihm hinüber. »Komm zurück zu mir«, sagte er mit schwerer, belegter Stimme. »Ich zeige dir, wie man es macht.«
Sie setzte sich in einen der Polstersessel, die sich am Couchtisch gegenüberstanden. Die Hand, mit der sie ihren Bademantel zuhielt, zitterte. »Und was passiert, wenn wir morgen früh aufwachen, die Leiche deiner verstorbenen Frau zwischen uns?«
»Jesus Christus!« Er kam ruckartig hoch. Seine Füße, noch immer in Stiefeln, polterten auf den Boden.
»Es ist zu früh, Russ. Selbst wenn wir nicht« – sie machte eine unbestimmte Geste – »diese Schwierigkeiten hätten, wäre es immer noch zu früh. Sie ist erst fünf Monate tot. Es gibt einen Grund, warum die Trauerphase früher ein Jahr gedauert hat. Die Menschen, die mit dem Tod lebten, wussten, dass man Zeit braucht.«
»Worum geht’s hier eigentlich? Willst du mich hinhalten? Warum? Vergeltung? Um zu sehen, ob ich für dich durch jeden beliebigen Reifen springe?«
Sie beugte sich vor, rang und verdrehte die Hände, ließ sie schließlich zwischen den Knien baumeln. Endlich sah sie ihn an. »Ich liebe dich«, sagte sie. »Und Gott weiß, dass ich dich will.« Sie lachte humorlos auf. »Das haben wir wohl gerade bewiesen. Aber ich habe es verdient, dein ganzes Herz zu besitzen.«
»Ich werde nicht aufhören, sie zu lieben, nur weil sie tot ist.« Seine Stimme klang barsch.
»Das weiß ich. Das erwarte ich auch gar nicht von dir. Was ich gemeint habe, ist, dass du mich ganz lieben sollst, nicht mich einerseits wollen und mir andererseits die Schuld an Lindas Tod geben.«
»Ich gebe dir nicht …«, begann er.
»Ach, um Himmels willen!« Sie warf einen kurzen Blick zur Treppe und fuhr mit leiserer Stimme fort. »Können wir nicht wenigstens ehrlich sein? Wenn du nicht angehalten hättest, um mir zu helfen, wenn du nicht bei mir gewesen wärst, würde Linda noch leben.«
Er schüttelte den Kopf.
»Es stimmt.« Sie sprang auf. »Gib es zu! Gib es zu!«
»Verdammt, also gut! Ja! Wenn ich diese gottverdammte Scheune nie betreten hätte, wäre meine Frau noch am Leben.« Er sprang auf und packte ihren Arm. »Aber erkennst du das nicht? Du wärst tot! Du wärst diejenige gewesen, die hätte sterben müssen. Und das bringt mich um. Ich kann es nicht bereuen. Es tut mir nicht leid. Himmel, ich kann mir eine Welt ohne dich nicht vorstellen, Clare. Aber das bedeutet, dass Linda ein akzeptabler Verlust war. Es bedeutet, dass ich dich statt sie gewählt habe.« Er gab ihren Arm frei und presste die Fäuste an die Schläfen. »Wenn du wüsstest, wie oft ich diesen Nachmittag durchdacht habe, wieder und wieder, jede Entscheidung gedreht und gewendet, jedes Wort, das ich gesagt habe … und es ist die reine Hölle. Ich treffe nie, niemals die richtige Entscheidung. Das wird mir nie gelingen. Und wenn ich … wenn ich zu dir komme, mit ausgebreiteten Armen und einem Lächeln im Gesicht, dann ist mir, als würde ich auf ihr Grab spucken.«
Er wandte sich von ihr ab, fuhr sich mit der gesunden Hand durchs Gesicht. Sie wurde feucht. Clare berührte seinen Rücken, drückte ihre Hand flach zwischen seine Schulterblätter. Haut an Haut.
»Nicht«, sagte er, nicht sicher, was er ihr verbot. Liebe mich nicht? Tröste mich nicht? Fass mich nicht an, weil ich nicht weiß, wie viele deiner Berührungen ich ertragen kann, ohne zusammenzubrechen?
»Liebster«, sagte sie. »Du musst eine Therapie machen.«
Es war so ein praktischer Vorschlag, so sehr Clare, dass er beinah gelacht hätte. Stattdessen grunzte er. »Ich brauche keine verdammte Therapie. Ich brauche nur ein wenig Zeit, um mit mir ins Reine zu kommen.«
Ihre Hand löste sich von seiner Haut. »Weil du das so gut kannst.« Ihre Stimme war trocken.
Er betrachtete die gerötete Haut über seinen Knöcheln. Blaue Flecken begannen sich zu entwickeln.
»Ich muss los«, sagte er fast unhörbar. Er lief in die Küche, zog sich sein Hemd über den Kopf und setzte die Brille auf. Die Küche war plötzlich deutlich zu sehen, billige weiße Schränke und warme Kiefer. Während er sich die Jacke überstreifte, hielt er den Blick starr auf den Kalender neben der Tür gerichtet. Eine Gruppe Männer in Togen starrte einander an, mit weit geöffneten Mündern angesichts der Flammen, die aus ihren Köpfen schlugen. Er fragte sich, ob die feurigen Frisuren ein Segen waren oder eine Bestrafung. Er griff nach dem Messingtürknauf. Öffnete der kühlenden
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