Und verfluche ihre Sünden
abfeuerten –, hatten die drei Jahrhunderte alte Gedenkstätte in eine Mischung aus Hindernisparcours und Schlachtfeld verwandelt. Ihr historisches Schauspiel verfügte über wesentlich mehr Explosionen, automatische Waffen und Lichtschwerter, als die wiedererstandenen Fifth Volunteer Highlanders besaßen.
»Wie alt ist er?«
»Neun. Warum?«
Betsy trank einen Schluck Rootbeer, ehe sie antwortete. »Ich möchte schon seit langer Zeit einen Kinderchor in St. Alban’s aufbauen. Als Father Henry noch Pastor war, bot sich einfach keine Gelegenheit. Er war ein wunderbarer Mann, sehr gelehrt, aber er neigte dazu, sich eher auf die älteren Gemeindemitglieder zu konzentrieren, Gott schütze seine Seele. Seit Reverend Clare bei uns ist, sehen die Dinge ein bisschen anders aus.«
Hadley fragte sich, ob die Chorleiterin schon von dem Überfall in der Kirche am Freitagabend gehört hatte. Reverend Clare hatte ihn heute bei der Morgenmesse nicht erwähnt; man hatte ihr nichts angemerkt, abgesehen vielleicht von dem verletzten Ausdruck in ihren Augen, der Hadley womöglich nicht aufgefallen wäre, wenn sie nicht von Deputy Chief MacAuley von der Verhaftung der Christies gewusst hätte.
»In den letzten Jahren sind ein paar Familien dazugekommen, und endlich haben wir genug Kinder im richtigen Alter, um einen Versuch zu wagen. Was meinen Sie?«
»Hm? Wozu?«
»Glauben Sie, Hudson könnte Lust haben, bei einem Jugendchor mitzumachen?«
Hadley stellte sich ihren Jungen in einem dieser Chorhemden vor, die sie beim Weihnachtssingen gesehen hatte. Sie fand sie toll, aber sie wusste, dass sie ihn nie dazu bringen würde, etwas mit Spitzenkragen anzuziehen. »Was müsste er anziehen?«
Betsy wirkte überrascht. »Äh, eine Art Kittel, dasselbe wie der Erwachsenenchor. Mit einem Überwurf für besondere Anlässe.«
Hadley dachte einen Moment nach. Sie selbst war nicht scharf auf außerplanmäßige Aktivitäten, aber sie wollte, dass Hudson und Genny integriert wurden, Freunde fanden, sich in ihrer neuen Stadt einlebten.
»Wie sähe denn der Übungsplan aus? Ich möchte nicht, dass ihn etwas von den Hausaufgaben ablenkt. Wir sind noch dabei, mit dem Schulwechsel mitten im Jahr fertig zu werden.«
»Wir beginnen auf keinen Fall vor dem Herbst«, versicherte Betsy ihr. »Und dann wäre es eine Stunde, entweder Mittwochnachmittag oder abends, je nachdem, was für den Großteil der Eltern am besten ist. Und er müsste immer eine Stunde vor der Zehn-Uhr-Messe da sein.«
Das ließ sich einrichten. »Okay«, sagte sie. »Er macht mit. Aber machen Sie mir keine Vorwürfe, falls sich herausstellt, dass er unmusikalisch ist.«
»So etwas gibt es nicht«, antwortete Betsy voller Überzeugung.
»Hallo, ihr zwei.« Hadley und Betsy drehten sich um und sahen Reverend Clare auf sich zukommen, die in ihrer ärmellosen Bluse und den Shorts eher wie eine durchtrainierte Fußballmutti als eine Pastorin wirkte. »Hat eine von Ihnen Cody Burns gesehen?«
Betsy schüttelte den Kopf.
»Ein kleiner Junge mit dunklen Locken?«, fragte Hadley. »Zwei, zweieinhalb Jahre alt?«
»Das ist er.« Reverend Clares Miene entspannte sich.
»Ich habe ihn vor einiger Zeit mit den anderen Kindern bei den Grabsteinen spielen sehen, aber das ist schon eine Weile her.«
Die Entspannung schwand. Die Pastorin murmelte etwas in sich hinein, von dem Hadley und Betsy so taten, als hätten sie es nicht gehört. »Kommen Sie«, sagte sie grimmig. »Wir müssen ihn finden.«
Hadley konnte sehen, wie sich die Nachricht auf dem weiten, rasenbewachsenen Feld verbreitete; Leute standen erst in Gruppen beieinander und trennten sich dann und liefen auseinander, suchten den Horizont ab. Picknickteilnehmer öffneten ihre Kühlboxen und sahen hinein. Im Zeltlager der Soldatendarsteller wurden die militärischen Übungen abgebrochen, und nach einem kurzen Durcheinander von Wollumhängen und rechteckigen Tornistern begannen die Soldaten durch ihre Leinwandzelte zu kriechen.
»Los, Autos überprüfen«, rief jemand, und mehrere Männer liefen zum Rand des Feldes, wo die Wagen der Gemeinde St. Alban’s abseits der schmalen Landstraße in einer unordentlichen Reihe parkten.
Hadley folgte Clare zu den Bäumen des Waldes, die sich über den Sammelplatz streckten und tiefe Schatten über die verwitterten Grabsteine warfen. Sie musterte die Mauer, das praktische Ergebnis der reichen Ernte an Steinen, die sich auf jedem Feld fand. An einigen Stellen war sie bis auf ein paar glatte
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