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Und verfuehre uns nicht zum Boesen - Commissaris van Leeuwens zweiter Fall

Und verfuehre uns nicht zum Boesen - Commissaris van Leeuwens zweiter Fall

Titel: Und verfuehre uns nicht zum Boesen - Commissaris van Leeuwens zweiter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus Cornelius Fischer
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sie. Er ist sehr mächtig und sehr reich.«
    »Und bei dem hat Amir Singh gearbeitet?«, fragte Gallo.
    »Ich glaube. Es tat mir leid, dass ich Amir damals entlassen musste, und deshalb war ich froh, als Sharma anrief. Ich habe gesagt, Amir ist sehr fleißig, sehr zuverlässig, ja, und ein guter Sikh.«
    »Wo steht denn dieser Palast?«, wollte der Commissaris wissen.
    »Ah ja, auf der anderen Seite des IJ«, sagte Kapur. »In Noord.« Er warf einen Blick an Van Leeuwen vorbei zum Eingang, wo drei Männer und eine junge Frau die Treppe herunterkamen. »Gäste! Mijnheer Commissaris, das ist alles, was ich Ihnen sagen kann, alles, was wir über Amir wissen. Frau Kapur muss sich um die Gäste kümmern, und ich habe dringende Pflichten in der Küche.«
    »Sind Sie allein in der Küche? Haben Sie sonst kein Personal?«, erkundigte sich Gallo.
    »Ah doch, einen Hilfskoch und einen Kellner, aber beide kommen erst am Abend –«
    »Wir brauchen ihre Namen und die Adressen«, sagte Brigadier Tambur.
    »Bitte, die Gäste ...«
    »Wo waren Sie in der Nacht von Freitag auf Samstag zwischen Mitternacht und drei Uhr morgens?«, fragte Van Leeuwen.
    »Warum wollen Sie das wissen?« Kapurs Überraschung war so echt wie keine andere Reaktion seit Beginn der Befragung. »Ich war hier, mit Frau Kapur und den anderen. Es waren auch noch einige Gäste da.«
    »Wann haben Sie das Lokal verlassen?«
    »Ah ja, um eins, halb zwei.«
    »Wie sind Sie nach Hause gekommen?«
    »Mit dem Wagen.«
    »Was fahren Sie für einen Wagen? Welche Farbe hat er?« »Einen gelben Fiat.«
    »Sie haben uns sehr geholfen, Mijnheer Kapur«, sagte der Commissaris. »Ich möchte mich bloß noch kurz in Ihrer Küche umsehen.«
    »In der Küche? Was wollen Sie denn da anschauen?«
    »Messer.«
    Als Kapur und Van Leeuwen an dem Fernsehapparat mit den übersteuerten Farben vorbeigingen, erschien gerade der Hoofdcommissaris in seiner bis zum Hals zugeknöpften dunkelblauen Uniform auf dem Bildschirm. Er sprach in die Mikrofone, die ihm entgegengehalten wurden, und sein schweißglänzendes Gesicht schillerte in acht verschiedenen Rottönen. Es sah aus wie ein tropischer Sonnenuntergang. Auch die Gesichter der Reporter, zu denen er sprach, sahen aus wie tropische Sonnenuntergänge, allerdings schwitzten sie nicht.
    Die Küche des Shere Punjab war klein und sauber. Die Töpfe und Pfannen blitzten, der Herd war auf Hochglanz geputzt, und an einer Magnetschiene über dem Herd hing eine ganze Batterie verschieden langer Messer nach Größe geordnet: Kochmesser, Schinkenmesser, Tranchiermesser, Brotmesser, Obstmesser, Fischmesser, Filiermesser, Gemüsemesser, Ausbeinmesser; Messer, um Fleisch zu schneiden, Fisch zu schuppen, Gemüse zu raffeln, Zwiebeln zu hacken.
    Reis, Nudeln, Hirse und Kartoffeln standen in Schalen und Siebenauf einem großen Holztisch, und Fisch und rotes und weißes Fleisch lag gewürzt zum Braten, Schmoren oder Dünsten bereit. In den Regalen befanden sich Gewürze in beschrifteten Dosen: Zimt, Koriander, Curry, Ingwer, Pfeffer, Paprika. Ein Tonofen strahlte Hitze aus, und in einem Topf auf dem Herd kochte Wasser. Die Bollywood-Schlagermusik aus dem Gastraum drang kaum bis in die Küche.
    Van Leeuwen deutete auf die Magnetschiene mit den Messern und fragte: »Haben Sie keins von den ganz kurzen, die mit den Vogelschnabelklingen aus Solinger Stahl?«
    »Vogelschnabelklingen?« Kapur schürzte die Lippen und nahm die Messer genau in Augenschein, während er sich die Schürze wieder umband. »Diese Messer sind alle aus Solinger Stahl. Gute Messer. Was wollen Sie schneiden mit einem Vogelschnabel? Wozu braucht man so was?«
    »Zum Schälen«, sagte Van Leeuwen.
    »Das sind alle Messer, die ich habe«, sagte Kapur. »Alle, die man in einer guten Küche braucht.« Er hielt plötzlich inne, die Hände im Rücken. »Warum stellen Sie all diese Fragen? Was hat Amir angestellt? Er ist kein schlechter Mensch, und eines Tages wird er wieder Glück haben ...«
    In einem anderen Leben vielleicht, dachte Van Leeuwen, in dem anderen Leben, in dem wir alle Glück haben. Er blickte hinüber zur Durchreiche, an der Kapurs Frau auftauchte und ihren Mann mit einem Schwall indischer Worte überschüttete, und plötzlich sah er Amir neben ihr stehen.
    Der tote Inder trug eine weiße Jacke und darunter eine weiße Hose und ein hellgelbes Hemd, und alles war voller Blut. Er hielt ein Tablett mit benutzten Tellern in den Händen. An einem der Handgelenke schimmerte der

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