Und verfluche ihre Sünden
Chief. Wegen dieser Leichen …«
»Kein Kommentar«, sagte Russ.
»Können Sie bestätigen, dass es sich um aktuelle Leichen handelt, nicht um historische?« Alle paar Jahre pflügte jemand über eine vergessene Begräbnisstätte aus dem achtzehnten Jahrhundert.
»Kein Kommentar«, sagte Russ.
»Können Sie bestätigen, dass sie sich in der Obhut der Rechtsmedizin befinden, weil eine Mordermittlung läuft?«
»Kein Kommentar.«
Die nicht enden wollende Reihe von Abfuhren erzeugte einen Krampf in Russ’ Kiefer, doch Beagle steckte sie ein, ohne seine Heiterkeit einzubüßen.
»Können Sie etwas zu einer Verbindung zwischen den beiden nicht identifizierten Leichen, die am Sonntag entdeckt wurden, und der Leiche, die am Freitag davor gefunden wurde, sagen?«
Er schaffte es, sich zusammenzureißen und Beagle nicht anzuherrschen, woher, zum Teufel, er diese Information hatte. Doch in seinem Gesicht zeigte sich offensichtlich etwas davon, denn der Blick des Reporters wurde wachsamer. »Meines Wissens war der – ah, ja, Joe Friday ein Latino. Ziemlich ungewöhnlich in diesem Teil des Staates. Halten Sie es für möglich, dass es sich um ein rassistisch motiviertes Verbrechen handelt?«
Clares Augenbrauen zogen sich sorgenvoll zusammen. »Sie meinen, jemand hat es auf Latinos abgesehen?«
»Oder Wanderarbeiter.« Beagle biss auf seinen Kuli, als wollte er die Möglichkeit betonen. »Es wäre nicht das erste Mal. In den zehner und zwanziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts war diese Gegend eine Brutstätte des KKK. Gewalt gegen Iren, Katholiken und Wanderarbeiter war an der Tagesordnung.«
»Sie machen Witze!« Sie wirkte erschüttert. »Russ?«
»Kein. Kommentar.«
Sie holte Luft, hätte ihn am liebsten geschlagen, riss sich aber zusammen. Sie sah erst Beagle an, dann Russ. Ihre Augen wurden schmal. Wir sprechen uns später. Er war nicht sicher, ob es sich um ein Versprechen oder eine Drohung handelte. »Ich muss los«, verkündete sie. »Es war schön, Sie wieder mal zu treffen, Mr. Beagle.«
»Bitte.« Der Reporter ergriff ihre Hand: »Nennen Sie mich Ben. Wir sollten mal mittags essen gehen und über eine Homestory reden. Ein Tag im Leben einer Pastorin.«
Clare lächelte argwöhnisch. »Ich glaube, in St. Alban’s gibt es nicht vieles, was einen investigativen Reporter interessieren könnte.«
Beagle hielt noch immer ihre Hand. »Wir machen eine menschelnde Geschichte. Herzerwärmend. Herzerwärmendes verkauft sich gut.« Er grinste sie an. »Nicht so gut wie Verbrechen und Autounfälle, aber – da wir in Washington County sind – daran haben wir immer einen Mangel.«
Clare wirkte amüsiert. Russ fiel auf, dass der Reporter ihr vom Alter her wesentlich näher war als er selbst, und dass Beagle vermutlich sogar Anziehungskraft besaß – für manche Frauen. Vielleicht wie ein schmuddeliger Plüschteddy, den man auf dem Jahrmarkt gewonnen hatte.
»Wolltest du nicht los?«, fragte er. Es kam barscher heraus, als er beabsichtigt hatte.
Sie erstarrte. Dann lächelte sie Beagle strahlend an. »Das würde mir gefallen, Ben. Rufen Sie mich an.« Sie zog ihre Hand zurück und marschierte, ohne einen Blick zu Russ, zu ihrem Auto.
»Auf Wieder sehen«, rief er. Sie winkte kurz, ohne sich umzudrehen.
»Was für eine Frau«, seufzte Beagle.
Russ grunzte.
Ben klickte erneut mit seinem Kuli und drehte sich zu Russ. »So, Chief. Können Sie mir irgendwelche Informationen über den Serienmörder geben, der die Gegend von Millers Kill heimsucht?«
VII
POLIZEI GLAUBT NICHT AN SERIENMÖRDER lautete die Schlagzeile. Hadley nahm die Zeitung vom Küchentisch, wo Hudson sie hingeworfen hatte – es war seine allmorgendliche Pflicht, den Post Star für seinen Großvater hereinzuholen –, ehe er wieder nach oben gerannt war, um seinen Rucksack zu holen.
Der Polizeichef von Millers Kill, Russel Van Alstyne, verweigerte jeden Kommentar zu der Möglichkeit, dass ein Serienmörder für die drei Mordopfer verantwortlich sein könnte, die im Lauf der vergangenen Woche in Cossayuharie entdeckt wurden, obwohl die Fälle starke Ähnlichkeiten aufweisen.
Hadley schüttelte den Kopf. Der Chief würde einen Herzanfall bekommen, wenn er das sah.
Apropos … sie holte Großvaters Tabletten aus dem Schrank, schraubte den komplizierten Verschluss auf und schüttete seine tägliche Ration in einen Becher neben der Kaffeemaschine. Er hatte sie trotz ihres Drängens nicht regelmäßig genommen, deshalb versuchte sie
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