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Und verfuehre uns nicht zum Boesen - Commissaris van Leeuwens zweiter Fall

Und verfuehre uns nicht zum Boesen - Commissaris van Leeuwens zweiter Fall

Titel: Und verfuehre uns nicht zum Boesen - Commissaris van Leeuwens zweiter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus Cornelius Fischer
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Internet gestellt hatten, und sie waren nicht betrunkenoder bekifft gewesen, und Van Leeuwen schaltete weiter zu einem freundlichen Banker im Nadelstreifenanzug, der gerade den größten Firmengewinn seit Jahren verkünden konnte und deswegen dreitausend Mitarbeiter entlassen musste, und schließlich landete Van Leeuwen bei einem Zeichentrickfilm für Kinder, in dem ein freundliches japanisches Mädchen tief fliegende Angreifer aus dem Weltall einäscherte, und zu guter Letzt gab es wieder Nachrichtenbilder von israelischen Kampfjets, die Raketen auf ein Auto inmitten einer dicht gedrängten Menge wütender junger Palästinenser abfeuerten, weil kurz vorher eine wütende junge Frau in einer Burka sich selbst und ein Dutzend andere Frauen, Männer und Kinder in die Luft gesprengt hatte, und irgendwann dachte Van Leeuwen, es könnte nicht schaden, das Glas samt Inhalt auf den Fernsehapparat zu werfen, aber dann schaltete er den Apparat lieber aus und trank den Wein.
    Die Flasche war fast leer. Van Leeuwen stand auf, schaltete das Licht aus und ging im Dunkeln in die Küche. Er stellte die Flasche auf den Tisch. Im Stehen leerte er das letzte Glas. Das Fenster zum Hof stand einen Spaltbreit offen, und er lauschte den ersten Windstößen, die sich zwischen den Mauern fingen. Er hörte, wie ein Stockwerk tiefer ein Fenster zuknallte, dann noch eins im Haus auf der anderen Seite des Hofs. Es wird Zeit für ein Gewitter, dachte er. Aber was war ein Gewitter ohne Simone, die sich mit ihm daran freute?
    Der Commissaris schaute auf die Uhr. Es war kurz nach eins, die Zeit, in der Amir vor drei Tagen den Tod gefunden hatte. Van Leeuwen versuchte, sich vorzustellen, was in jener Nacht vor drei Tagen in Noord passiert war.
    Er sah das Hausboot vor sich und das Blut auf den Decksplanken und im Kielraum. Er sah auch das Blut auf dem Asphalt vor dem Boot und die Spritzer, die in einem Halbkreis hinunter-und wieder hinaufführten. Es war eine heiße Nacht, heiß für Amsterdam. Auf dem Boot brannte kein Licht, und auch die Luken der anderen Boote waren dunkel. Der Weg längs des Kanals lag ausgestorben im schwachen Schein der wenigen Laternen. Das schwarze Laub derBäume hinter dem Maschendrahtzaun auf der gegenüberliegenden Seite der Straße rauschte im Wind. Das Schwein in seinem Verschlag war nur ein schwarzer Hügel auf dem schmutzigen Boden, und auch die Hühner schliefen längst.
    Wo war das Opfer, wo war Amir Singh? Versteckte er sich auf dem Hausboot, im Dunkeln, damit niemand wusste, dass er da war? Aber jemand musste wissen, wo er sich versteckte. Jemand musste gesehen haben, wie er an Bord gegangen war. Van Leeuwen stellte sich vor, wie der junge Inder hinter einem der Fenster kauerte und den von Büschen verdeckten Weg im Auge behielt, mit wild rasendem Herzen, weil er jeden Moment damit rechnete, dass seine Mörder auftauchten.
    Oder hatte Amir gar nicht damit gerechnet, in dieser Nacht entdeckt zu werden? War er hier nur untergekrochen, um Zeit zu gewinnen, Zeit für sich und Carien, die er nicht in Gefahr bringen wollte? Hatte er sich schon schlafen gelegt, und wurde er im Schlaf vom Täter überrascht? Dem ersten Täter, der mit einem Messer mit einer ungewöhnlich kurzen Klinge wie wahnsinnig auf ihn eingestochen hatte und dann weggegangen war, als sein Opfer sich nicht mehr rührte?
    Das ganze Blut: Der Täter hatte das Blut gesehen und gedacht, sein Opfer sei tot, natürlich hatte er das gedacht. Er musste selbst voll Blut gewesen sein, aber er hatte keine Fingerabdrücke hinterlassen, nur die Fußspuren von Turnschuhen der Größe 42 oder 38. Und offenbar hatte er das Messer auch nicht weggeworfen, sonst hätte nicht eine Viertelstunde später der zweite Täter mit derselben Waffe das Werk vollenden können.
    Oder hatte er das Messer doch fallen lassen, irgendwo am Ufer, wo der zweite Täter es finden konnte? War er ruhig gegangen oder gerannt? In welche Richtung, den schmalen Weg hinauf oder hinunter, mit dem Blut auf seiner Kleidung? Warum hatte ihn niemand gesehen?
    Noch immer war kein Blut auf dem Asphalt und dem Bootssteg, und als Van Leeuwen sich den Maschendrahtzaun noch einmal vorstellte, entdeckte er auch keine roten Lacksplitter, weder am Zaunnoch auf der Erde davor. Nirgendwo lag ein Messer mit schmutziger Klinge. Vielleicht hatte der erste Täter es nicht an Land weggeworfen, sondern schon an Bord, neben der Leiche, und der zweite Täter hatte es dort gefunden.
    Hatte der zweite Täter den ersten

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