Und verfuehre uns nicht zum Boesen - Commissaris van Leeuwens zweiter Fall
glücklich. »So wird in Solingen der Feinschliff der Klinge genannt. Die aufwendigste Stufe der Pließttechnik ist das Blaupließten. Dabei wird der Stahl in mehreren Durchgängen Stufe und Stufe mit Schmirgelleder immer feiner geschliffen. Eine blaugepließtete Klinge erkennen Sie daran, dass sie schrammenrein glänzt und im Licht leicht bläulich spiegelt.«
»Fünf Zentimeter, das ist nicht sehr lang«, sagte Van Leeuwen. »Was schält man denn mit so einem Messer?«
»Obst, Gemüse, Gewürze –«
»Was für Gewürze?«
»Zimt, zum Beispiel.«
»Wieso gerade Zimt?«
»Weil wir in einigen der Wunden des Toten mikroskopisch kleine Spuren von Zimt gefunden haben«, beendete Holthuysen seinenfrühmorgendlichen Vortrag mit einer Information, die den vorangegangenen Erkenntnissen erst die richtige Würze verlieh.
»Es handelt sich also um ein Schälmesser mit Kirschbaumgriff und einer etwa fünf Zentimeter langen Stahlklinge, die an der Spitze wie ein Vogelschnabel gebogen ist. Das Messer unter anderem zum Zimtschälen benutzt wird«, erklärte der Commissaris eine Viertelstunde später, als Hoofdinspecteur Gallo und Brigadier Tambur eingetroffen waren und sie ihre erste Lagebesprechung abhielten.
»Wo benutzt man denn solche Schälmesser?«, fragte Julika.
»Auf Sri Lanka bei der Zimternte wahrscheinlich«, sagte Gallo.
»Und in Restaurantküchen«, sagte Van Leeuwen. »Carien Dijkstra hat mir erzählt, dass Amir nach seiner Ankunft als Kellner gearbeitet hat.«
»Dann nehmen wir uns jetzt also alle Restaurants vor, in denen mit Zimt gewürzt wird? Hat diese Carien nicht zufällig erwähnt, um welche Lokale es sich handelt? Vielleicht war er da später mal mit ihr essen, um ihr zu zeigen, wo er sich in der Küche geschunden hat ...«
Van Leeuwen sagte: »Sie hat zwei erwähnt, das Shere Punjab in der Nähe vom Leidseplein und das Taj Mahal an der Herengracht.«
»Hat die Spurensicherung noch was gefunden?«, erkundigte sich Gallo. Er deutete auf den abschließenden Bericht des Technischen Dienstes auf Van Leeuwens Schreibtisch.
»An Amir oder am Tatort?«, fragte Van Leeuwen.
»An beidem.«
»Spuren von Gewürzen«, sagte der Commissaris, während er den Bericht überflog. »Exotischen Gewürzen, um genau zu sein.«
»Am Tatort?«
»An ihm.«
»Was für Gewürze?«
»Zimt in einigen Wunden, außerdem Curryblatt und Koriander in der Kleidung.«
»Zimt in den Wunden?«, wiederholte Julika.
»So ist es«, verkündete Van Leeuwen. »Des Weiteren hat die Spurensicherung bei dem Drahtzaun außer den abgesprungenenmagentaroten Lackplättchen noch einen Splitter gefunden, der offenbar zu einer Blinkerverglasung gehörte. Typ und Fabrikat der Verglasung ermöglichten es ihnen, den Splitter einer Automarke zuzuordnen. Falls der Mörder in dem Wagen gesessen haben sollte, von dem die Lackspuren stammen, suchen wir einen magentaroten Mercedes Baujahr 2000.«
»Weiß der Ayatollah was von dem Messer, dem Mercedes oder den Gewürzen?«, fragte Hoofdinspecteur Gallo. »Müssen wir damit rechnen, dass er bei seinem nächsten Fernsehauftritt die ganzen Niederlande an unseren Ermittlungsinterna teilhaben lässt?«
»Er weiß weder etwas von den Gewürzen noch von dem Mercedes oder dem Messer«, antwortete der Commissaris. »Er weiß, dass der Name des Toten Amir Singh ist und dass er vielleicht ein Sikh war, vielleicht aber auch nicht –«
»Hast du nicht gesagt, alle Sikhs hießen Singh? Also wenn Amirs Nachname Singh ist, dann muss er doch Sikh sein.«
»Es gibt auch Hindus, die Singh heißen«, warf Julika ein. »Bei uns im Haus wohnt eine Familie Singh aus Kalkutta, im vierzehnten Stock, das sind keine Sikhs.«
»Darüber hinaus«, nahm der Commissaris den Faden wieder auf, »weiß Joodenbreest, dass Amir Singh legal ins Land gekommen ist, aber aufgrund illegaler Aktivitäten im Gefängnis gesessen hat. Er weiß auch, dass Amir nach seiner Entlassung mit einer jungen Niederländerin namens Carien Dijkstra zusammenlebte, die seinen Tod nur schwer verkraftet. Was er nicht weiß, ist, dass ein unbekannter Mann, wahrscheinlich ein Niederländer, Singh unter Druck gesetzt hat –«
»Konnte Carien Dijkstra den Mann beschreiben?«, fragte Julika.
»Ja, aber mit der Beschreibung lässt sich wenig anfangen. Groß und dünn, Jeans und Lederjacke, Baseballkappe, außerdem eine Art Oberlippenbart und eine Sonnenbrille, die er auch in der Videothek nicht abgenommen hat.«
»Könnte ein Drogendealer gewesen
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