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Und verfuehre uns nicht zum Boesen - Commissaris van Leeuwens zweiter Fall

Und verfuehre uns nicht zum Boesen - Commissaris van Leeuwens zweiter Fall

Titel: Und verfuehre uns nicht zum Boesen - Commissaris van Leeuwens zweiter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus Cornelius Fischer
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sein«, sagte Gallo. »Oder ein Drogenfahnder«, ergänzte Julika.
    »Vielleicht gibt es ihn auch gar nicht«, sagte Gallo. »Vielleicht hatsie ihn erfunden und deshalb die Beschreibung absichtlich so vage gehalten. Vielleicht hat sie ihren Amir ermordet, und der Unbekannte dient nur zur Ablenkung. Oder vielleicht ist er ihr dabei auch zur Hand gegangen.«
    »Du denkst, es geht um Leidenschaft, Eifersucht und gekränkte Seelen voller Hass?«, fragte Julika spöttisch. »Eine Bollywood-Telenovela im Herzen Amsterdams?«
    »Vielleicht«, sagte Gallo.
    Van Leeuwen sagte: »Nein, dann hätte sie gar nicht erst von ihm angefangen. Setzen wir mal voraus, dass sie die Wahrheit gesagt hat und dass es ihn gibt. Dann müssen wir uns fragen, woher Amir Singh ihn kannte und womit der Mann ihn unter Druck setzen konnte. Wo sind sie sich begegnet? Im Gefängnis? Davor? Vielleicht schon auf dem Schiff?«
    »Könnte es der Besitzer des Hausboots gewesen sein?«, fragte Julika.
    »Wenn Cariens Beschreibung stimmt, nicht«, antwortete der Commissaris. »Außerdem haben die Kollegen in Noord sein Alibi überprüft, er war zur Tatzeit tatsächlich nicht in Holland.«
    »Das bedeutet nur, dass er nicht der Mörder gewesen ist«, wandte Julika ein. »Als Erpresser kommt er doch trotzdem in Frage, wenn man bedenkt, wie zuverlässig Zeugenbeschreibungen im Allgemeinen so sind. Schließlich muss das eine mit dem anderen nicht unbedingt etwas zu tun haben, ich meine, Carien hatte gerade erst vom Tod ihres Geliebten erfahren, dem Vater ihres Kindes. Wenn man den Schock bedenkt, unter dem sie in dem Moment gestanden haben muss ...«
    Van Leeuwen nickte schweigend. Er sah zum Fenster hinüber, auf den hellen Tag hinter der Jalousie. »Menschen sind wie Planeten«, sagte er. »Wenn man sie aus der Bahn bringt, gibt es eine Katastrophe. Alles gerät durcheinander, und das Chaos bricht aus.«
    »Sprechen Sie von Amir oder Carien?«, fragte Julika.
    »Von uns allen«, sagte Van Leeuwen.

7
    Das Shere Punjab lag in einer Seitenstraße der Leidsestraat am Ufer der Prinsengracht. Die Tür stand offen, und aus dem klimatisierten Gastraum im Souterrain drang indische Musik die Treppe herauf. Es roch nach frisch gebackenem Ofenbrot, heißer Asche, Curry und gekochtem Huhn. Hinter der Durchreiche zur Küche klirrten Töpfe. Im Halbdunkel warteten kleine, sauber gedeckte Tische auf den Beginn der Mittagspause in den Geschäften und Büros der Nachbarschaft. Jeder Tisch war mit einer Mohnblume in einer schlanken Messingvase geschmückt.
    Eine Frau mit einem roten Punkt auf der Stirn stand neben einer kleinen Theke und entzündete einen Docht unter einem Glasschälchen mit Aromaöl. Ihr Haar, im Nacken zu einem braunen Knoten gebunden, zeigte erste Spuren von Silber. Sie trug einen ochsenblutfarbenen Sari, der mit grünen Perlen bestickt war, zwei Farben, die sich überall im Raum wiederfanden, im Muster der Tapeten, im Polster der Stühle, in den Teppichen. An ihrem linken Handgelenk schimmerte ein stählerner Armreif.
    »Ein Tisch für drei Personen, Mijnheer?«, fragte sie.
    »Wir sind nicht zum Essen hier, Mevrouw«, sagte der Commissaris und zeigte ihr seinen Ausweis. »Commissaris van Leeuwen vom Hoofdbureau van Politie; das sind Hoofdinspecteur Gallo und Brigadier Tambur.«
    Erschrocken sah die Frau zu ihm auf. »Wir sind gute Bürger. Wir haben nichts zu tun mit der Polizei. Unsere Papiere sind immer in Ordnung, keine Beanstandung, kein illegales Personal. Ich zeige Ihnen die Küche, alles sauber –«
    »Gehört Ihnen dieses Lokal?«, fragte der Commissaris.
    »Meinem Mann und mir«, sagte die Frau. Ihre dunklen Augen wirkten traurig, als hätte ihr nichts Schlimmeres widerfahren können, als mit ihrem Mann zusammen das Shere Punjab zu besitzen. »Ich bin Mira Singh Kapur. Möchten Sie mit meinem Mann sprechen? Er ist in der Küche. Soll ich ihn holen?«
    »Ja bitte«, sagte der Commissaris, und während Mira SinghKapur zu der Durchreiche im hinteren Teil des Restaurants ging, musterte er die auf die Wände gemalten maurischen Bögen, die Hängepflanzen und die gerahmten Fotografien in den Bögen: großformatige Aufnahmen des Tadsch Mahal, des goldenen Tempels von Amritsar und der Hügel und Täler von Kaschmir. Er fragte sich, ob die Einrichtung dazu diente, Zweifel an der Qualität der Küche im Keim zu ersticken.
    In einer Ecke stand auf einer Ebenholzkommode ein Fernsehapparat, der auf Nederland 3 eingestellt war. Die Farben wirkten übersteuert,

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